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VÖGEL/966: Was macht das frische Grün im Nest? (NABU HB)


NABU Landesverband Bremen - 23. April 2014

Vom nackten Menschen, nikotinsuchenden Spatzen und Möhren für Stare



(Bremen, den 23.04.14) Aufmerksame Vogelfreunde beobachten immer wieder vor allem Höhlenbrüter, die neben trockenem Gras, Moos und Haaren auch mit frischem Grün im Schnabel zum Nest fliegen. Die Wissenschaft ist dem Phänomen auf der Spur, sich aber nicht einig. Ist es ästhetisches Empfinden, dass die Nestbauer treibt? Zeigen sie dadurch eine besondere Fitness an? Oder sprechen schlichte hygienische Gründe für den sonderbaren Nestschmuck?

Star vor einem Nistkasten - © NABU Bremen

Star
© NABU Bremen

Parasiten als Druckmittel der Evolution

Für Meisen, Stare und Spatzen sind geeignete Bruthöhlen auch in intakter Umgebung derart rar, dass sie sie mehrfach nutzen müssen. "Das ist für alle blutsaugenden, haut- und federfressenden Gezieferarten ein reich gedeckter Tisch", erklärt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, "und Parasitendruck ist ein starker Faktor in der Evolution." Für den Menschen habe die Fähigkeit Kleidung herzustellen zum Verlust des eigenen Felles geführt. Hautparasiten können auf nackter Haut leichter entfernt werden, ein kleiner, aber entscheidender Vorteil.

Armee von Milben, Flöhen & Zecken im Nest

Auf den Vögeln lastet ein starker Druck: Eine ganze Armee von Milben, Flöhen, Zecken, Federlingen und Verwandten nutzt Nester für die Vermehrung und die fütternden Altvögel als Transportmittel. "Schwache Jungvögel können von diesen Parasiten sogar umgebracht werden, aber das ist selten", weiß Sönke Hofmann. Bevor nun Nistkästen mit Chemie desinfiziert werden, sollten Vogelfreunde auf natürliche Helfer setzen und Wildkräuter anbauen.

Wilde Möhre bei Staren beliebt
Blüte der wilden Möhre, von oben fotografiert - © NABU Bremen

Wilde Möhre
© NABU Bremen

Untersuchungen an Staren und Spatzen zeigen, dass sie gezielt frische Blätter von stark duftenden Pflanzen ins Nest einbauen. "Unser Europäischer Star ist dabei ganz wild auf Wilde Möhre", so der NABU. Dies sei ein gutes Argument für vielfältige Gärten mit heimischen Wildpflanzen. "Nistkästen und Meisenknödel zwischen Kirschlorbeer und Waschbeton reichen schlicht nicht aus."

Spatzen nutzen indische Neem-Blätter und mexikanische Zigaretten

In Indien sammelt unser Weltenbürger Spatz Blätter des Neem-Baumes, die der Mensch schon lange erfolgreich gegen Kopfläuse und Hausstaubmilben einsetzt. In Mexiko bauen Spatzen und Gimpel sogar nikotinhaltige Zigarettenkippen in ihre Nester ein und vertreiben damit wirkungsvoll Milben. "All das spricht für die These, dass Vögel gezielt Pflanzen gegen Parasiten einsetzen", so Sönke Hofmann. Andererseits fanden niederländische Wissenschaftler heraus, dass Single-Starenmännchen besonders viel Grün ins Nest schleppten, wenn ein Weibchen in der Nähe im Käfig saß. Kein Widerspruch, findet Hofmann: "Beim Menschen ist eine parasitenfreie Bude mit ein paar Blumen auch eine bessere Brautwerbung als manche Männerwirtschaft."

Spatz, am Boden sitzend - Foto: © NABU Bremen/Rolf Jürgens

Spatz
Foto: © NABU Bremen/Rolf Jürgens

Broschüre zum vogelgerechten Garten

Eine Broschüre mit Tipps zum vogelgerechten Naturgarten gibt es gegen vier Euro in Briefmarken beim NABU, Vahrer Feldweg 185, 28309 Bremen.

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Quelle:
Pressemitteilung, 23.04.2014
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland
Landesverband & Stadtverband Bremen e. V.
Vahrer Feldweg 185, 28309 Bremen
Tel. 04 21 / 45 82 83 64
E-Mail: Info@NABU-Bremen.de
Internet: www.NABU-Bremen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2014