Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - Pressemitteilung vom 18. Juli 2023
25 Jahre Aarhus-Konvention: Mitspracherecht beim Umweltschutz
NABU und BUND legen Gesetzesentwurf zur Stärkung der - auch digitalen - Öffentlichkeitsbeteiligung vor.
Umweltschutz funktioniert nicht ohne Beteiligung der Öffentlichkeit. Mit der vor 25 Jahren unterzeichneten Aarhus-Konvention haben die damals 35 Vertragsstaaten deshalb jeder Bürgerin und jedem Bürger und anerkannten Umweltorganisationen Rechte beim Natur- und Umweltschutz zugebilligt. Seitdem kontrolliert nicht nur der deutsche Staat die Einhaltung aller umweltrechtlichen Vorschriften, auch Umweltorganisationen wachen mittels Beteiligungs- und im Zweifel Klagerechten über Natur und Umwelt in Deutschland. Das am 25. Juni 1998 unterzeichnete Übereinkommen ist bislang einzigartig und unterscheidet sich durch die Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit von anderen Vereinbarungen wie beispielsweise dem Pariser Klimaschutzabkommen. Die Aarhus-Konvention schützt die Umwelt durch entsprechende Informations-, Beteiligungs-, und Klagerechte.
Dr. Michael Zschiesche, Geschäftsführer des Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU e.V.) erläutert: "Erstaunlich ist, dass durch die Öffentlichkeitsbeteiligung Umweltschutz in Deutschland viel stärker gewährleistet wird, als bislang vermutet. Das ist jedenfalls das Ergebnis unserer neuen, umfangreichen empirischen Studie für das Umweltbundesamt, die wir gemeinsam mit der Leuphana-Uni Lüneburg und dem Ökoinstitut durchgeführt haben."[1]
Während der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung im Mai 2020 mit dem Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) die Öffentlichkeitsbeteiligung zwar aufrechterhalten, aber auch die Standards der Beteiligung einschränken müssen. Nur wenige Zulassungsbehörden haben seit 2020 digitale Erörterungstermine ausprobiert, obwohl dies dem Ziel der Bundes- und aller Landesregierungen in Deutschland nach der Digitalisierung aller Verwaltungsprozesse entspräche. Das PlanSiG wird nach dem Willen der Bundesregierung nun 2023 auslaufen, allerdings ohne die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung neu konzipiert zu haben. Bislang gibt es nur in wenigen Fachgesetzen - und dort auch nur unzureichend - digitale Beteiligungsregelungen. Sie sind zudem schwer zu finden und wenig anwendungsfreundlich. Das muss sich ändern.
Derzeit beherrscht in Deutschland im Infrastrukturbereich die Beschleunigungsdebatte bei Planungs- und Genehmigungsverfahren den Diskurs - auch die Beteiligung der Bevölkerung wird hierbei zunehmend als zeitfressendes Hindernis dargestellt, das es möglichst zu minimieren gelte. Diese Herangehensweise ist für die Akzeptanz von Projekten fatal und verlängert im Zweifel noch die Dauer von Genehmigungsverfahren. Zudem schwächt ein solches Vorgehen auch den Natur-, Arten- und Klimaschutz.
Hierzu die Geschäftsführerin des BUND, Antje von Broock: "Die Politik drängt die Öffentlichkeit bei Planungsprozessen immer mehr in den Hintergrund. Aber wer Projekte erfolgreich in der Fläche umsetzen will, muss Mitsprache erlauben und die Menschen beteiligen. Deshalb müssen wir Zivilgesellschaft jetzt aufpassen und unsere Rechte sichern. Daher unser Impuls für ein Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz."
Daher schlagen NABU und BUND der Bundesregierung ein Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (ÖBG) vor, welches:
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller merkt an: "Bricht der Diskurs zwischen Regierung und Gesellschaft ab, besteht die Gefahr, dass die Akzeptanz für Projekte abnimmt. Das kann nicht das Ziel sein. Das Einbeziehen der Zivilgesellschaft ist kein Hindernis für effizientere Verfahren, im Gegenteil. Der Gesetzentwurf liefert entsprechende Instrumente, wie eine moderne Öffentlichkeitsbeteiligung sowohl digital als auch in direkt und physisch stattfinden kann."
Das ÖBG entwickelt auch die durch die Aarhus-Konvention
gewährleisteten Rechte für die Öffentlichkeit und die anerkannten
Umweltverbände - vor allem im digitalen Raum - weiter und
liefert somit - 25 Jahre nach Unterzeichnung der
Aarhus-Konvention - einen wichtigen Impuls für eine zeitgemäße
Einbeziehung der Bevölkerung und zur Steigerung der Akzeptanz.
[1] Evaluation der Öffentlichkeitsbeteiligung - Bessere Planung
und Zulassung umweltrelevanter Vorhaben durch die Beteiligung von
Bürger*innen und Umweltvereinigungen
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/evaluation-der-oeffentlichkeitsbeteiligung-bessere%C2%A0Der
Der Entwurf des Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes
http://www.nabu.de/oeffentlichkeitsbeteiligung
Die Studie der Leuphana-Uni Lüneburg, dem Unabhängigen Institut
für Umweltfragen und dem Ökoinstitut zur Evaluation der
Öffentlichkeitsbeteiligung
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/evaluation-der-oeffentlichkeitsbeteiligung-bessere
*
Quelle:
BUND-Pressedienst, 18.07.2023
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Freunde der Erde Deutschland
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Email: bund(at)bund.net
Internet: www.bund.net
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. Juli 2023
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