Veterinärmedizinische Universität Wien - 26.06.2023
Plastik statt Stroh: Störche nutzen menschlichen Abfall zum Nestbau
Die vom Menschen verursachte Umweltverschmutzung hat erhebliche Auswirkungen und beeinflusst sogar den Nestbau von Vögeln. Das zeigt eine aktuelle europäische Studie unter Leitung des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni anhand von Störchen. Allerdings unterscheidet sich die Verwendung von menschlichen Abfällen zwischen einzelnen Storch-Populationen erheblich.
Zwei wesentliche Folgen der immer stärkeren Ausbreitung des Menschen sind die Umwandlung natürlicher Lebensräume in landwirtschaftlich genutzte Flächen und die Ausweitung bebauter Gebiete. Damit verbunden finden sich auch menschliche Abfälle so gut wie überall. Das hat schwerwiegende Auswirkungen: Insbesondere die Plastikverschmutzung wirkt sich weltweit auf die Tierwelt aus. Weggeworfenes Plastik ist allgegenwärtig und für Vögel zunehmend ein Material, das in die Neststruktur eingebaut wird - das zeigt nun ein europäisches Forschungsteam aus Spanien, Polen und Österreich anhand des Weißstorchs (Ciconia ciconia). In ihrer Studie beschreiben die Wissenschafter:innen die Art, Häufigkeit und Menge an anthropogenem Nistmaterial bei zwei Populationen des Weißstorchs in zwei geografisch weit voneinander entfernten Brutgebieten, und zwar in Polen und in Spanien.
In den insgesamt 303 Nestern der beiden Populationen stellten die Forscher:innen signifikante Unterschiede bei der Verwendung von anthropogenem Nestmaterial fest. Um den Grund dafür zu erklären, nutzten die Wissenschafter:innen Fernerkundungsdaten des menschlichen Fußabdrucks (Human Footprint Index, HFI) und den Anteil der undurchlässigen Flächen (Gebäude, Straßen, ähnliche menschgemachte Strukturen/Impervious Surface Areas, ISA). "Wir fanden heraus, dass sowohl ISA als auch HFI in der spanischen Population einen positiven Zusammenhang mit der Menge an anthropogenem Nistmaterial aufweist. Demgegenüber zeigten sich in der polnischen Population keine statistisch signifikanten Korrelationen", so Studien-Letztautor Marcin Tobólka vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni. Darüber hinaus konnten die Forscher:innen nachweisen, dass die Verwendung von anthropogenem Nestmaterial in Spanien doppelt so hoch ist wie in der polnischen Weißstorchpopulation.
Die für die spanischen und polnischen Untersuchungsorte unterschiedlichen Werte des menschlichen Fußabdrucks HFI spiegeln laut der Studie den unterschiedlich starken Druck des Menschen auf den Naturraum wider. Als Folge bewohnt die spanische Weißstorchpopulation stärker urbanisierte Gebiete. Im Gegensatz dazu bleibt die polnische Population ein Ackerlandvogel und bewohnt hauptsächlich Gebiete mit naturnahen Wiesen und Weiden.
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien:
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Die Vetmeduni beschäftigt 1.500 Mitarbeiter:innen und bildet
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Im weltweiten Shanghai-Hochschulranking 2022 belegte sie abermals
einen Platz unter den ersten Zehn im Fach "Veterinary Science".
www.vetmeduni.ac.at
Originalpublikation:
Der Artikel "The prevalence of anthropogenic nest materials
differs between two distinct populations of migratory birds in
Europe" von Zuzanna Jagiello, Lukasz Dylewski, José I. Aguirre,
Joanna T. Bialas, Andrzej Dylik, Alejandro López García, Ireneusz
Kaluga, Adam Olszewski, Joachim Siekiera und Marcin Tobólka wurde
in "Environmental Science and Pollution Research"
veröffentlicht.
https://link.springer.com/article/10.1007/s11356-023-27156-1
Weitere Informationen:
https://www.vetmeduni.ac.at/universitaet/infoservice/presseinformationen/presseinformationen-2023/plastik-statt-stroh-stoerche-nutzen-menschlichen-abfall-zum-nestbau#c155630
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien - 26.06.2023
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. Juli 2023
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