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GESCHÄFTE/096: Gequält und verkauft - Mit Suchhunden gegen die Arten-Mafia (WWF)


WWF Magazin 2/2008
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature / Aktiv

Gequält und verkauft
Mit Suchhunden gegen die Arten-Mafia

Von Astrid Deilmann, WWF


Drogen, Waffen, bedrohte Arten - das sind die lukrativsten Schmuggelgeschäfte der Welt. Auf 20 Milliarden US-Dollar jährlich schätzt Interpol den illegalen Handel mit Tieren und Pflanzen. Bei der Fahndung nach heißer Ware hat der Zoll jetzt tierische Hilfe: Artenschutz-Spürhunde sollen illegales Gut erschnüffeln und Schmuggler abschrecken.

Perle und Wolf heißen die ersten beiden Artenschutz-Spürhunde Deutschlands. Die zwei Schäferhunde wurden auf Initiative des WWF und TRAFFIC, dem gemeinsamen Artenschutzprogramm mit der Weltnaturschutzunion, im Sommer 2007 in einem Pilotprojekt an der fränkischen Zollhundeschule Neuendettelsau ausgebildet. Seit September sind sie auf den Flughäfen Stuttgart und Nürnberg im Einsatz. Mit Leichtigkeit erschnüffeln sie zwischen Hunderten Gepäckstücken genau den Koffer, in dem geschützte Arten - tot oder lebendig - nach Deutschland eingeschleust werden sollen. Für das, was da so alles in Kisten, Koffern und Strandtaschen transportiert wird, fehlen selbst abgebrühten Zollfahndern oft die Worte. Griechische Landschildkröten und Elfenbein haben zur Urlaubszeit Konjunktur, Königspythons und Papageien gehen das ganze Jahr. Das Hauptzollamt des Frankfurter Flughafens stellte 2007 mehr als 100 000 Pflanzen und exakt 5599 lebende Tiere sicher. Sie alle waren qualvoll in enge Behältnisse gequetscht, um irgendwo in einen Privatzoo gesteckt oder auf dem boomenden Reptilienheimtiermarkt verscherbelt zu werden.

Wie viele Tiere insgesamt geschmuggelt werden, weiß niemand zu sagen. Denn die Arten-Mafia arbeitet professionell und fliegt auch in der Europäischen Union noch viel zu selten auf. Dabei beläuft sich bereits der legale Handel mit toten und lebendigen Wildarten jährlich auf rund 90 Milliarden Euro. Die EU und vor allem Deutschland sind außerdem ein Schlüsselmarkt auch für das illegale Geschäft mit Tieren und Pflanzen. Bei uns und unseren europäischen Nachbarn gibt es Abnehmer für illegale Einfuhren von Kaviar, Schlangenwein, Warane und selbst Affenfleisch. Gesetze, die all dies verbieten, gibt es zuhauf. Doch das Risiko, erwischt zu werden, ist trotz aller Bemühungen gemessen am möglichen Gewinn nach wie vor gering. Bei einem Passagieraufkommen von 54 Millionen Menschen und mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht am Frankfurter Flughafen im vergangenen Jahr ist es den Beamten schier unmöglich, jedes Gepäckstück genau unter die Lupe zu nehmen.

Was also tun? Aufklärung verfängt im Idealfall beim Touristen, der auf Gitarren aus Rio-Palisander oder Ketten aus Steinkorallen verzichtet, sobald ihm einleuchtet, was er der Natur antut. Für professionelle Schmugglerbanden mit internationalem Netzwerk sind belehrende Faltblätter nicht geeignet. Um sie zu stoppen, gibt es nur zwei Möglichkeiten, sagt WWF-Artenschutzleiter Volker Homes: alternative Einkommensquellen in ihren oft armen Herkunftsländern und eine hohe Aufdeckungsrate.

Die wünscht sich der Zoll auch. Doch selbst Beamte mit guter Intuition greifen nicht halb so viele Schmuggler auf wie Perle, Wolf und ihre Kollegen, beispielsweise Aiki am Wiener Flughafen Schwechat. Die Hunde haben einfach den besseren Riecher. Sie können beinahe alles erschnüffeln. Selbst Produkte, die kaum einen Eigengeruch haben, wie etwa präparierte Schlangenledertaschen oder in Glas verpackten Kaviar. Außerdem sind sie schnell: In kurzer Zeit kontrollieren sie Gepäckstücke, Postsendungen und ganze Container.

Hundetrainer Roland Bittrich von der Zollhundeschule Neuendettelsau über Perle und Wolf: "Mit spielerischen Elementen fördern wir bei den Hunden die Konzentrations- und Lernbereitschaft sowie die so genannte beutetriebliche Veranlagung. Haben sie den Geruch erkannt, auf den es ankommt, befriedigen wir den Trieb, indem wir ihnen einen Beutegegenstand zuspielen. Wir benutzen dafür eine ,Beißwurst`, ein Spielzeug aus Leder." Die Hunde, so Bittrich, mussten aber auch mit lebenden Tieren unter praxisnahen Bedingungen trainieren. "Dabei sind uns die Mitarbeiter des Tiergartens Nürnberg sehr behilflich gewesen. Natürlich ist den zur Verfügung gestellten Zootieren nichts passiert, Perle und Wolf kratzen bei Geruchsaufnahme lediglich an dem Gepäckstück, in dem das Tier versteckt ist."

Perle und Wolf schaffen alle trainierten 15 "Geruchsbilder" von Schlangen bis zu Papageien. Mit diesen beiden vierbeinigen Schnüfflern nimmt Deutschland bei der Ausbildung und dem Einsatz von Artenschutz- Spürhunden eine Vorreiterrolle ein. Nach den Flughäfen Nürnberg und Stuttgart sind inzwischen auch in Düsseldorf, Bremen, Hamburg und Rostock Kollegen von Perle und Wolf im Einsatz, in Kürze soll Frankfurt mit weiteren Hunden folgen.

Im WWF-Souvenirführer können Sie nachlesen, welche Tiere und Pflanzen man nicht kaufen darf.
Die Broschüre bekommen Sie beim WWF, Rebstöcker Str. 55, 60326 Frankfurt
oder im Internet unter www.wwf.de/souvenirfuehrer


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Schmuggelopfer: Jedes Jahr entdecken Zollbeamte an deutschen Flughäfen Tausende illegal eingeführte Tiere - auch Griechische Landschildkröten. Okapia/H.Reinhard
Perle beim Training: Artenschutz-Spürhunde lernen spielerisch das professionelle Erschnüffeln von 15 verschiedenen Geruchsmustern - von Königspython bis Leopardgecko. WWF/J.Matijevic
Gefangene Grüne Leguane: Die Qual beginnt schon vor dem Schmuggel. Wildlife/P. Oxford
[beschlagnahmte Objekte] Arco Images/I.Schulz

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Quelle:
WWF Magazin 2/2008, Seite 16-17
Herausgeber:
WWF Deutschland
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Die Zeitschrift für Mitglieder und Freunde der Umweltstiftung WWF Deutschland erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2008