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INSEKTEN/162: Ein Drittel der Schmetterlinge Europas gefährdet - Verlust an Lebensräumen (idw/UFZ)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ - 18.03.2010

Ein Drittel der Schmetterlinge Europas gefährdet

Verlust an Lebensräumen schuld am weiteren Rückgang der Arten


Genf/ Halle/Saale. Der Verlust an Lebensräumen hat ernste Auswirkungen auf Europas Schmetterlinge, Libellen und andere Insekten. Das geht aus der neuesten Ausgabe der Roten Liste hervor, die die Weltnaturschutzunion IUCN am Dienstag im Auftrag der Europäischen Union veröffentlicht hat.

Demnach sind neun Prozent der Schmetterlinge und 14 Prozent der Libellen Europas vom Aussterben bedroht. Bei rund einem Drittel (31 Prozent) der Europäischen Schmetterlingsarten gehen die Populationen zurück, reichlich die Hälfte der Arten (55 Prozent) ist stabil, lediglich vier Prozent haben steigende Populationen und für zehn Prozent liegen keine aussagekräftigen Daten vor.

Die meisten der bedrohten Schmetterlingsarten sind im Süden Europas zu Hause. Hauptursachen für den Rückgang ist der Verlust oder die mangelnde Vernetzung von Lebensräumen - oft hervorgerufen durch Änderungen in der Landnutzung und eine Intensivierung der Landwirtschaft. Als weitere Ursachen beschreiben die Wissenschaftler in ihrem Report den Klimawandel, häufigere und stärkere Brände sowie den Tourismus. "Wenn über bedrohte Arten gesprochen wird, dann ist meist die Rede von großen, markanten Tieren wie Pandabären oder Tigern. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die "kleinen" Arten mindestens genauso wichtig sind. Auch sie müssen geschützt werden", appelliert Jane Smart, Direktorin der IUCN-Gruppe zum Schutz der Biodiversität. "Schmetterlinge beispielsweise spielen eine wichtige Rolle als Bestäuber in zahlreichen Ökosystemen." Beobachtungsprogramme existieren nur in wenigen Europäischen Ländern. "Um die Entwicklungen der Populationen objektiv beurteilen zu können und die Genauigkeit der Roten Listen in Zukunft zu verbessern, müssten sie aber in allen Ländern etabliert werden", sagt Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), einer der Autoren der Studie. "Solche Monitoringprogramme würden auch helfen, den Erfolg von Schutzmaßnahmen für wichtige Indikatorengruppen unter den Insekten zu kontrollieren und zu verbessern."

Beispiele für besonders bedrohte Arten: Der Madeira-Kohlweißling (Pieris wollastoni) ist vom Aussterben bedroht und könnte bereits ausgestorben sein, da er seit mindestens 20 Jahren auf Madeira nicht mehr gesehen worden ist. Der in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien vorkommende Edelfalter Pseudochazara cingovskii gilt ebenfalls als vom Aussterben bedroht, da Tagebauarbeiten seinen Lebensraum einschränken. Ein Drittel von Europas Schmetterlingen (142 Arten) sind nirgendwo anders auf der Welt zu finden und 22 dieser endemischen Arten (15 Prozent) sind weltweit gefährdet.

Die Europäische Rote Liste, die anhand derselben Kriterien wie die weltweite Rote Liste der gefährdeten Arten der IUNC? erstellt wird, aber auf Europa beschränkt ist, bietet einen Überblick über den Erhaltungsstatus von etwa 6 000 europäischen Arten (Säugetiere, Reptilien, Amphibien, Süßwasserfische, Schmetterlinge, Libellen und bestimmte Gruppen von Käfern, Weichtieren und Gefäßpflanzen). Dabei werden Arten identifiziert, die auf regionaler Ebene vom Aussterben bedroht sind, um Erhaltungsmaßnahmen einleiten zu können. Die Europäische Rote Liste wird hauptsächlich durch die Europäische Kommission finanziert.

Die Arten werden je nach Stärke der Bedrohung in eine von acht Kategorien eingeteilt. Die Rote Liste der IUCN ist eine Zusammenstellung von Informationen über die Bedrohungen, denen die Arten ausgesetzt sind. Sie charakterisieren auch deren ökologische Bedürfnisse und deren Lebensräume sowie die Maßnahmen, die getroffen werden können, um ein Aussterben zu verlangsamen oder zu verhindern. Die EU-Kommission erarbeitet derzeit ihre Position in Bezug auf ein neues weltweites Ziel des Erhalts der Artenvielfalt, das bei der Vertragsstaaten-Konferenz des Abkommens zum Erhalt der biologischen Vielfalt im Oktober in Nagoya erörtert werden soll.

Die Vereinten Nationen haben 2010 zum Internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt erklärt. Ziel ist es, dass Thema biologische Vielfalt mit seinen vielen Facetten stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Mit seiner Expertise trägt das UFZ dazu bei, die Folgen und Ursachen des Biodiversitätsverlustes zu erforschen sowie Handlungsoptionen zu entwickeln.

Mehr dazu erfahren Sie unter: http://www.ufz.de/index.php?de=16034
und http://www.ufz.de/data/ufz_spezial_april08_20080325_WEB8411.pdf

Die Biodiversitätsforschung in Deutschland ist auf zahlreiche Institutionen wie Hochschulen, außeruniversitäre Einrichtungen und Ressortforschung bis hin zu Naturschutzverbänden und Firmen verteilt. Das Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung, ein Projekt im Rahmen von DIVERSITAS-Deutschland, möchte der Forschungscommunity deshalb eine gemeinsame institutionsunabhängige Kommunikationsstruktur und -kultur anbieten.
Mehr dazu erfahren Sie unter: http://www.biodiversity.de/

Publikation:
Chris van Swaay, Annabelle Cuttelod, Sue Collins, Dirk Maes, Miguel López Munguira, Martina Sasic, Josef Settele, Rudi Verovnik, Theo Verstrael, Martin Warren, Martin Wiemers and Irma Wynhoff (2010): European Red List of Butterflies http://cmsdata.iucn.org/downloads/european_red_list_butterflies_new.pdf

Weitere fachliche Informationen:
PD Dr. Josef Settele
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
E-Mail siehe http://www.ufz.de/index.php?de=817
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341 235 1635
E-mail: presse@ufz.de

Weiterführende Links:
Habitat loss blamed for more species decline (Pressemitteilung der IUCN vom 16. März 2010):
http://www.iucn.org/media/materials/releases/?4896/Habitat-loss-blamed-for-more-species-decline

International Year of Biodiversity 2010: http://www.cbd.int/2010/welcome/

Die Weltnaturschutzunion IUCN ist das weltweit größte Umweltnetzwerk mit mehr als 1 000 Mitgliedern (staatliche Organisationen und NGO) sowie fast 11 000 freiwilligen Wissenschaftlern und Sachverständigen in etwa 160 Ländern. Die Arbeit der IUCN wird unterstützt von 1 000 Fachkräften in 60 Einrichtungen und Hunderten von Partnern in öffentlichen und privaten Sektoren und NGO weltweit. Der Hauptsitz der IUCN ist in Gland in der Nähe von Genf (Schweiz). http://www.iucn.org/

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert. http://www.ufz.de/

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 16 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894). http://www.helmholtz.de

Weitere Informationen
finden Sie unter http://www.ufz.de/index.php?de=19465

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image111771
Ein Exemplar des Thymian-Ameisenbläulings (Maculinea arion) in der Schmetterlingssammlung des Museum für Naturgeschichte in Oxford, England. Diese Schmetterlingsart war 1979 in Großbritannien ausgestorben und wurde dort vor 25 Jahren wieder angesiedelt. Seitdem gilt diese Art als Musterbeispiel für den Schutz bedrohter Insekten.
http://idw-online.de/pages/de/image111772
Das Verbreitungsgebiet des Hochalpen-Apollofalters (Parnassius phoebus) ist auf die europäischen Alpen beschränkt. Man findet ihn in Höhen bis zu 2.800 Metern. Der Hochalpen-Apollo wird in der Roten Liste der Schmetterlinge Europas als potenziell gefährdet geführt und gilt als Hochrisiko-Art bzgl. des Klimawandels.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter: http://idw-online.de/pages/de/news360647

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/pages/de/institution173


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ, Tilo Arnhold, 18.03.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2010