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RECHT/036: Todesurteil für Adler - Wo bleibt das Verbot von Bleimunition? (NABU SH)



NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 29. November 2011

Wo bleibt das Verbot von Bleimunition?

Landesjagdgesetz: Sollen noch mehr Adler sterben?

Neumünster, 29. November 2011 - Vergiftungen durch bleihaltige Jagdgeschosse sind vermutlich die häufigste Todesursache bei Seeadlern. Kürzlich hat das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) eine Verzehrwarnung für mit Bleimunition kontaminiertes Wildfleisch ausgesprochen. Deshalb sind umweltbewusste Jäger bereits vor Jahren auf bleifreie Munition umgestiegen. Doch statt auf ein 'Bleifrei für jeden Jäger!‹ hinzuarbeiten, will die schleswig-holsteinische Landesregierung die bestehenden Restriktionen weiter aufweichen. Das ist dem Änderungsentwurf des Landesjagdgesetzes zu entnehmen, der im Parlament beraten wird.

Nach dem bisherigen Landesjagdgesetz (õ 29) von 1999 darf bei der Jagd auf Wasservögel generell kein Bleischrot verwendet werden - immerhin ein kleiner Schritt zur Vermeidung unnötiger Umweltbelastung durch das hochtoxische Blei. Entsprechend dem Wunsch des Landesjagdverbandes haben die Regierungsfraktionen jedoch jetzt beschlossen, nur dann noch Bleischrote zu untersagen, wenn die Wasservogeljagd "auf und an Gewässern" stattfindet. Wenn beispielsweise Gänse auf Äckern oder Weiden geschossen werden - bei Gänsen ist dies üblich - darf statt Weicheisenschrot zukünftig wieder Bleischrot geladen werden. Dabei ist bekannt, wie viele Gänse, Enten, Schwäne und Kormorane nur angeschossen werden, um dann später irgendwo zu verenden. Nicht selten werden erlegte Vögel einfach liegen gelassen. Werden deren Kadaver von Seeadlern und anderen Greifvögeln entdeckt, nehmen sie die Schrotkugeln beim Fressen mit auf und vergiften sich. Für den Seeadler sind weit geringere Mengen Blei als in einem Schrotkorn enthalten tödlich. Oft vergiften sich Adler auch an den Resten von Wildtieren, in denen Bleipartikel von Kugelmunition enthalten sind.


Blei häufigste Todesursache

Analysen des Leibnitz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin haben ergeben, dass von über 300 untersuchten toten Seeadlern 38 % eine tödliche Bleivergiftung erlitten - die mit Abstand häufigste Todesursache, immer verursacht durch die Aufnahme von durch Munitionsblei belasteter Nahrung. Darauf wies die schleswig-holsteinische Landesregierung bereits in einer Pressemitteilung vom 31. März 2008 hin. Weil immer wieder Sicherheitsbedenken gegen die bleifreie Munition laut wurden, sollte vor einem eventuellen Verbot von Bleigeschossen eine umfangreiche Prüfung durch die Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) stattfinden. Diese ist jetzt mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass es bezüglich Sicherheit keine signifikanten Unterschiede zwischen bleifreier und bleihaltiger Munition gibt.


Keine Argumente für Blei

So spricht jetzt wirklich nichts mehr gegen ein generelles Verbot von Bleimunition - die Regierungsfraktionen stehen im Wort. Doch in ihrer Nibelungentreue zum Landesjagdverband, der sich nach wie vor mit Händen und Füßen gegen 'bleifrei‹ wehrt, agieren CDU und FDP in die gegenteilige Richtung. Und geradezu zynisch wirkt es, wenn die Aufweichung der Bleischrotverwendung sogar noch als "tierschutzgerechte Bejagung" behauptet wird (Landtagsdrucksache 17 / 1710, Begründung zur LJagdG-Änderung, S. 16). Wer sich wie der Landesjagdverband trotz aller fachlichen Erkenntnisse weiter gegen ein Bleiverbot sträubt, trägt fahrlässig zur fortgesetzten Vergiftung unserer Umwelt bei und nimmt dabei wissentlich den Tod etlicher Adler und anderer Greifvögel in Kauf!

Nach Auffassung des NABU führt kein Weg an einem generellen Verbot bleihaltiger Jagdmunition (Kugelgeschosse und Schrot) vorbei. Dafür ist die Jagdgesetzänderung zu nutzen - ohne wenn und aber!


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Quelle:
Presseinformation, 29. November 2011
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2011