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POLITIK/1041: BUND/NABU-Kandidatenbefragungen und Auswertungen der Programme zur Landtagswahl (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg - 7. Februar 2011

Landtagswahl: Wie es die Parteien mit dem Umwelt- und Naturschutz halten

BUND und NABU präsentieren ihre Kandidatenbefragungen und Auswertungen der Wahlprogramme


Stuttgart. Massenproteste gegen Stuttgart 21, Atomenergie und Gentechnik bestimmen den gesellschaftspolitischen Rahmen der Landtagswahl am 27. März 2011. Aktuelle Umfragen zeigen: Umweltpolitik und Energie sind von großer politischer Bedeutung. Die Haltung der Kandidaten und Parteien zu zentralen Fragen des Umwelt- und Naturschutzes und der Energiepolitik werden die Entscheidung vieler Wähler bei dieser Wahl besonders beeinflussen. Auf ihrer heutigen Pressekonferenz haben die Landesvorsitzenden des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Dr. Brigitte Dahlbender, und der Landesvorsitzende des NABU Baden-Württemberg, Dr. Andre Baumann, ihre Auswertungen der Kandidaten- und Parteienbefragung sowie der Wahlprogramme vorgestellt. Der NABU-Landesverband befragte die fünf Parteien CDU, FDP, SPD, Grüne und Linke, und zahlreiche NABU-Gruppen haben mit regionalisierten Briefen ihre Kandidaten angeschrieben. Der BUND hat die 349 Kandidaten der 70 Wahlkreise angeschrieben, 157 Antworten liegen bis jetzt vor (SPD: 30, Grüne: 58, FDP: 14, Linke: 49, CDU: 6 - die CDU äußert sich erst von Februar an programmatisch). Ihr Fazit: Augenscheinlich sprechen sich alle Parteien - auch CDU und FDP - für eine Stärkung des Umwelt- und Naturschutzes aus. Doch die Absichtserklärungen allein reichen nicht aus. "Ein effektiver Umwelt- und Naturschutz lebt von ehrgeizigen Zielen und konkreten Programmen. CDU und FDP sind hier meilenweit von einer nachhaltigen Politik, einem engagierten Klimaschutz und einer umweltfreundlichen Wirtschaftspolitik entfernt", sagten die beiden Landesvorsitzende n. Die Grünen machen zur Energiepolitik, dem Klimaschutz und der Mobilität erfreulich konkrete Aussagen. Die SPD verfolge in diesen Bereichen vergleichbare Ziele wie die Grünen, bleibe jedoch unkonkret, wenn es um die Umsetzung geht. Die Linke setze im Bereich Energieversorgung und Mobilität detaillierte, nachhaltige Ziele, äußere sich jedoch nur teilweise zur Realisierung dieser Ziele.

BUND und NABU setzen sich ein für eine Energiewende, die dem Klimaschutz ebenso gerecht wird wie der Versorgungssicherheit. Von einer künftigen Landesregierung erwarten sie, dass sie sich für den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft und eine ergebnisoffene Endlagersuche einsetzt - auch in Baden-Württemberg. CDU und FDP setzen sich weiterhin massiv für Atomenergie ein. Während sich die CDU einer ergebnisoffene Endlagersuche widersetzt, zeigt sich die FDP in diesem Punkt erstaunlich offen: neun ihrer Kandidaten sprechen sich für eine Endlagersuche auch in Baden-Württemberg aus.

BUND und NABU setzen sich für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Baden-Württemberg ein. Sie fordern: Keinen Anbau und keine Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen auf Flächen oder durch Institutionen des Landes, Gentechnikfreiheit auch beim Futter. Der Frage, ob sie sich für ein gentechnikfreies Baden-Württemberg einsetzen, versuchen die CDU-Kandidaten auszuweichen: In Baden-Württemberg sei dies möglich, doch das Land dürfte den Anschluss auf dem Weltmarkt nicht verlieren. Bei der FDP ordneten sich viele Kandidaten als "unentschieden" ein, nur ein Politiker bekannte sich zum Verzicht auf Gentechnik. Beide Parteien halten an der bisherigen Landwirtschaftspolitik fest und sehen keinen Bedarf für einen Kurswechsel. "Mit der Gießkanne sollen weiterhin viele Millionen Landwirtschaftsförderungen verteilt werden. Im Schwarzwald geht das Höfesterben dann weiter und im Kraichgau oder Rheingraben wird industriell gewirtschaftet. Das muss ein Ende haben", sagte Baumann. NABU und BUND möchten, dass Landwirte umso höher gefördert werden, je mehr sie Natur, Klima und Landschaft schützen: "Leistungs- statt Gießkannenprinzip ist unsere Devise." SPD, Linke und Grüne setzten sich gemeinsam mit den Umweltverbänden für eine moderne Landwirtschaft ein. "Wir möchten, dass Landwirte weiterhin hoch gefördert werden, aber nicht länger nach dem Gießkannenprinzip. Die Agrarmilliarden können und müssen an Leistungen für den Klimaschutz, den Gewässerschutz und den Schutz einer attraktiven und vielfältigen Heimat von Tieren, Pflanzen und Menschen geknüpft werden", forderten Dahlbender und Baumann.

Der Schutz der Biologischen Vielfalt ist eine Pflichtaufgabe. Die EU-Staaten und auch das Land Baden-Württemberg haben sich verpflichtet, bis Ende 2010 den Verlust der Biologischen Vielfalt aufzuhalten. "Die Latte wurde gerissen, das Artensterben nicht aufgehalten. Nun möchte die Landesregierung einen neuen Anlauf nehmen", sagte Baumann. Der Entwurf der Naturschutzstrategie des Landes sieht vor, dass bis Ende 2015 der Verlust der Biologischen Vielfalt aufgehalten wird - also fünf Jahre nach dem ursprünglichen Plan. Der Absichtserklärung müssen Maßnahmen folgen, fordern NABU und BUND. "Sonst wird die Latte wieder gerissen." Doch im CDU-Programm gibt es keine Aussage über die notwendige Erhöhung der Finanzmittel zum Naturschutz, obwohl die von Peter Hauk angeschobene Naturschutzstrategie gezeigt habe: Die Naturschutzgelder müssen drastisch erhöht werden. "Umweltministerin Tanja Gönner hat uns eine Erhöhung von mindestens 50 bis 75 Prozent vorgestellt. Ohne dieses Geld wird nur der Bestand der Papiertiger weiter gefördert", sagte Baumann. Die Verbände kritisierten auch die Haltung der FDP zum Naturschutz: "Bei einer FDP-Alleinregierung würde weder ein neues Biosphärengebiet noch ein Nationalpark eingerichtet werden", sagte Baumann. "Alle anderen Parteien stehen einem weiteren Großschutzgebiet aufgeschlossen gegenüber. Das ist immerhin ein Fortschritt."

Für eine nachhaltige Mobilitätspolitik fordern BUND und NABU integrierte Verkehrskonzepte statt isolierter Straßenbauprojekte auf regionaler Ebene. "Das Wahlprogramm der CDU im Bereich Mobilität ist uninspiriert - die Partei hat keine Zukunftsvision", kommentierte Dahlbender. "Die Aussagen zum Schienenverkehr reduzierten sich auf die Botschaft: Ohne Auto läuft nichts. Die CDU scheint nicht zu wissen, wie sie ein modernes Land nachhaltig in die Zukunft führen will." Die FDP argumentiert aus Sicht des BUND und NABU in den Bereichen Energie und Verkehr zwar differenzierte als die CDU, legt bei der Mobilität aber auch den Schwerpunkt auf den Straßenbau. Dahlbender: "Die FDP hat in unseren Augen das Thema nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität gründlich missverstanden." Die Grünen wollen die "Stadt der kurzen Wege" verwirklichen - und erläutern auch, wie sie sich realisieren lässt: Mit vernetzter Mobilität, so dass man alle Verkehrsträger mit nur einem Ticket nutzen und von nahtlosen Umsteigemöglichkeiten profitieren kann. Auch die SPD spricht sich für Straßenbaumaßnahmen aus. Die Schienenpolitik bleibt in ihrem Programm blass und unterscheidet sich - inklusive dem Bekenntnis zu S 21 - nicht von den Vorhaben von CDU und FDP. Dahlbender: "Klare Aussagen zu einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Mobilität fehlen." Die Linke hat klare Vorstellungen von den Veränderungen, die sie in der Mobilität erreichen will. Wie sie diese Ziele realisiert will, bleibt jedoch offen. SPD (bis auf S 21), Linke und Grüne machen in ihren Wahlprogrammen positive Aussagen zur Umsetzung der Forderungen von NABU und BUND.

Baumann und Dahlbender betonen: "Wir geben als überparteilich arbeitende Umweltverbände keine Wahlempfehlung. Wir bitten jedoch die Wählerinnen und Wähler, am 27. März umweltfreundlich zu wählen."


Weitere Infos:

Die umwelt- und naturschutzpolitischen Forderungen des BUND und NABU sowie die Positionen der Parteien zu diesen Forderungen finden Sie im Internet unter www.bund-bawue.de/pm/3725 und unter www.NABU- BW.de/themen/landtagswahl

Den Kandidatencheck des BUND findet Sie im Internet unter www.umweltfreundlich-waehlen.de


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Quelle:
Presseinformation, 7. Februar 2011
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
Landesverband Baden-Württemberg
70178 Stuttgart. Paulinenstraße 47
Tel.: 07 11/62 03 06-0, Fax: 07 11/62 03 06-77
E-Mail: presse.bawue@bund.net
Internet: www.bund.net/bawue


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2011