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MELDUNG/139: Bund Naturschutz weist Wildkatze bei Schwabach nach (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München, 12. November 2013

BN weist Wildkatze bei Schwabach nach

Bundesweit erfolgreiches Artenschutzprojekt des BUND und BN



Im Rahmen des deutschlandweiten Projektes "Wildkatzensprung" des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gelang der Nachweis der Wildkatze im Waldgebiet Brünst bei Schwabach. Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) hat die Wildkatzeninventur in Bayern organisiert. Viele Naturschützer, Jäger und Förster haben an dieser Suche im Frühjahr 2013 mitgemacht, so auch im nördlichen Landkreis Roth und im Stadtgebiet Schwabach. "Wir freuen uns sehr darüber, dass die ehemals ausgestorbene Wildkatze wieder durch die Wälder bei Schwabach streift", so sich Almut Churavy, Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Schwabach. "Dies unterstreicht, dass insbesondere die stadtnahen Wälder unbedingt erhalten und nicht von weiteren Straßen durchschnitten werden dürfen", betont Ralf Straußberger, Waldreferent des BN, der Wildkatzenhaare an zwei Lockstöcken in der Brünst gefunden hatte. Die Wildkatze profitiert als reiner Waldbewohner von einer naturnahen Waldwirtschaft, ideale Lebensräume sind Naturwälder.

Gemeinschaftswerk von Naturschützern, Jägern, Förstern und Waldbesitzern Die bundesweite Wildkatzen-Inventur des BUND und des BN in Bayern war nur durch die große Unterstützung vieler Ehrenamtlicher möglich. Regelmäßig stapften sie auf Kontrollgängen durch den Wald und sammelten an den mit Baldrian besprühten Lockstäben Haarproben ein, die genetisch untersucht wurden. "Wir danken vom BN allen Naturschützern, Jägern, Förstern, die mitgeholfen haben, und auch den Waldbesitzern, die die Untersuchungen erlaubten", so Michael Stöhr, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Roth. In den Staatswäldern bei Wendelstein waren Eva Hartinger, Fritz Werner und Stefan Pieger und bei Schwanstetten Werner Emmer aktiv. In den Bereichen Rohr und Schwabach sammelte Ralf Straußberger sowie im Heidenberg und im Abenberger Wald Hubert Riedel vom Staatsforstbetrieb Allersberg. "Wir danken dem Bundesamt für Naturschutz und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die finanzielle Förderung des Projektes, das wir nächstes Jahr gerne fortsetzen möchten, wenn die weitere Finanzierung des Projektes gesichert ist", so Ralf Straußberger.

Eine echte Europäerin erobert sich ihren Lebensraum zurück

Die Wildkatze durchstreifte unsere Wälder schon lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen aus Afrika mitbrachten, aber kaum einer bekommt sie je zu Gesicht: die europäische Wildkatze. Deutschlandweit wurde sie durch intensive Bejagung fast ausgerottet. In Bayern galt die Wildkatze als gänzlich ausgestorben. In den 1980er Jahren startete der BUND eine Wiederein­bürgerungs-Aktion und setzte in mehreren geeigneten deutschen Wald­gebieten Wildkatzen aus. Jahrzehntelang engagierte sich der BN zusammen mit anderen Verbänden und Institutionen um die Wiedereinbürgerung der scheuen Waldbewohnerin in Bayern. Auch die Zuwanderung aus anderen deutschen Waldgebieten ist hier wieder im Gange. Heute ist die Wildkatze streng geschützt und kehrt langsam in unsere Wälder zurück. Jetzt gilt es, ihre Lebensräume zu schützen und die Gefährdung durch den Straßenverkehr zu minimieren. Auch die Ähnlichkeit mit getigerten Hauskatzen wird leider so mancher Wildkatze zum Verhängnis. Die scheue Wildkatze lebt meist als Einzelgänger in großen, zusammenhängenden, ungestörten Waldgebieten. Sie bevorzugt alte Laubwälder, ist gelegentlich aber auch in Nadelwäldern zu finden. Die Wildkatze ist meist in der Abenddämmerung und in der Nacht aktiv. Sie jagt vor allem Wühlmäuse und andere Kleinsäuger vor allem an Waldrändern, Waldinnensäumen oder offenen Flächen im Wald wie Lichtungen oder Windwurfflächen.

Etliche Erstnachweise und Wiederfunde in Bayern

So wie im Schwabacher Stadtwald gelangen etliche Erstnachweise in verschiedenen Waldgebieten Bayerns. So konnten die scheuen Tiere im Steigerwald, im Nürnberger Reichswald, in der Fränkischen Alb, in der Fränkischen Schweiz und in der Oberpfalz festgestellt werden. In den Hassbergen, im Spessart und in der Rhön wurden Funde der letzten Jahre bestätigt. In den genannten Regionen galt die bedrohte Art lange Zeit als nicht mehr vorkommend. In den Hassbergen konnten nun sogar Jungtiere beim Spielen beobachtet und gefilmt werden. Die Analysen erlauben eine Schätzung von 100 bis 150 Tieren für Bayern.

Mehr Raum und mehr naturnahe Wälder für Wildtiere

Für eine stabile Wildkatzenbevölkerung sind große naturnahe Waldflächen nötig. Nur hier finden genügend viele Katzen Platz und Nahrung. Die anhaltende Zerstörung ihrer natürlichen Lebensräume und deren Zerschneidung durch Straßen machen den Wildkatzen hierzulande das (Über)Leben schwer. Zum einen fallen sie bei ihren Wanderungen oft dem Straßenverkehr zum Opfer. Zum anderen können Krankheiten den Bestand dezimieren, wenn die Flächen und die Katzenpopulationen zu klein sind.

Der Nachweis der Wildkatze bei Schwabach verdeutlicht, dass zuallererst gilt, Wälder in ihrem Bestand zu erhalten und vor weiteren Durchschneidungen durch Straßen zu bewahren. Es unterstreicht auch die Bedeutung naturnaher Waldwirtschaft, wie sie im Schwabacher Stadtwald von Förster Thomas Knotz seit Jahren mit Erfolg praktiziert wird. Dazu gehört im öffentlichen Wald auch Teile der Wälder ihrer natürlichen Entwicklung zu überlasssen, so dass die Bäume nicht mehr genutzt, sondern richtig alt werden dürfen: für die Wildkatzen ideale Lebensräume mit vielen Uraltbäumen und Baumhöhlen und viel Totholz. "Wir freuen uns vom BN, dass die Stadt Schwabach als Waldbesitzer mit der Naturwaldzelle in der Brünst einen wichtigen Schritt zu mehr Naturwälder und Artenschutz getan hat", so Almut Churavy und Ralf Straußberger.

"Daher dürfen wir auch nicht nachlassen darin, störungsarme Wälder und unzerschnittene Räume zu erhalten und zu schaffen. Diese müssen die Wildkatzen über Korridore erreichen können", meinte Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) dazu in einer Pressemitteilung des BfN.

Dr. Ralf Straußberger, BN-Wald- und Jagdreferent

Weitere Informationen zum BUND-Projekt "Wildkatzensprung" und zum Wildkatzenschutz in Bayern finden Sie unter:
www.bund.net/wildkatzensprung bzw. unter
http://www.bund-naturschutz.de/projekte/wildkatze


Hintergrundinformationen

Die Lockstockmethode - Katzen lieben Baldrian

Katzenliebhaber wissen es: die "kleinen Tiger" werden bei Baldrian förmlich verrückt und reiben sich wie wild an der duftenden Stelle. Diese Vorliebe macht man sich zunutze: Eingekerbte, sägeraue Holzlatten werden an geeigneten Stellen in den Waldboden gesteckt und mit Baldrian-Lösung besprüht. Reiben sich Wildkatzen daran, so bleiben im günstigsten Fall einige Haare eingeklemmt im Holz stecken. Diese Haare werden sorgfältig mit Pinzetten abgesammelt und im Labor untersucht. Auf diese Weise gelang jetzt der erste genetische Nachweis der "fränkischen Tiger" bei Schwabach.

Das Projekt Wildkatzensprung

Mit dem Projekt "Wildkatzensprung" setzt der BUND die Vision eines deutschlandweiten Waldverbundes zum Schutz von in Wäldern lebenden bedrohten Tierarten weiter um. In den Jahren 2012 bis 2014 entstehen deutschlandweit fünf grüne Korridorverbindungen und eine Waldaufwertung, die Wildkatze & Co Schutz bei der Wanderung bieten und ihre Populationen sichern. Der parallele Aufbau einer deutschlandweiten Gendatenbank für die Wildkatze bis 2017 soll Aufschluss über Wanderbewegungen, Verwandtschaftsverhältnisse und den Grad der Isolierung der verschiedenen Populationen geben. Der Wildkatzen-Gesamtbestand in Deutschland wird heute auf 5.000 - 7.000 Tiere geschätzt.

Wertvolle Investition für den Artenschutz

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert das Projekt "Wildkatzensprung" im Rahmen des Bundesprogramms "Biologische Vielfalt" mit 3,8 Millionen Euro. Ergänzt durch Eigenmittel des BUND und andere Förderer stehen für die Umsetzung der Waldverbindungen und den Aufbau der Gendatenbank insgesamt 5,2 Millionen Euro zur Verfügung. In Bayern wurde die Erfassung zusätzlich vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Mitteln aus der Jagdabgabe unterstützt. Der BN dankt allen Unterstützern für die finanzielle Förderung. Organisiert wurde das BUND-Projekt in Bayern vom BN-Artenschutzreferenten Kai Frobel und dem BN - Wildkatzenprojektteam mit Ulrike Geise, Sabine Jantschke und Jürgen Thein.

Autor: Dr. Ralf Straußberger

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Quelle:
Presseinformation, 12.11.2013
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
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Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
E-Mail: info@bund-naturschutz.de
Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2013