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GARTEN/322: Stacheliger Besuch benötigt Nahrung und Unterschlupf im Garten (idw)


Gesellschaft für Ökologie e.V. - 08.09.2016

Stacheliger Besuch benötigt Nahrung und Unterschlupf im Garten


Wer ein Loch im Zaun sowie Hecken, Laubhaufen oder ein ungemähtes "wildes Eck" in seinem Garten gedeihen lässt, hat gute Chancen einen Igel zu treffen. Das zeigt das Citizen Science Projekt "Die Igel sind los!" der Universität für Bodenkultur Wien. Rund 200 österreichische Gartenbesitzer beobachteten die Tiere oder stellten Tunnel mit Futter auf, in denen der stachelige Besuch Spuren hinterließ. Jeder zweite Garten liegt demnach im Aktivitätsradius eines Igels. Aktuelle Ergebnisse präsentiert die Landschaftsplanerin Kristina Plenk am 8. September 2016 auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Marburg.


Ein Igel im Gras mit blühenden Gänseblümchen - Foto: © M. Kropf, Universität für Bodenkultur Wien

Igel sind häufige Besucher in unseren Gärten
Foto: © M. Kropf, Universität für Bodenkultur Wien

In Städten und Dörfern tummeln sich immer seltener nächtliche Kulturfolger mit stacheligem Haar. Den Igeln mangelt es häufig an Nahrung und Lebensraum - auch in unseren Gärten. Wie ein igelfreundlicher Garten aussieht und in welcher Umgebung die Igel bevorzugt ihre nächtlichen Streifzüge unternehmen, untersuchen Kristina Plenk und ihre Kolleginnen von der Universität für Bodenkultur Wien. Für das Projekt "Die Igel sind los! Punks in unseren Gärten" hat die Landschaftsplanerin Gartenbesitzer zur "Garteninventur" und "Volkszählung der Wildtiere" aufgerufen. Aktuelle Ergebnisse präsentiert Kristina Plenk am 8. September 2016 auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Marburg. Unter dem Motto "150 years of ecology - lessons for the future" treffen sich hier rund 500 Ökologen aus 30 Ländern.


Tunnelaufbau im Gras mit Pfotenspuren - Foto: © K. Plenk, Universität für Bodenkultur Wien

In einem speziellen Tunnel hinterlassen stachelige Gartenbesucher ihre Spuren
Foto: © K. Plenk, Universität für Bodenkultur Wien

Rund 70 Prozent der Teilnehmer wiesen einen Igel in ihrem Garten nach. Demnach liegen mehr als die Hälfte der untersuchten Gärten im Aktivitätsradius eines Igels; die Tiere legen auf Futtersuche bis zu zwei Kilometer zurück. Am häufigsten meldeten Gartenbesitzer Igelsichtungen im städtisch locker-verbauten und dörflichen Gebiet, weniger hingegen in dicht besiedelten Städten oder Einzellagen. "Stark befahrene Straßen, aber auch Bebauung und intensive Landwirtschaft zerstören geeignete Lebensräume für den Igel", erklärt die Forscherin. Im städtisch locker-verbauten und dörflichen Gebiet deckten geeignete Gärten und Grünflächen hingegen einen größeren Flächenanteil ab und seien weniger isoliert.

Die Bürgerforscher beobachten die nacht- und dämmerungsaktiven Tiere direkt oder stellen für fünf Nächte einen speziellen Igeltunnel in ihrem Garten auf. Der Igel hinterlässt seine Fußspuren auf Papier am Boden des Tunnels, nachdem er auf dem Weg zu einem Futterköder im Inneren über einen Farbstreifen trippelt. Auf der Online-Plattform igelimgarten.boku.ac.at gingen seit 2015 rund 200 Meldungen ein - auch über die Abwesenheit von Igeln. "Durch die Beteiligung der Bürger erhalten wir Daten von Grünflächen, die ansonsten unzugänglich für uns wären", sagt Stefanie Stadler, die ebenfalls im Projekt arbeitet. Die Gartenbesitzer beobachteten einzelne Igel, Igelpaare, Igelmütter mit Jungtieren und kamen aber gelegentlich auch Katzen, Mäusen oder Mardern auf die Spur.

"Eine der wichtigsten Empfehlungen für einen igelfreundlichen Garten ist die Zugänglichkeit", erklärt Kristina Plenk. "Eine Lücke in der Umzäunung kann entscheidend sein." Igel können nicht springen und überwinden Hindernisse kletternd nur bis etwa 20 Zentimeter. Umfragen unter den Gartenbesitzern zeigen, dass Igel häufiger in strukturreichen Gärten mit Gebüschen, hohem Gras oder Laubhaufen anzutreffen sind. Hier ruhen die Tiere tagsüber oder während des Winters. Für die Gartenplanung hat die Landschaftsplanerin noch einen Tipp: "Ein nur selten gemähtes, 'wildes Eck' bietet den Igeln einen idealen Platz für die Suche nach Insekten, Würmern und Schnecken." Wer einem Igel ein geeignetes Zuhause bietet, hat gute Chancen ihn regelmäßig zu sehen - denn sie bleiben einem Gebiet oft lebenslang treu.

Originalveröffentlichung:
Plenk K, Stadler S, Kelemen-Finan J, Winter S (2016): Tracking 'punks' in your backyard - citizen science on hedgehogs in gardens. In: Gesellschaft für Ökologie e.V. (Hrsg.): Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, Band 46. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie, 5.-9. Sep. 2016 in Marburg. Görich & Weiershäuser, Marburg, S. 359.



Weitere Informationen finden Sie unter
Projekt (Meldung, Bauanleitung Igeltunnel)
http://igelimgarten.boku.ac.at/
Jahrestagung (Programm, Kurztexte zu Beiträgen)
http://www.gfoe-2016.de/
Presseinformationen der GfÖ
http://gfoe.org/de/pressemitteilungen
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Forschung mit Bürgerbeteiligung: Schülerinnen platzieren einen Igeltunnel

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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1971

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Gesellschaft für Ökologie e.V., Dr. Eva Diehl, 08.09.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2016

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