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PFLANZEN/171: Der Langblättrige Ehrenpreis ist Blume des Jahres 2018 (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 203 - April/Mai 2018
Die Berliner Umweltzeitung

Zu Unrecht mit Ehre überhäuft?
Der Langblättrige Ehrenpreis ist Blume des Jahres 2018

von Leonhard Lenz


Die Namen der Pflanzen erzählen häufig uralte Geschichten. Der Name des Langblättrigen Ehrenpreises erzählt jedoch nicht seine eigene Geschichte, sondern die des auch als Wald-Ehrenpreis bekannten Echten Ehrenpreises. Dieser soll seinen Namen von einem fränkischen König haben, der an einer Hautkrankheit litt. Ein Jäger beobachtete im Wald einen verwundeten Hirsch, der sich auf das Kraut legte und es auch verzehrte - und innerhalb kürzester Zeit geheilt wurde. Der Jäger brachte es seinem König, der ebenfalls genas und dem Kraut aus Dankbarkeit diesen Namen gab. So heißt heute die ganze Gattung mit ihren mehreren hundert Arten Ehrenpreis.

Auch der wissenschaftliche Name Veronica verweist auf die medizinische Nutzung der Gattung. Die Anrufung der heiligen Veronika sollte bei schlechter Wundheilung helfen, die vor allem durch den Echten Ehrenpreis tatsächlich gefördert wird. Einer anderen Erzählung nach kommt der Name vom lateinischen "veraunica medicina", was auf Deutsch "die einzig wahre Medizin" bedeutet. Der Langblättrige Ehrenpreis hat zudem gerade eine Umbenennung hinter sich. Neuere molekulare Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass es sich bei mehreren Unterarten der Veronica longifolia doch um eine Art handelt, die nun als Veronica maritima bezeichnet wird.

Für alte und neue Auwälder

Die ganze Gattung des zur Familie der Wegerichgewächse gehörenden Ehrenpreises wurde bereits 2007 zur Staude des Jahres gekürt. Dieses Jahr jedoch hat die Loki-Schmidt-Stiftung den Langblättrigen Ehrenpreis allein als Blume des Jahres geehrt. Damit will sie auf den stark bedrohten Lebensraum der Staude aufmerksam machen, denn neben den zahlreichen Ziergärten lebt der Langblättrige Ehrenpreis in Flussauen, die in Deutschland durch die Begradigung und Uferbebauung von Flüssen in der Vergangenheit auf nur noch ein Drittel ihrer ursprünglichen Fläche geschrumpft sind. Die Loki-Schmidt-Stiftung setzt sich sehr für den Erhalt und die Schaffung neuer Auwälder ein, denn diese bieten nicht nur vielen seltenen Pflanzen ein Zuhause, sondern stellen durch die Aufnahme großer Mengen an Wasser einen wichtigen Hochwasserschutz dar. Doch gerade an den großen Flüssen in Deutschland gibt es fast keine Auwälder mehr.

Wie der Name vermuten lässt, hat der Langblättrige Ehrenpreis lange, dünne und fein gezackte Blätter, die am Spross oder unterhalb verzweigter Blütentrauben sitzen. Die vielen sich nacheinander öffnenden blau-lila gefärbten Blüten, die auch zu dem umgangssprachlichen Namen Langblättriger Blauweiderich führten, bieten Bienen und anderen Bestäubern über längere Zeit eine Nahrungsquelle. Bei guten Bedingungen mit einem feuchten, zeitweise überfluteten und leicht basischen Boden kann die Blume so über einen Meter hoch werden.

Zur Vermehrung ist der Langblättrige Ehrenpreis auf den Fluss, an dem er wächst, angewiesen. Die Samen werden vom Fluss mitgenommen und an anderer Stelle ans seichte Ufer gespült. Dort kann dann eine neue Pflanze heranwachsen. Dieser Standort an den flachen Flussufern hat der Art auch den Namen Strand-Ehrenpreis eingebracht.

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 203 - April/Mai 2018, Seite 6
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2018

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