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MELDUNG/407: Biodiversitätskonferenz - positive Signale, düstere Zwischenbilanz (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - Montag, 19. Dezember 2016 / Naturschutz & Biodiversität

Biodiversitätskonferenz: positive Signale, düstere Zwischenbilanz


Am Samstag endete das 13. Vertragsstaatentreffen zur UN-Biodiversitätskonvention (CBD) im mexikanischen Cancún. Über 6.000 Teilnehmende aus 195 Staaten diskutierten zwei Wochen lang, wie der Verlust der biologischen Vielfalt aufgehalten werden kann.

Nach dem derzeitigen Stand der weltweiten Bemühungen um den Biodiversitätsschutz können nur 2 der 20 im strategischen Plan zum Biodiversitätsschutz vereinbarten Ziele bis 2020 überhaupt erreicht werden. Erhebliche Anstrengungen werden vonnöten sein, damit die internationale Staatengemeinschaft ihren eigenen Ansprüchen genügt.

Dennoch sahen Schweizer Umweltverbände wie Pro Natura, BirdLife Schweiz, Public Eye und WWF Schweiz "neue Impulse zur Rettung der Biodiversität", die von wichtigen Beschlüssen der Konferenz ausgingen. Beispielsweise einigte sich die Staatengemeinschaften darauf, dass der Strategische Plan zum Schutz der Biodiversität 2020 deutlich schneller und engagierter umgesetzt werden müsse. Die 20 Ziele des Plans müssen in politisch verbindliche nationale Aktionspläne zum Schutz der Biodiversität übersetzt werden. Land- und Forstwirtschaft sollen nachhaltig erfolgen und den Belangen der Biodiversität Rechnung tragen. Schädliche Subventionen müssen abgebaut, Dünger und Pestizide so wenig wie möglich benutzt, und agrarökologische Ansätze verfolgt werden. Ein umstrittener Vorstoss der EU und Brasiliens, vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung eine "Nachhaltige Intensivierung" der Landwirtschaft zu fördern, wurde bei der Konferenz erfolgreich abgewehrt, berichten die Verbände. Auch ein Plan für die Reduzierung der Plastikverschmutzung in den Weltmeeren wurde entwickelt. Darüber hinaus habe die Konferenz einen "ersten Schritt" gemacht, um Schlupflöcher im System für eine gerechte Aufteilung des Gewinns aus der Nutzung genetischer Ressourcen (Nagoya Protokoll) zu stopfen. Diejenigen, die mit genetischen Ressourcen einen Gewinn erzielen, müssten etwas an die Ursprungsländer zurückgeben. Umstritten blieb, ob dies auch für die betreffenden genetischen Informationen gilt.

Der BUND reagierte ernüchtert: "Beim Schutz unverzichtbarer Lebensräume wie Regenwälder, Korallenriffe, Flussauen oder Moore muss die Weltgemeinschaft mehr tun. Dem globalen Massensterben vieler Tier- und Pflanzenarten, insbesondere auch von Insekten, muss endlich wirksam begegnet werden", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Weiger lobte die Gründung der "Koalition der Willigen" aus europäischen und lateinamerikanischen Staaten, um den Schutz von Bestäuberinsekten wie Bienen voranzutreiben. Deutschland müsse sich international für eine Abkehr vom Pestizideinsatz einsetzen, forderte der BUND. "Erforderlich ist ein sofortiges Verbot von biodiversitätsschädigenden und insektengefährdenden Pestiziden wie Glyphosat und Neonikotinoiden", sagte Weiger. 90 Prozent der wild blühenden Pflanzenarten und 75 Prozent der Nahrungspflanzen seien auf die Bestäubungsleistung von Insekten angewiesen.

Der NABU zog eine positive Bilanz der 13. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über die Biologische Vielfalt. NABU-Präsident Olaf Tschimpke: "Die Beschlüsse sind wegweisend, vor allem für die Landwirtschaft. Die Regierungen der Welt haben sich in Cancún verpflichtet, ihre Agrarpolitik in Einklang mit Naturschutzzielen zu bringen. Damit haben Deutschland und die ganze EU jetzt eine klare Marschroute für die anstehende Reform der Agrarsubventionen nach 2020, von der sie nicht mehr abweichen dürfen."

Bei der kommenden EU-Agrarreform müsse es auch um den Abbau umweltschädlicher Subventionen gehen. Darüber hinaus müsse ein EU-Naturschutzfonds in Höhe von 15 Milliarden Euro pro Jahr den Schutz der Natura-2000-Gebiete sichern, forderte der BUND.

Eines der umstrittensten Themen auf der CBD COP 13 war die synthetische Biodiversität, also die nächste Generation von Biotechnologien, die neue Lebensformen entwickeln, auch auf genetischer Ebene. Hierzu gehören Pläne, sogenannte Gene Drives freizusetzen, also sich selbst vermehrende genetische Bausteine, die potenziell ganze Populationen verändern (oder ausrotten) könnten. Beschlossen wurde, die bisher erarbeitete Definition als Startschuss für Weiteres zu sehen. Was die Gene Drives betrifft, hat die Vertragstaatengemeinschaft alle Regierungen aufgefordert, das Vorsorgeprinzip sehr genau anzuwenden. Das kann in der Praxis allerdings trotzdem bedeuten, dass es rechtliche Schlupflöcher gibt. Da die synthetische Biodiversität prinzipiell ermöglicht, genetische Sequenzen zu nutzen und damit auch zu missbrauchen oder digital zu entwenden, soll bis zur nächsten COP 2018 eine neue technische Beratungsgruppe Klarheit schaffen. [jg]


Ausführliche Berichterstattung mit Ergebnissen, Highlights und Fotos für jeden Konferenztag: IISD
http://www.iisd.ca/biodiv/cop13/enb/about.html

ProNatura et al. Pressemitteilung
http://www.pronatura.ch/news-de/items/un-konferenz-in-mexiko-sendet-neue-impulse-zur-rettung-der-biodiversitaet

BUND-Reaktion
http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/UN-Biodiversitaetskonferenz-Anstrengungen-beim-Schutz-der-biologischen-Vielfalt-weltweit-verstaerken-5239939

NABU-Reaktion und NABU-Blog zur CBD COP13
http://www.presseportal.de/pm/6347/3515484
https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/

Closing Statement from Cicil society after the COP13
https://xa.yimg.com/kq/groups/92367248/722426540/name/Closing%20statement%20from%20civil%20society%20after%20the%20COP13.docx

Ergebnisse zur synthetischen Biodiversität
http://klima-der-gerechtigkeit.de/2016/12/18/synthetische-biologie-biodiversitaetskonvention-cbd-was-wurde-bei-der-cop-13-in-cancun-entschieden/

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Quelle:
EU-News, 19.12.2016
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2016

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