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FORSCHUNG/232: Artenvielfalt in Gefahr - Forscher wollen Südafrikas Pflanzenreichtum retten (idw)


Universität Hohenheim - 30.09.2015

Artenvielfalt in Gefahr: Forscher wollen Südafrikas Pflanzenreichtum retten


Klimawandel bedroht Flora der Kapregion

Universität Hohenheim untersucht Folgen auf die
Pflanzenarten in einem DFG-Projekt

Ein Werkstattbericht

Sie gilt als eine der artenreichsten Regionen dieser Erde: Die Kapregion in Südafrika. Jetzt ist diese Vielfalt in Gefahr - Klimawandel und veränderte Landnutzung bedrohen sie. "Wir müssen Maßnahmen erarbeiten, die dem entgegensteuern", erklärt Prof. Dr. Frank Schurr, Landschaftsökologe an der Universität Hohenheim. "Und dazu müssen wir wissen, wie sich die Pflanzenarten unter veränderten Bedingungen entwickeln." Das erforscht er am Beispiel der wohl bekanntesten Pflanzengruppe Südafrikas, den Proteen. In einem Forschungsprojekt will er mit seinem Team Empfehlungen zur Ausweisung neuer Schutzgebiete, zum Management von Feuern und zur nachhaltigen Nutzung dieser Pflanzen als Schnittblumen erarbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit 450.000 Euro. Damit zählt es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Die Kapregion gilt als globaler Biodiversitäts-Hotspot. Sie zeichnet sich durch extrem hohen Artenreichtum auf sehr kleiner Fläche aus. Rund zwei Drittel der Pflanzenarten in der Region kommen ausschließlich dort vor, weshalb sie sogar eines der sechs Florenreiche dieser Erde darstellt. "Der Landnutzungswandel hat die Kapregion in der Vergangenheit stark verändert", erläutert Prof. Dr. Frank Schurr, Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsökologie und Vegetationskunde. "Außerdem prognostiziert der Weltklimarat für diese Region, dass es zukünftig wesentlich trockener und heißer werden soll." Die Frage stelle sich nun, ob die Arten schnell genug wandern können: "Sind sie in der Lage, rechtzeitig Gegenden zu erreichen, in denen sie zukünftig überleben können? Welche Arten sind am stärksten gefährdet? Was kann der Mensch tun?"

Proteaceen als Modellpflanze

Diesen Fragen gehen die Wissenschaftler in dem Projekt "DynNiche" auf den Grund. Als Modellpflanze wählten sie die sogenannten Silberbaumgewächse (wissenschaftlicher Name: Proteaceae). Die sehr ästhetischen Baum- und Strauchgewächse sind ausschließlich in der Kapregion heimisch und werden dort ökonomisch als Schnittblumen genutzt. Sie eignen sich besonders gut zur Datensammlung. "Um die Vermehrung und die Sterblichkeit zu ermitteln, reicht bei Proteaceen in der Regel ein Besuch pro Fläche aus", erklärt Prof. Dr. Schurr. "Ihre Entwicklung ist eng an das Feuer gekoppelt: Sie speichern ihre Samen in Zapfen, die an den Pflanzen bleiben und sich erst nach Feuer öffnen." Wenn man Flächen aufsucht, die vor kurzem gebrannt haben, kann man daher mit nur einer Begehung die Jungpflanzen und die Pflanzen erfassen, die trotz Feuer wieder austreiben. Anhand der abgebrannten Baumskelette lässt sich feststellen, wie viele Pflanzen zuvor auf der Fläche standen.

Klimawandel und Feuerregime bereiten Probleme

Auf diese Weise haben die Forscher 26 Arten in mehr als 3.000 Populationen untersucht. Aus den Daten leiten sie Vorhersagen darüber ab, wie sich Klimawandel und Feuerregime auf die Populationsgröße und die geographische Verbreitung dieser Arten auswirken werden. "Wir können jetzt schon sagen, dass die Arten auf Klimaveränderungen sehr unterschiedlich reagieren", zieht Prof. Dr. Schurr eine erste Bilanz. "Trockenheit und verringerter Frost bereiten einigen Arten Probleme, anderen dagegen nicht." "Ein Feuer tritt derzeit im Mittel alle 10-20 Jahre auf. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Intervalle durch den Klimawandel kürzer werden dürften", meint der Wissenschaftler. "Das kann zum örtlichen Aussterben führen, wenn eine Population abbrennt, bevor sie zum ersten Mal geblüht hat."

Naturschutz-Management trägt dem Wandel Rechnung

Die Hohenheimer kooperieren nicht nur mit südafrikanischen Wissenschaftlern, sondern auch mit der dortigen Naturschutzverwaltung CapeNature. Sie will die Ergebnisse in Zukunft in das Management einfließen lassen. "Bei gefährdeten Arten wäre es zum Beispiel sinnvoll, das Sammeln von Schnittblumen einzuschränken", legt Prof. Dr. Schurr dar. "Auch das Feuermanagement kann angepasst werden, um durch kontrollierte Brände bestimmte Arten zu fördern." Damit die Arten dem veränderten Klima ausweichen können, müsse man ermitteln, wo neue Schutzgebiete und Wanderungskorridore nötig sind. "Das Tempo der Wanderung ist entscheidend: Ist es zu langsam, muss man eine Verpflanzung in Erwägung ziehen oder als Ultima Ratio auch die Archivierung in Samenbanken." Die Wissenschaftler hoffen, dass sich die Ergebnisse auf andere der 9.000 Pflanzenarten der Kapregion übertragen lassen. In einem weiteren Schritt erwarten sie Erkenntnisse für andere mediterrane Regionen und für hiesige Ökosysteme.

Hintergrund: Projekt DynNiche

Das Projekt DynNiche - mit vollem Titel "Demographic, functional and macroevolutionary determinants of range dynamics and large-scale ecological niches in South African Proteaceae" - läuft seit 01.05.2012 und soll Ende 2015 abgeschlossen sein. Kooperationspartner in Südafrika sind die Universität Stellenbosch, das South African National Biodiversity Institute in Kapstadt und die Naturschutzverwaltung CapeNature. Das Projekt wird von der DFG mit rund 450.000 Euro gefördert und zählt damit zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

In loser Folge präsentiert die Universität Hohenheim in der Reihe "Schwergewichte der Forschung" herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental-bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.

Text: Elsner / Klebs

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution234

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 30.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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