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GESCHÄFTE/015: Airbus wäscht sich grün (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 157 - August/September 2010
Die Berliner Umweltzeitung

Airbus wäscht sich grün
Europäischer Flugzeughersteller wird Botschafter des internationalen Jahres der Biodiversität

Von Annkathrin Tempel


Das von den Vereinten Nationen ausgerufene internationale Jahr der biologischen Vielfalt war gerade drei Monate jung, als der Flugzeugbauer Airbus bekannt gab, die weltweite Kampagne zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten als sogenannter Botschafter zu unterstützen. Ein Airbus A 380 aus der Flotte des größten europäischen Flugzeugherstellers EADS schmückt sich ab sofort mit dem Logo des internationalen Jahres der biologischen Vielfalt und soll so auf das Problem des weltweiten Verlusts der Artenvielfalt aufmerksam machen.

Auf seinem Weg um den Globus stößt der Jumbo-Jet jedoch jede Menge klimaschädliche Gase aus, beeinträchtigt die Luftqualität und verursacht großen Lärm. Für Start und Landung der Riesenflieger müssen einige Flughäfen sogar ihre Kapazitäten erweitern. In Frankfurt am Main beispielsweise wurden an den Flughafen angrenzende Waldstücke gerodet, um eine neue Wartungswerft, die auf die Maße des A 380 zugeschnitten ist, bauen zu können.

In besonderem Widerspruch zu den Zielen der UN-Kampagne steht das Vorgehen des Flugzeugbauers in Hamburg. Dort genehmigte die Stadt den Bau einer Airbus-Werft in das durch die EU-Vogelschutzrichtlinie geschützte Süßwasserwatt Mühlenberger Loch. 170 Hektar Rückzugsraum für Löffel- und Krickenten sowie Zander, Aale und Stinte gingen verloren. Sieht so der Schutz der Artenvielfalt aus?

Zwar betont Airbus, der Zunahme des Luftverkehrs mit einer Reduktion der Schadstoffemissionen entschlossen begegnen zu wollen. Dennoch ist das Flugzeug noch immer das umweltschädlichste Fortbewegungsmittel: Die Mengen an ausgestoßenen Schadstoffen liegen um ein Vielfaches höher als bei Bahn oder Pkw. Da während des Fliegens neben dem Klimakiller Kohlendioxid auch noch Stickoxide, Wasserdampf und weitere Stoffe frei werden und auf Flughöhe eine weitaus schädlichere Wirkung entfalten als am Boden, rechnet man damit, dass der Flugverkehr einen Anteil von drei bis acht Prozent am gesamten Treibhauseffekt hat.

Laut Airbus ist der A 380 eines der effizientesten Flugzeuge, die je konzipiert worden sind. Der Treibstoffverbrauch soll bei durchschnittlich drei Litern pro Passagier und 100 Kilometer liegen, was einem Ausstoß von 75 Gramm CO2 entspricht. Doch der mögliche Effizienzgewinn kann durch den sogenannten Reboundeffekt leicht wieder zunichte gemacht werden: Wächst der Flugverkehr schneller an, als Emissionen reduziert werden können, nimmt der absolute Ausstoß an klimaschädlichen Gasen trotzdem zu. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen der Atmosphäre und der Klimawandel gehören zu den Ursachen für das Artensterben.

Doch damit nicht genug: In Zukunft will der Flugzeugbauer auch auf Biotreibstoffe setzen. Dadurch soll der Flugverkehr wachsen können, ohne dass die CO2-Emissionen ansteigen. Doch Airbus und Co. sind nicht die ersten, die auf Biomasse setzen, und spätestens seit die Nachfrage für Biokraftstoffe in den letzten Jahren weltweit gestiegen ist, sind zahlreiche Schattenseiten der Produktion sichtbar geworden. Dazu gehören die Zerstörung von Regenwald, um schnellwachsende Energiepflanzen anzubauen und die Verknappung von Anbauflächen für Nahrungsmittel. Steigende Preise für Grundnahrungsmittel aufgrund der Nachfrage nach Biokraftstoffen haben für viele Menschen in anderen Regionen der Welt verheerende Folgen.

Noch bis Ende 2010 wird der A 380 das Logo des internationalen Jahres der biologischen Vielfalt tragen und auf seinem Weg von Sydney nach Los Angeles und von Frankfurt nach Singapur über einzigartige Regenwälder, Korallenriffe und Steppenlandschaften fliegen, in denen laut dem Umweltprogramm der UN pro Tag zwischen 3 und 30 Arten lautlos von der Erde verschwinden.


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Quelle:
DER RABE RALF - 21. Jahrgang, Nr. 157, August/September 2010
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010