Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - Pressemitteilung vom 8. Juni 2023
Pestizide vergiften Gartenschläfer
• Pestizide in fast allen untersuchten Gartenschläfer-Totfunden nachgewiesen
• Überwiegend sogar mehrere Chemikalien - darunter DDT und Rattengift
• Pestizide führen auch zu Verhungern infolge des Insektensterbens
Der Einsatz von Pestiziden gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
den wesentlichen Ursachen für das dramatische Verschwinden des
Gartenschläfers, dem Wildtier des Jahres 2023. Der Bund für
Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die
Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für
Naturforschung haben in ihrem Projekt "Spurensuche
Gartenschläfer" nachgewiesen, dass die Tiere erheblich durch
verschiedene Insektizide und Rattengifte belastet sind.
Sven Büchner, Gartenschläfer-Experte der Justus-Liebig-Universität Gießen: "Wir haben inzwischen mehr als 100 tote Gartenschläfer untersucht und kaum einer davon war frei von Gift. Zwischen vier und 21 Substanzen wurden gleichzeitig in den Tieren nachgewiesen. Und das in zum Teil erheblichen Konzentrationen."
Der Gartenschläfer ist ein kleiner Verwandter des Siebenschläfers und war ursprünglich weit in Deutschland und Europa verbreitet. Doch allein in den letzten 30 Jahren ging die Verbreitung des Gartenschläfers europaweit um rund 50 Prozent zurück. Ein Verdacht: Pestizide könnten dabei eine Rolle spielen.
Büchner: "Im Labor kam die Bestätigung: In den Lebern der toten Gartenschläfer fanden sich zahlreiche Pestizide, die aktuell im Einsatz sind, darunter Insektizide und Fungizide." Gleichzeitig wiesen die Forscher*innen auch hohe Konzentrationen des Insektengifts DDT bzw. dessen Abbauprodukten in den Tieren nach. "Das hat uns doch erschrocken, da DDT in Deutschland bereits seit den 1970er Jahren verboten ist. Diese super-persistenten Chemikalien verbleiben in der Umwelt und gefährden über Jahrzehnte Wildtiere, Umwelt und auch die Gesundheit des Menschen." Darüber hinaus war jeder zweite Totfund zusätzlich mit Rattengift belastet, das auch für Greifvögel, Füchse, Wiesel und andere Wildtiere hochtoxisch ist.
Corinna Hölzel, Pestizidexpertin des BUND: "Wir haben damit eine dreifache Pestizid-Gefahr für Säugetiere wie den Gartenschläfer: Durch das Insektensterben ist für sie weniger Nahrung verfügbar. Mit dieser Nahrung aus Insekten nehmen sie Gift auf, das sich in ihrem Fettgewebe anlagert. Und zusätzlich droht ihnen Rattengift. Für den Schutz der Artenvielfalt brauchen wir deshalb dringend einen Kurswechsel beim Pestizideinsatz."
Der BUND fordert die Bundesregierung auf, sich jetzt mindestens für eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 sowie ein Verbot der besonders gefährlichen Pestizide stark zu machen. Das Landwirtschaftsministerium muss sich dafür national und auf EU-Ebene einsetzen, um die europäische Pestizid-Rahmenverordnung zu stärken und zu verabschieden. Gleichzeitig können Verbraucher*innen auch selbst sofort aktiv werden: Mit einem Verzicht auf Rattengift, Schneckenkorn und andere Pestizide sowie naturnahen Gärten helfen sie direkt, den Gartenschläfer zu schützen.
Das Projekt "Spurensuche Gartenschläfer" wird im Bundesprogramm
Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit
Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare
Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.
Rund um den Gartenschläfer
http://www.gartenschlaefer.de/
Bundesprogramm Biologische Vielfalt
https://www.bfn.de/thema/bundesprogramm-biologische-vielfalt
Die BUND-Pestizid-Themenseite
https://www.bund.net/umweltgifte/pestizide
Petition für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor
Pestiziden
http://www.bund.net/besser-ohne-gift
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Quelle:
BUND-Pressedienst, 08.06.2023
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Freunde der Erde Deutschland
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Email: bund(at)bund.net
Internet: www.bund.net
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 13. Juni 2023
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