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FORSCHUNG/864: Greifswalder Forscher beobachten Krabben auf der Weihnachtsinsel mit GPS-Satelliten (idw)


Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 15.11.2012

Greifswalder Forscher beobachten Krabben auf der Weihnachtsinsel mit GPS-Satelliten



Wissenschaftler aus Jena und Greifswald haben über längere Zeit die Wanderungen von Landkrabben auf der Weihnachtsinsel mit Hilfe von Satelliten beobachtet. Es ist das erste Mal, dass auf diese Art das Verhalten wirbelloser Tiere untersucht wurde. In dem gemeinsamen Projekt des Zoologischen Institutes und Museums der Universität Greifswald und des Max-Planck-Institutes für Chemische Ökologie Jena wurde ein GPS-basiertes Telemetrie System eingesetzt. Die Untersuchungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0049809
Die Untersuchungen wurden durch die Max Planck Gesellschaft und die Universität Greifswald unterstützt.

Im Mittelpunkt der Untersuchung stand ein an Land lebendes Krebstier, der Palmendieb Birgus latro (Anomura, Coenobitidae), der auf tropischen Inseln des Indo-Pazifiks vorkommt. Die Tiere erreichen ein Alter von wahrscheinlich weit über 60 Jahren und sind mit einem Gewicht von bis zu vier Kilogramm die größten landlebenden Gliederfüßer (Arthropoda). Auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean gibt es eine noch weitgehend ungestörte Population von mehreren Hundertausend Tieren dieser Art.

Quelle: © Krieger, Harzsch, Hansson - unveröffentlicht

Die Karte von Christmas Island zeigt in der linken Box eine Punktwolke mit allen in der Studie aufgezeichneten GPS Positionen von 56 Tieren. In der größeren Box ist der Pfad eines einzelnen Tieres herausgehoben. Stationäre Phasen und solche mit längeren Wanderungen ("migratory phase") wechseln sich ab. Ganz links ist ein Palmendieb mit aufgeklebtem GPS-Empfänger zu sehen.
Quelle: © Krieger, Harzsch, Hansson - unveröffentlicht

Zwischen 2008 und 2011 wurden 55 Tiere mit GPS Empfängern bestückt, von denen die gespeicherten Daten dann drahtlos heruntergeladen und ausgewertet werden konnten. Diese lieferten mehrere Tausend GPS-Positionen und mehr als 1.500 Aktivitäts-Tagesprofile der Krabben. Einige Krebse konnten bis zu drei Monate verfolgt werden. Die Tiere konnten sich während der gesamten Untersuchungszeit uneingeschränkt und frei in ihrem Lebensraum bewegen. Es wurde beobachtet, dass die Krebse oft längere Zeit ihrem Standort treu blieben und nur kleinere Exkursionen unternahmen. Es konnten aber auch weitere Wanderungen zwischen Küste und dem rund drei Kilometer entfernten Regenwald im Inselinneren nachgewiesen werden. Diese ausgedehnten Ausflüge stehen vermutlich im Zusammenhang mit der Vermehrung, der Aufnahme von Salzen durch das Trinken von Meerwasser und dem Nahrungserwerb.

Auf ihren Wanderungen scheinen die Tiere alt bekannten, individuellen Routen zu folgen. In Experimenten, in denen die Tiere bis zu einem Kilometer weit an andere Standorte verfrachtet wurden, zeigte sich, dass sie innerhalb von wenigen Stunden gezielt wieder an den Ausgangsort zurück wandern. Insgesamt belegen diese Untersuchungen bemerkenswerte Orientierungsleistungen dieser Tiere. Die automatisierte Beobachtung mit einem GPS-System erlaubte detaillierte neue Einblicke in das Verhalten der Landkrabben dank einer hohen zeitlichen Auflösung bei den Messungen und aufgrund des bisher unerreicht langen Beobachtungszeitraumes.

Quelle: Max Planck Institut für Chemische Ökologie - © Jakob Krieger, Universität Greifswald

Jakob Krieger mit einem Palmendieb (Birgus latro). Die riesigen Krabben können auf Bäume klettern.
Quelle: Max Planck Institut für Chemische Ökologie
© Jakob Krieger, Universität Greifswald

Die GPS Module wurden durch die EObs GmbH (digitale Telemetrie) in München in Kleinserie hergestellt. Die Geräte können so programmiert werden, dass bei einer Aufzeichnung von GPS Positionen im Abstand von einer Stunde über mehrere Monate lang Daten erhoben und gespeichert werden. Das Modul enthält außerdem ein Accelerometer, um Bewegungen in x, y, z Achse und somit die Aktivität der Tiere aufzuzeichnen. Die Daten wurden dann drahtlos, also ohne die Tiere zu stören, über einen Radiolink mit einer Reichweite von ca. 200 m durch die Beobachter etwa einmal pro Woche geladen. Die Module senden außerdem Radioimpulse aus, die es ermöglichen, die Tiere mittels Richtantennen zu lokalisieren. Ähnliche Module wurden kürzlich auch genutzt, um die Wanderungen von Zugvögeln zu registrieren. Die immer weiter fortschreitende Miniaturisierung der Elektronik und besonders der Batterien zur Energieversorgung sollte es ermöglichen, diese Methode bei immer kleineren Tierarten erfolgreich einzusetzen.

Foto: © Krieger, Harzsch, Hansson

Diplom-Biologe Jakob Krieger bei den Arbeiten mit dem Palmendieb Birgus latro auf der Weihnachtsinsel.
Foto: © Krieger, Harzsch, Hansson

Weitere Informationen
Originaltitel der Publikation: Krieger J, Grandy R, Drew MM, Erland S, Stensmyr MC, Harzsch S, Hansson BS (2012) Giant robber crabs monitored from space: GPS-based telemetric studies on Christmas Island (Indian Ocean). PLOS ONE
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0049809

Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie Jena - Department of Evolutionary Neuroethology
www.ice.mpg.de/ext/evolutionary-neuroethology.html
Zoologisches Institut und Museum der Universität Greifswald - Cytologie und Evolutionsbiologie
www.mnf.uni-greifswald.de/institute/fr-biologie/institute-und-forschung/zool-institut-museum/cytologie-und-evolutionsbiologie.html

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news507029
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution65

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt,
15.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. November 2012