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KOHLEALARM/136: Klimakampf und Kohlefront - die Großen läßt man laufen ... (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 24.11.2014
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Kohle gefährdet unsere Gesundheit

Offener Brief zur Stilllegung von Kohlekraftwerken



Die Ärzteorganisation IPPNW fordert die Minister Barbara Hendricks und Sigmar Gabriel in einem Offenen Brief auf, sich für eine sukzessive Stilllegung von konventionellen Großkraftwerken einzusetzen. "Als Ärztinnen und Ärzte in sozialer Verantwortung machen wir Sie auf die gesundheitsrelevanten Folgen Ihrer energiepolitischen Entscheidungen aufmerksam. Die Abkehr von den ohnehin niedrigen CO2-Einsparzielen erscheint uns angesichts der Fülle an Erkenntnissen über die globalen Folgen des Klimawandels verantwortungslos und kurzsichtig", heißt es in dem Brief.

Eine Studie der Physicians for Social Responsibility (US-Sektion der IPPNW) verdeutlicht anschaulich die gesundheitlichen Folgen der Kohlewirtschaft. Das Vermeiden unnötiger Stromproduktion und somit von gesundheitsbelastenden Luftemissionen sei die beste Gesundheitsvorsorge, so die Ärzteorganisation.

Laut Umweltbundesamt könnte man rund 30 große Kraftwerksblöcke stilllegen, wenn in Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Privathaushalten die wichtigsten "wirtschaftlichen" Stromsparpotenziale ausgeschöpft würden. Effiziente Pumpen und stromsparende Prozesswärme in der Industrie zählen nach Darstellung der Bundesbehörde zu den größten Sparpotenzialen. Für die IPPNW ist es daher nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung beim Thema Energiesparen vorwiegend die Privathaushalte in den Blick nimmt, obwohl zwei Drittel der Stromsparpotenziale und somit der Emissionsminderungspotenziale in der Wirtschaft erschlossen werden können. Durch schnell umsetzbare Modernisierungsinvestitionen könnten also 30 Großkraftwerke überflüssig gemacht und in erheblichem Maße Luftschadstoffe und CO2-Emissionen vermieden werden.

Auch eine Rückverlagerung der Stromerzeugung auf die Kommunen und die fortschreitende Nutzung Erneuerbarer Energien in Bürgerhand würde enorme volkswirtschaftliche Vorteile bringen und den Wohlstand der Kommunen, des Handwerks, der Genossenschaften sowie der Bürgerinnen und Bürger nennenswert erhöhen. Unter diesen Voraussetzungen wären die Arbeitsplatzeffekte der Erneuerbaren Energien sehr viel höher als die der konventionellen Großkraftwerks-Wirtschaft.

Die IPPNW fordert eine dezentrale Energiewirtschaft in der Hand von Bürgern, Kommunen und Kleinunternehmen. Die Konzentration der "Energiewende" auf wenige Großprojekte wie die überteuerten Offshore-Parks der Konzerne dient weder dem energiepolitischen Ziel der Versorgungssicherheit noch dem einer preiswerten Energieversorgung. "Es war unserer Überzeugung nach ein gravierender und korrekturbedürftiger Fehler, mit der jüngsten EEG-Novelle den strukturell günstigeren, gemeinwohlorientierten, dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bürgerhand auszubremsen", heißt es in dem Brief.

Den Offenen Brief an die Bundesministerin Hendricks und Bundesminister Gabriel finden Sie unter:
www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Offener_Brief_BMU_BMWi.pdf

Die PSR-Studie "Coal's Assault on Human Health" finden Sie unter:
www.psr.org/assets/pdfs/coals-assault-executive.pdf

*

Offener Brief

Barbara Hendricks
Bundesministerin für Umwelt
Robert-Schuman-Platz 3
53175 Bonn

Sigmar Gabriel
Bundesminister für Wirtschaft und Energie
Scharnhorststraße 34-37
10115 Berlin

Stilllegung von Kohlekraftwerken
 
Berlin, 24. November 2014

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Hendricks,
sehr geehrter Herr Bundesminister Gabriel,

nach Fukushima und der 13. Atomgesetz-Novelle gab es eine öffentliche Debatte, in der die Bundesregierung den Umstieg der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien proklamierte. Diese Energiewende impliziert auch eine sukzessive Stilllegung von konventionellen Großkraftwerken.

Vor diesem Hintergrund erstaunt und beunruhigt uns die aktuelle Diskussion zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium um die Stilllegung von Kohlekraftwerken.

Als Ärztinnen und Ärzte in sozialer Verantwortung machen wir Sie auf die gesundheitsrelevanten Folgen Ihrer energiepolitischen Entscheidungen aufmerksam. Die Abkehr von den ohnehin niedrigen CO2-Einsparzielen erscheint uns angesichts der Fülle an Erkenntnissen über die globalen Folgen des Klimawandels verantwortungslos und kurzsichtig. Aber auch darüber hinaus sehen wir Ihr Vorhaben mit großer Sorge. Eine Studie unserer US-Sektion, den Physicians for Social Responsibility, (Coal sault on Human Health, November 2009) verdeutlicht anschaulich die gesundheitlichen Folgen der Kohlewirtschaft. Das Vermeiden unnötiger Stromproduktion und somit von gesundheitsbelastenden Luftemissionen wäre nach unserer Überzeugung die beste Gesundheitsvorsorge.

Laut Umweltbundesamt könnte man rund 30 große Kraftwerksblöcke stilllegen, wenn in Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Privathaushalten die wichtigsten "wirtschaftlichen" Stromsparpotenziale ausgeschöpft würden. Effiziente Pumpen und stromsparende Prozesswärme in der Industrie zählen nach Darstellung der Bundesbehörde zu den größten Sparpotenzialen.

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass beim Thema Energiesparen von der Bundesregierung vorwiegend die Privathaushalte in den Blick genommen werden, obwohl zwei Drittel der Stromsparpotenziale und somit der Emissionsminderungspotenziale in der Wirtschaft erschlossen werden können (Umweltbundesamt: Stromsparen - Weniger Kosten, weniger Kraftwerke, weniger CO2, Fakten und Argumente für das Handeln auf der Verbraucherseite, August 2007).

Durch schnell umsetzbare Modernisierungsinvestitionen könnten also 30 Großkraftwerke überflüssig gemacht und in erheblichem Maße Luftschadstoffe und CO2-Emissionen vermieden werden.

Auch eine Rückverlagerung der Stromerzeugung auf die Kommunen und die fortschreitende Nutzung erneuerbarer Energien in Bürgerhand würde uns allen weitere enorme volkswirtschaftliche Vorteile bringen und den Wohlstand der Kommunen, des Handwerks, der Genossenschaften sowie der Bürgerinnen und Bürger nennenswert erhöhen. Unter diesen Voraussetzungen wären die Arbeitsplatzeffekte der Erneuerbaren Energien sehr viel höher als die der konventionellen Großkraftwerks-Wirtschaft.

Als Ärzteorganisation betonen wir, dass Arbeitslosigkeit und soziale Not die Gesundheit der Betroffenen massiv beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie auf, verantwortungsvoll einen Strukturwandel zu gestalten, an dessen Ende die Energie-und Gesamtwirtschaft mehr soziale Sicherheit bieten als bisher. Eine dezentrale Energiewirtschaft in der Hand von Bürgern, Kommunen und Kleinunternehmen würde uns diesem Ziel näher bringen.

Die Konzentration der "Energiewende" auf wenige Großprojekte wie die überteuerten Offshore-Parks der Konzerne dient weder dem energiepolitischen Ziel der Versorgungssicherheit noch dem einer preiswerten Energieversorgung. Es war unserer Überzeugung nach ein gravierender und korrekturbedürftiger Fehler, mit der jüngsten EEG-Novelle den strukturell günstigeren, gemeinwohlorientierten, dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bürgerhand auszubremsen.

Wir fordern Sie als verantwortungsbewusste Politiker auf, jenseits der tagespolitischen Rhetorik, fast vier Jahre nach Fukushima die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zum wesentlichen Maßstab Ihrer Politik zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Alex Rosen
stellvertretender IPPNW-Vorsitzender

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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. November 2014
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2014