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INITIATIVE/460: Strom und Gas in die Hand der Kommunen (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 109/2.2011

energie
Strom und Gas in die Hand der Kommunen

Von Dirk Seifert


Bundesweit steht die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze auf der Tagesordnung. Städte wie Dresden haben diesen Schritt bereits getan, in Stuttgart wird das ebenso diskutiert wie in Bremen, Berlin oder Hamburg. Im Juni geht in Hamburg gegen die allein regierende SPD ein Volksbegehren an den Start, das sicher bundesweite Bedeutung haben wird. Immerhin ist es neben Berlin das größte Energienetz der Republik.


Hamburgs Energienetze in die öffentliche Hand - aber richtig!

Bereits im letzten Jahr hatte die Volksinitiative "Unser Hamburg Unser Netz" den Aufschlag für eine vollständige Übernahme der Strom- und Fernwärme-Netze (von Vattenfall) und des Gas-Netzes (von E.ON) gemacht. In nur sechs Wochen unterschrieben statt der erforderlichen 10.000 satte 18.000 HamburgerInnen. Damit war diese Volksinitiative die schnellste, die es je in Hamburg gegeben hat.

Nach Anhörungen im Umwelt- und Rechtsausschuss der Bürgerschaft, in denen sich die geladenen Experten mehrheitlich für das Anliegen der Volksinitiative aussprachen, stockte das Verfahren allerdings, weil die Grünen die Koalition mit der CDU in Hamburg beendeten und damit Neuwahlen erforderlich wurden. Ende Dezember lehnte die Bürgerschaft durch Nicht-Behandlung das Anliegen der Volksinitiative ab. Ende Januar meldeten die Initiatoren von ROBIN WOOD, dem BUND, der Kirche, der Verbraucherzentrale, Attac, der MoorburgtrasseStopp-Initiative und viele andere mehr das Volksbegehren für Hamburg an. (HelferInnen werden dringend gesucht! Siehe Seite 24 unten).(*)

Im Wahlkampf hatte sich die SPD darauf festgelegt, mit einem Mindestanteil von lediglich 25,1 Prozent einen "strategischen Anteil" an den Netzen zu übernehmen. Sie will mit Vattenfall und E.ON als Partner die Netze betreiben. Ausdrücklich stellt die SPD auch fest, dass dies in der Unternehmensform einer Aktiengesellschaft geschehen soll.


Mehr Demokratie und Transparenz gefordert

Die Kritik aus Reihen der Organisatoren des Volksbegehrens gegen die SPD-Linie ist klar: Mit einem Anteil von nur 25,1 Prozent würde die Stadt bestenfalls ein Veto-Recht erhalten, die reale Gestaltungsmacht bliebe bei Vattenfall und E.ON. Damit würden die Interessen der Atom- und Kohlekonzerne weiterhin die Oberhand behalten und eine Bremse für die Anpassung der Netze an die dezentralen Erneuerbaren Energien sein.

Auf der Anhörung über die Volksinitiative im Umweltausschuss der Bürgerschaft waren sich die geladenen Experten einig, dass zur Steuerung der Energienetze mindestens eine Mehrheit für die Stadt erforderlich ist. Die Position der SPD in Hamburg, die Netze auch künftig in einer Aktiengesellschaft zu betreiben, steht auch gegen die Forderung nach mehr Demokratie und Transparenz für die HamburgerInnen. Dafür ist die AG die schlechteste Unternehmensform. Vorstände einer AG sind sehr unabhängig gegenüber direkten Eingriffen durch die Aktionäre und damit kaum steuerbar. Hinzu kommt: Der sogenannte "Shareholder Value", also die maximale kurzfristige Gewinnerzielung, steht bei Aktiengesellschaften wie Vattenfall und E.ON im Vordergrund.

Immer wieder wird betont, dass der vollständige Rückkauf der Netze die Kassen der Stadt zu sehr belasten würde. Die Energiekonzerne nennen Beträge zwischen 1,5 bis 3 Mrd. Euro. Nach dem Rückkauf der Netze durch die Stadt würden die Konzerne eine wichtige Einnahmequelle und ein wichtiges strategisches Steuerungsinstrument in der Energiepolitik verlieren. Deshalb rechnen sie die Kosten hoch.


Was kostet der Klimaschutz?

Wie teuer die Netze tatsächlich sind, ist heute nicht wirklich zu sagen. Vattenfall sperrt sich, konkrete Daten und Zahlen auf den Tisch zu legen. Ein Gutachten über den Wert der Gasnetze von E.ON liegt der Umweltbehörde zwar vor, wird aber unter Verschluss gehalten. Klar ist aber: Mit den Netzen lässt sich Geld verdienen, deshalb wollen E.ON und Vattenfall sie nicht hergeben. Angesichts klarer Renditeerwartungen aus dem Netzbetrieb lässt sich laut zahlreicher Experten nicht nur im Rahmen der Anhörungen in der Bürgerschaft, sondern auch beim Verband Kommunaler Unternehmen der Kauf der Netze gut finanzieren.

Dirk Seifert, Energiereferent von ROBIN WOOD in Hamburg.

www.robinwood.de/UnserHamburg-Unser-Netz.522.0.html

(*) Anmerkung der Redaktion Schattenblick:
siehe www.robinwood.de


*


Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 109/2.2011, S. 22-23
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2011