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VERBAND/472: Nach Fukushima - Chance zum Wandel. Friends of the Earth Japan (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 3/2011
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

INTERNATIONAL
Nach Fukushima
Chance zum Wandel


Das atomare Schreckensszenario in Fukushima hat auch in Japan zu einem Meinungswandel geführt. Akiko Yoshida, die Energie-Campaignerin unseres Partners Friends of the Earth Japan, war zu Besuch in Berlin. Almut Gaude, Pressereferentin des BUND, sprach mit ihr.

Akiko, wie hast Du persönlich die Atomkatastrophe in Fukushima erlebt?

Die ersten Nachrichten meldeten nur ein schweres Erdbeben, das übrigens auch in Tokio für Stromausfälle und Chaos sorgte. Erst später erfuhr ich über die Medien, dass es einen Tsunami gegeben hatte und Atomkraftwerke betroffen waren. Ich war schockiert. Wir haben oft darüber gesprochen, dass eine Energiewende in Japan wohl leider erst möglich wird, wenn etwas wirklich Schlimmes passiert. Wir wussten, dass unsere Atomkraftwerke durch die ständigen Erdbeben besonders gefährdet sind. Aber einen GAU hat hier niemand für möglich gehalten, auch wir nicht.

Warum hat FoE Japan nicht schon vor Fukushima gegen die Atomkraft gekämpft?

Wir waren schon immer gegen Atomkraft. Nur schien uns das Thema einfach zu groß, die Lobby der Befürworter zu stark. 70 Prozent der Japaner waren vor Fukushima für die Atomenergie. Heute ist immerhin über die Hälfte dagegen. Der öffentliche Meinungswandel ist eine Chance, die wir jetzt nutzen müssen.

Was plant Ihr?

Zuallererst wollen wir die Betroffenen und den Wiederaufbau konkret unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Menschen aus den hoch verstrahlten Regionen endlich evakuiert werden und ihre Heimat nach Möglichkeit dekontaminiert wird. Der Grenzwert von 20 Millisievert pro Jahr für Schulkinder muss gesenkt werden, er ist viel zu hoch und gesundheitsschädlich.

Außerdem werben wir dafür, dass Japan nicht länger auf Atomkraft und fossile Energieträger setzt, sondern auf Energiesparen und erneuerbare Energie.

Wie wollt Ihr das erreichen?

Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Wandel und haben deshalb mit rund 60 Organisationen ein neues Netzwerk gegründet: »e-Shift« vereint Umweltverbände und Anti-AKW-Veteranen mit Konsumentengruppen und vielen jungen Leuten. Und speziell die jungen Leute wollen wir von der Energiewende überzeugen und sie auf die Straße bringen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Schon im April haben in Tokio 15.000 Menschen gegen die Atomkraft demonstriert -so etwas hat es zuvor nie gegeben.

Wirkt der deutsche Atomausstieg auch auf Japan?

Bei uns wurde viel über die Proteste und den Politikwechsel in Deutschland berichtet. Die Demos haben der Anti-AKW-Bewegung in Japan definitiv Mut gegeben und uns geholfen, viele Menschen zu mobilisieren. Bei einer unserer Demos konnten wir sogar Transparente des BUND zeigen!

Glauben die Japaner daran, dass ihre AKW ersetzt werden können?

Noch nicht wirklich, das ist das Problem. Viele bezweifeln, dass dies nur mit erneuerbarer Energie und Energiesparen möglich ist. Die Propaganda der Energiekonzerne ist stark. Seit Jahren trichtern sie uns immer wieder ein: Wir brauchen die Atomkraft, sie ist gut, sauber, effizient und billig und deshalb ganz unverzichtbar. Sogar Schulkinder werden dieser Propaganda schon ausgesetzt.

Aber jetzt haben wir die Chance, alles zu ändern. Wir müssen die Menschen und unsere Politiker überzeugen, dass es Alternativen gibt und die Energiewende unvermeidlich ist.


FoE Japan hat 15 Mitarbeiter und 500 Mitglieder und gehört damit in Japan schon zu den größeren Umweltorganisationen. Arbeitsschwerpunkte sind der internationale Waldschutz, Umweltgerechtigkeit, Abfallvermeidung und Klimaschutz. Seit der Kernschmelze in Fukushima zählt auch der Widerstand gegen die Atomkraft zur Agenda.

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Demo in Tokio Mika, ehemalige Praktikantin der BUND-Ökostation in Freiburg, führte diese Fahnen mit.


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Quelle:
BUNDmagazin 3/2011, Seite 38
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
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Internet: www.bund.net

Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2011