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VERKEHR/820: Berlin - BUND, Anwohner und Bezirk klagen gemeinsam gegen A 100 (BUND BE)


BUND Landesverband Berlin e.V. - Pressemitteilung - Berlin, 24. Februar 2011

Gemeinsame Presseerklärung von BISS und BUND

Klage gegen A100 wird eingereicht: BUND, Anwohner und Bezirk klagen gemeinsam gegen A 100


Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) wird bis zum 28. Februar 2011 zusammen mit Anwohnern sowie dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Klage gegen den Weiterbau der A 100 beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einreichen. Die Klage richtet sich konkret gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Neubau der A 100 zwischen Autobahndreieck Neukölln und Anschlussstelle Am Treptower Park der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 29. Dezember 2010. Da der Planfeststellungsbeschluss zudem sofort vollziehbar ist und mit dem Bau ungeachtet der Klage begonnen werden könnte, werden einige ausgewählte Klägerinnen und Kläger zudem ein Eilverfahren gegen den Sofortvollzug führen.

Tilmann Heuser, BUND-Landesgeschäftsführer: "Die politische Entscheidung über den Weiterbau der A 100 soll nach dem Willen der rot- roten Koalition erst nach den Wahlen gefällt werden. Es ist daher sehr bedauerlich, dass uns Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer jetzt in ein teures und wahrscheinlich unnötiges Klageverfahren zwingt. Das Geld und die Arbeitskraft dafür könnte ebenso wie die 420 Millionen Euro für den Weiterbau der Stadt zerstörenden Autobahn in sinnvollere Projekte in Berlin investiert werden. Angesichts des breiten Klagebündnisses und unserer guten Argumente sind wir aber zuversichtlich, diese Fehlinvestition nicht nur politisch, sondern auch vor Gericht zu verhindern."

Dr. Birte Rodenberg, Vertreterin der Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS): "Die A100 ist stadtökologisch und städtebaulich unverträglich sowie verkehrlich unsinnig, weil sie wichtige Grünbereiche zurückdrängt, gewachsene Kieze zerschneidet und mehr Verkehr bis in dicht bewohnte Viertel hineinträgt. Allein von Neukölln bis zur Anschlussstelle Am Treptower Park werden rund 2.000 Anwohner und Kleingärtner direkt von dem hohen Zuwachs an Lärm und Luftverschmutzung erheblich betroffen sein. Der Planfeststellungsbeschluss ist eine Verhöhnung der 2.500 Menschen, die von dem Recht der Einwendung Gebrauch gemacht haben. Mit einem einzigen Satz auf den insgesamt 270 Seiten werden die Einwendungen ohne weiter gehende Begründung zurück gewiesen. Offenbar sind die Bekundungen des Senats, Bürger mehr zu beteiligen und die Verwaltung transparenter zu machen, nur Lippenbekenntnisse im Vorwahlkampf gewesen."

Mit der Klage richtet sich ein breites Bündnis aus Bezirk, dem Umweltverband BUND, Wohnungs-, Haus- und Grundstückseigentümern sowie lärm- und abgasbetroffenen Bürgerinnen und Bürgern gegen den Autobahnbau. Die Kläger stützen ihre Klage darauf, dass es keine Rechtfertigung für den 420 Millionen Euro teuren Autobahnbau gibt und es bessere Investitions-alternativen gibt. Die Inanspruchnahme zahlreicher Grundstücke, der Abriss von Wohnhäusern und Gewerbebetrieben für den Bau der Autobahn sei daher nicht erforderlich. Die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geplanten verkehrlichen Auswirkungen und die daraus resultierenden Lärm- und Luftschadstoffbelastungen würden die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschreiten und dürften daher nicht zugelassen werden.

Martin Schlegel, BUND-Fachreferent für Verkehrspolitik: "Die höchsten zukünftigen Feinstaubbelastungen werden nach dem Bau der Autobahn in der Elsenstraße vor den Seniorenwohnungen erwartet, in denen auch zwei Klägerinnen wohnen. Auf diesen Straßenabschnitt entfällt die höchste Verkehrszunahme; fast eine Verdoppelung! Diese Überschreitungen sind nicht in den Griff zu bekommen, vor allem weil am Ende des Autobahnabschnittes ein LKW-Fahrverbot nicht umsetzbar ist. Denn dadurch würde die gesamte Autobahn in Frage gestellt."

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg wird sich im Rahmen seines Satzungsrechts für Bebauungspläne an der Klage gegen das Land Berlin beteiligen. Der Weiterbau der A 100 wird in vielen Wohngebieten des Bezirks nachweisbar erhebliche zusätzliche Verkehrs- und Lärmbelastungen verursachen, insbesondere auch durch die absehbaren Staubereiche um die Elsenbrücke. Damit würde sich die Wohn- und Lebensqualität vieler Bürger in Kreuzberg und Friedrichshain drastisch verschlechtern. Die wird auch durch ein neues vom Bezirk in Auftrag gegebenes Verkehrsgutachten bestätigt.

Bezirksbürgermeister Dr. Franz Schulz: "Der Weiterbau der A 100 ist verkehrspolitischer Unsinn, fördert falsche Mobilität und schadet dem Bezirk und seinen Bürgern. Richtig wäre es, Geld und Anstrengungen in die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs und in den Ausbau des Fahrradverkehrs zu stecken".

Der verfahrensführende Rechtsanwalt Karsten Sommer ist davon überzeugt, dass die Kläger Erfolg haben werden: "Nach jahrelangem Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wird das Bundesverwaltungsgericht diesem Projekt eine klare Absage erteilen. Wir erwarten schon in wenigen Wochen einen ersten Sieg im Eilverfahren. Da über den Bau der Autobahn erst nach den Wahlen entschieden werden soll, hätte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von sich aus die sogenannte sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aussetzen müssen."


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Quelle:
Presseinformation Info 10, 24.02.2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2011