NABU Landesverband Bremen - 4. April 2014
Wikingerinvasion über Autobahn
Botanische Beobachtungen im Stau
(Bremen, den 04.04.14) Die Osterreisewelle steht an, da sind Staus auf Autobahnen vorprogrammiert. Wer seine Reise so unfreiwillig unterbrechen muss, sollte die Zeit für ein paar interessante botanische Beobachtungen am Straßenrand nutzen, findet der NABU. Wer genau hinblickt, entdeckt eine heimliche Invasion aus dem Wikingerland: Das dänische Löffelkraut blüht derzeit hübsch weiß und bildet regelrechte Teppiche.
Blüte auf dem Mittelstreifen
Foto: © NABU Bremen
"Eigentlich wächst die zierliche Pflanze nur direkt an der Küste", erklärt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, "seit einigen Jahren hat sie sich entlang der Autobahnen bis nach Süddeutschland ausgebreitet." Der Grund sei umwelttechnisch ein tragischer: Die immensen Streusalzmengen haben den Boden regelrecht versalzen und halten der konkurrenzschwachen Pflanze die Nebenbuhler am Straßenrand vom Stengel.
Zwischen Stein und Asphalt...
Foto: © NABU Bremen
Für Pflanzen ist Salz im Boden ein Gift das physikalisch wirkt, so der gelernte Förster Hofmann: "Wie bei Schiffbrüchigen auf hoher See nimmt die Pflanze mit jedem Tropfen Wasser Salz auf, was die osmotischen Verhältnisse noch weiter stört. Ein Teufelskreis kommt in Gang, bei dem die Pflanzen regelrecht verdursten." Nur wenige Arten haben sich solchen Gegebenheiten angepasst. Sie bilden in der Regel die Salzwiesen an den Küsten.
Das dänische Löffelkraut sammelt das Salz in den Blättern und wirft sie nach und nach ab. Früher galten die Löffelkräuter als Heilmittel gegen Skorbut, den gefürchteten Mangel an Vitamin C. "Schon die Winkinger haben die Pflanze eingesalzen und fässerweise auf Kaperfahrten mitgenommen", weiß Hofmann zu berichten und schmunzelt: "Angesichts von Rußpartikeln, Öltropfen und Reifenabrieb sollte man die erzwungene Rast im Stau lieber nicht zum spontanen Salatpflücken nutzen."
Wenn die Pause jedoch richtig dauert, lohnt ein genauer Blick mit Lupe oder Kamera-Makro: Das Löffelkraut ist mit seinen vier kleinen, weißen Blütenblättern recht hübsch, die Blätter sind am Boden rund, höher wachsende Blätter haben die Form einer Lanzenspitze oder eines Mini-Efeublattes. Auch andere Pflanzen stehen auf dem Mittelstreifen: Profis entdecken schon die ersten Sprosse des Salzschwadens, eines spezialisierten Süßgrases oder auch die Triebe des Greiskrautes, was ab Juni dann den Mittelstreifen mit gelben Blüten schmückt.
Dem Dänischen Löffelkraut ist das egal. Es nutzt die konkurrenzlose Frühjahrszeit für eine hastige Blüte und ist schon ab Juli meist komplett verschwunden. Aber in den Ritzen und Fugen des Autobahnmittelstreifens keimen im September tausende kleiner schwarzer Samen. Die Überwinterung als nahezu ausgewachsene Pflanze ermöglicht dem Wikingerkraut die frühe Blüte - pfiffig.
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Quelle:
Pressemitteilung, 04.04.2014
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2014