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RECHT/020: Jäger wegen Greifvogelverfolgung verurteilt (Komitee gegen den Vogelmord)


Komitee gegen den Vogelmord e.V. - 23. Dezember 2008

Aachen: Jäger wegen Greifvogelverfolgung verurteilt

4000 Euro Geldstrafe - Verlust des Jagdscheins droht


Aachen. Ein Jäger aus dem Rheinland ist vom Amtsgericht Aachen am 22.12.2008 wegen Tierquälerei und Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz zu einer Geldstrafe von 4.000 Euro (entspricht 80 Tagessätzen á 50 Euro) verurteilt worden. Nach einem dreitägigem Prozessmarathon mit fast einem Dutzend Zeugen, zahlreichen Gutachten und einem Sachverständigem hatte Amtsrichter Matthias Quarch keine begründeten Zweifel mehr an der Schuld des Angeklagten, der zuvor von Mitarbeitern des Komitees gegen den Vogelmord im Kreis Düren mit einem Greifvogel-Fangkorb und einem vergifteten Bussard gefilmt wurde. Nach aufwendigen Ermittlungen der Dürener Polizei hatte die Staatsanwaltschaft Aachen Anklage wegen Tierquälerei und Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz erhoben.


82 tote Greifvögel in zwei Jahren

Das von den Medien als "Vogelmord-Prozess" bezeichnete Verfahren hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, weil in dem Revier des Verurteilten bis Mitte des Jahres 2008 mehr als 82 streng geschützte Greifvögel, darunter seltene Rotmilane und Wiesenweihen, tot gefunden wurden (Einzelheiten zu diesen Fällen finden Sie hier). In einem Großteil der Tiere wurde von Chemikern das in Deutschland verbotene Insektizid "Carbofuran" nachgewiesen. Das Urteil des Amtsgerichtes bezieht sich jedoch nur auf zwei zweifelsfrei nachweisbare Fälle aus dem Januar 2007. Bei einer ornithologischen Exkursion stießen zwei Ornithologen des Komitees auf eine mit einer lebenden Taube beköderten Fanganlage für Greifvögel und legten sich in einem nahen Feldgehölz auf die Lauer. Was sie später von dort aus beobachteten, schilderten sie auch dem Aachener Gericht, nämlich dass Jagdpächter S. zuerst eine Stelle mit vergifteten Ködern aufsuchte, danach einen toten Bussard beseitigte und anschließend die Fanganlage kontrollierte. Als die Vogelschützer den Jäger mit der Falle zur Rede stellten, erklärte dieser mehrfach (und vor laufender Kamera), dass er das Gerät zum Fang von Tauben benutze. Vor Gericht behauptete er allerdings, dass er die Falle an diesem Tag zum ersten Mal gesehen und dass er sie selber gerade zur Polizei bringen wollte, als die Vogelschützer "aus dem Gebüsch gestürmt kamen". Richter Quarch hatte jedoch erhebliche Zweifel an dieser Schilderung des Jägers und wertete dessen Verhalten als "höchst suspekt und nicht rational nachvollziehbar". Dazu hat sicher auch beigetragen, dass der Jäger vor dem Eintreffen der Polizei mit der Falle im Kofferraum davonfuhr und die Locktaube freiließ. Mit der Taube flog auch deren Ring - und damit ein wichtiger Hinweis auf den Täter - davon. In seiner Urteilsbegründung betonte der Richter, dass es sich bei dem Problem der Greifvogelverfolgung um ein "Massendelikt" und ein "bundesweites Problem" handele.


Kreis Düren prüft Entzug der Jagderlaubnis

Gegen das Urteil des Amtsgerichtes kann noch bis Montag, 29.12.2008 Berufung eingelegt werden. Unabhängig davon hat das Komitee gegen den Vogelmord am Tag nach der Urteilsverkündung mit dem Ordnungsamt des Kreises Düren Kontakt aufgenommen und sich nach dem Stand des seit Monaten schwebenden Verfahrens um den Entzug des Jagdscheins von Wilhelm S. erkundigt. Eine Amtleiterin bestätigte gegenüber dem Komitee am Tag nach dem Urteil , dass der Vorgang "heute morgen" auf ihrem Tisch gelandet und demnächst ein erstes Anhörungsverfahren geplant ist. Personen, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 60 Tagessätzen verurteilt wurden, sind in der Regel als unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes einzustufen (õ 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG), mit der Folge, dass ihnen in der Regel auch keine Jagderlaubnis mehr erteilt werden darf. Sollte dem Verurteilten der Jagdschein entzogen werden, müsste das von ihm bis 2012 gepachtete Jagdrevier bei Disternich demnächst neu verpachtet werden.


Neuer Fall aus Münster

Bei dem Verurteiltem handelt es sich übrigens nicht um den einzigen Jäger, der vom Komitee beim Hantieren mit illegalen Vogelfallen gefilmt und danach angezeigt wurde. Am 13.01.2009 muss sich vor dem Amtsgericht Münster ein weiterer Waidmann wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz verantworten. Er wurde von Komitee-Aktivisten im Mai 2008 ausführlich bei der Arbeit an einer illegalen Käfigfalle für Krähen und Greifvögel im Kreis Borken gefilmt. Auch bei diesem Fall wurden in der Nähe der Falle vergiftete Greifvögel gefunden.


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Quelle:
Pressemitteilung, 23.12.2008
Komitee gegen den Vogelmord e.V.
Geschäftsstelle Bonn
Tel.: 0228/66 55 21, Fax.: 0228/66 52 80
E-Mail: komitee@komitee.de
Internet: www.komitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2009