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ATOM/1282: Nationales Begleitgremium will auch über Zwischenlager reden (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 744-745 / 32. Jahrgang, 4. Januar 2018 - ISSN 0931-4288

Atommüll
Nationales Begleitgremium will auch über Zwischenlager reden

von Thomas Dersee


Öko-Institut: "Noch ungeklärt ist der zukünftige Bedarf an heißen Zellen"

Das Nationale Begleitgremium hat zwei Expertisen zur Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle erstellen lassen. Eine gutachterliche Stellungnahme macht Vorschläge für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an einem Diskurs über die Zwischenlagerung dieser Abfälle. Die Verfasser Hans Hagedorn und Hartmut Gaßner empfehlen ein Beteiligungsverfahren, das sich an der vorgesehenen Bürgerbeteiligung bei der Ausahl eines Endlagerstandortes für hochradioaktive Abfälle orientiert.

Eine zweite Expertise, diese zu Sicherheitsfragen der Zwischenlagerung, wurde vom Öko-Institut erstellt und geht davon aus, daß die befristeten Genehmigungen der Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle nicht ausreichen werden, um die Zeit bis zur Betriebsbereitschaft des Eingangslagers eines Endlagers abzudecken. Die entstehende Lücke könne "einige Jahrzehnte" groß werden, heißt es in der Stellungnahme.

Eine längere Zwischenlagerung über die bislang genehmigten Zeiträume hinaus ist nach Auffassung der Gutachter des Öko-Instituts mit Herausforderungen sowohl sicherheitstechnischer als auch konzeptioneller Art verbunden. Konzeptionell sei etwa zu entscheiden, ob alle derzeitigen Standorte für Zwischenlager erhalten bleiben oder ob eine teilweise oder vollständige Zentralisierung angestrebt wird. Aus sicherheitstechnischer Sicht sei das Verhalten der Brennelemente bei einer längerfristigen Zwischenlagerung eine zentrale Frage, die noch Gegenstand von Forschungsarbeiten sei. Ein in Deutschland sicherheitstechnisch relevanter Aspekt sei auch die "Autarkisierung der Zwischenlager". Diese werde erforderlich, weil die Standortzwischenlager verschiedene Einrichtungen und Dienstleistungen der benachbarten Kernkraftwerke mit nutzen, die mit dem Rückbau der Kernkraftwerke nicht mehr verfügbar sein werden. Noch ungeklärt sei der zukünftige Bedarf an sogenannten heißen Zellen, wenn die Standortzwischenlager künftig für den Fall einer Reparatur der Primärdeckeldichtung nicht auf die Einrichtungen des zugehörigen Kernkraftwerkes zugreifen könnten.

Für die Gutachter des Öko-Instituts sind Zwischen- und Endlagerung voneinander abhängige Bestandteile des angestrebten Entsorgungsweges. Aufgabe des Nationalen Begleitgremiums sei es, "die Endlagerung als Ziel der nuklearen Entsorgung sichtbar zu halten und damit der 'gefühlten Endlagerung' an den Zwischenlagerstandorten entgegenzuwirken".

Auch die Gutachter Hans Hagedorn und Hartmut Gaßner mahnen in ihrer Expertise zur Bürgerbeteiligung eine schnelle Bearbeitung konzeptioneller Fragen der Zwischenlagerung an. Die Auswertung des Zeitrahmens zeige, daß die Erarbeitung eines Zwischenlagerkonzeptes bereits 2018 begonnen werden sollte. Nur so könne man gewährleisten, daß geeignete bauliche Voraussetzungen vorlägen, um auf auslaufende Zwischenlagergenehmigungen zu reagieren. Die beiden Gutachter empfehlen zur Erarbeitung eines Konzeptentwurfes Vertreter von Fachorganisationen, Gruppen, Standortgemeinden und Behörden zu einer "Fachkonferenz Zwischenlager" einzuladen. An Zwischenlagerstandorten, an denen Genehmigungsverfahren notwendig werden, empfehlen sie "Begleitgruppen" zu bilden. Für Schutzmaßnahmen gegen Terroranschläge, die dem Geheimschutz unterliegen, sollen die Begleitgruppen eine dem Geheimschutz verpflichtete Vertrauensperson benennen können, die die entsprechenden Unterlagen für die Gruppe nach einem Raster prüfen soll.


Hans Hagedorn, Hartmut Gaßner: Gutachterliche Stellungnahme für das Nationale Begleitgremium: Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an einem Diskurs über die Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle, 18.12.2017.
http://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gutachten-DiskursZwischenlagerung.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Stefan Alt, Beate Kallenbach-Herbert, Julia Neles, Öko-Institut e.V. Darmstadt: Gutachterliche Stellungnahme zu wichtigen sicherheitstechnischen Aspekten der Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle; im Auftrag des Umweltbundesamtes, 20.12.2017.
http://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gutachten-Sicherheitsfragen-Zwischenlagerung.pdf?__blob=publicationFile&v=2


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_18_744-745_S10-11.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Januar 2018, Seite 10 - 11
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
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Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2018

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