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VERKEHR/824: BUND fordert Kurswechsel beim Fernstraßenneubau in NRW (BUND NRW)


BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. - 10. März 2011

BUND fordert Kurswechsel beim Fernstraßenneubau in NRW

Umweltverband legt Streichliste für Autobahnen und Fernstraßen in Nordrhein-Westfalen sowie alternatives Straßeninvestitionsprogramm vor /Einsparungen von 2,2 Milliarden Euro möglich


Düsseldorf, 10.03.2011 - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat heute in Düsseldorf ein "Konzept für effiziente und umweltgerechte Fernstraßeninvestitionen in Nordrhein-Westfalen 2011-2015" vorgestellt. Das Konzept setzt die Prioritäten auf die Sicherung des Substanzerhalts, die zügige Beendigung begonnener Projekte und Lösungen im Bestand anstelle des Straßenneubaus. Eine Streichliste führt 37 besonders umweltkritische Autobahn- und Fernstraßenprojekte mit einem Finanzvolumen von 2,2 Mrd. Euro auf.

"Schlecht geplante Verkehrsprojekte erzwingen einen Paradigmenwechsel bei den Verkehrsinvestitionen. Das sollte eine Lehre aus "Stuttgart 21" sein", sagte Paul Kröfges Landesvorsitzender des BUND. "Im Rahmen der jetzt anstehenden Entscheidung über den Investitionsrahmenplan 2011-2015 für die Bundesfernstraßen fordern wir einen Kurswechsel bei den Fernstraßeninvestitionen, weg von teuren Neubauprojekten hin zu Investitionen für die Erhaltung der Substanz des vorhandenen Netzes und zu umweltverträglichen, kostengünstigen und umsetzbaren Lösungen. Umweltschädliche und sinnlose Fernstraßenprojekte wie die Eifelautobahn A1 oder die A 46 von Hemer nach Neheim/Hüsten müssen gestrichen werden."

Die verfügbaren Investitionsmittel, die NRW aus dem Bundeshaushalt zustünden, reichen nach BUND-Einschätzung nur für die Sicherung des Straßenerhalts und die Ausfinanzierung begonnener Projekte aus. NRW bekäme bisher jedes Jahr aus dem Bundeshaushalt 665 Millionen Euro für Fernstraßeninvestitionen. Für den Erhalt der Substanz der 7.000 Kilometer Bundesstraßen und Bundesautobahnen sowie der 6.200 Brückenbauwerke der Fernstraßen in Nordrhein-Westfalen müssten nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums 480 Millionen Euro pro Jahr, also fast drei Viertel der gesamten Mittel ausgegeben werden. Wolle man die zurzeit im Bau befindlichen NRW-Fernstraßen in fünf Jahren beenden, bräuchte man jährlich 260 Millionen Euro. Schon für diese beiden Aufgaben reichten die Bundesmittel nicht aus.

"Straßenneubau in NRW muss als beendet angesehen werden", so der BUND-Landeschef Kröfges. Künftig könne es nur noch um die Optimierung und das bessere Management des bestehenden Netzes gehen. Seit 2001 seien in NRW 40 Fernstraßenprojekte faktisch realisiert worden. Kröfges forderte die Landesregierung auf, nicht weiter an "über 150 'Bedarfs-'Projekten mit Kosten von 6,65 Mrd. Euro festzuhalten, bei denen noch gar nicht mit dem Bau begonnen habe, während man erst für sage und schreibe fünf Teilstrecken überhaupt Planfeststellungsbeschlüsse hat." Die Landesregierung solle deshalb die Planungen und die damit verbundene Steuergeldverschwendung stoppen. Derzeit geschehe aber genau das Gegenteil: So würden unsinnige Projekte wie die A33 (Borgholzhausen - Halle/Steinhagen) für über 110 Mio. Euro oder die A1 (Blankenheim - Lommersdorf) für über 80 Mio. Euro vorangetrieben, die Planfeststellung für die A 445 Hamm/Rhynern - Werl werde begonnen, obwohl zur Sanierung von Straßen und Brücken das Geld fehle.

"Es ist zu begrüßen, dass die NRW- Landesregierung sich zur Erhöhung der Mittel zum Straßen- und Brückenerhalt bekennt", so Dr. Werner Reh, Referent für Verkehrspolitik des BUND Bundesverbandes. "Damit erfüllt sie nach Wort und Geist auch den Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung, wo ausdrücklich 'Straßenerhalt vor Neubau (Beendigung Substanzverlust)' gefordert wird." Man brauche endlich eine rationale Planung und klare Prioritäten. Dazu fehle auf Bundesebene der Mut. Mit Blick auf den nächsten Bundesverkehrswegeplan 2015 fordert der BUND eine grundlegende Neuorientierung der Straßeninvestitionen in NRW vorzubereiten. Große Neubauprojekte könnten durch kostengünstigere, umwelt- und stadtverträgliche regionale Netzlösungen ersetzt werden, die viel zu vielen Ortsumfahrungen müssten umgeplant werden: "Generell müssen Ortsdurchfahrten dort stadtverträglich umgebaut werden, wo der Bau einer Ortsumfahrung keine ausreichende Entlastungswirkung im Ortskern erreicht" so der Verkehrsexperte Reh. Durch die Verwendung von Fernstraßenmitteln für Investitionen in das nachgeordnete Straßennetz (so genanntes éWittstocker Modellæ) könnten zudem innerörtliche Entlastungen anstelle von Ortsumfahren geschaffen werden. Die Landesregierung solle bei Verkehrsminister Ramsauer ein Anreizprogramm gemäß Paragraf 5a des Bundesfernstraßengesetzes für solche Lösungen im Bestand einfordern.

Dieter Donner, Vorstand der Regionalgruppe Düsseldorf kritisierte das Festhalten der Straßenbauverwaltungen an Neubaustrecken. "Es sei geradezu anachronistisch, dass immer wieder totgeglaubte Projekte wie die A 44 mit dem Ruhralleetunnel diskutiert werden und das bei immer weiter ausufernden Kosten. Das ist sinnlose Steuergeldvernichtung. Aus dem A44-Teilstück zwischen Ratingen und Velbert mit ihren explodierenden Kosten sollten eigentlich die notwendigen Lehren gezogen werden" so Dieter Donner, Vorstand der BUND-Regionalgruppe Düsseldorf. Auch könnten beispielsweise die über 18 Mio. Euro für die immer noch im Bedarfsplan stehenden Verlängerung der B 229n von Langenfeld nach Solingen im Bereich der Straßensanierung viel besser verwendet werden. "Man muss hier nur einmal unkonventioneller denken. Mit einer besseren Beschilderung zur Autobahn und einer optimierten Ausfädelung wäre hier schon viel getan und auch Geld zu sparen" so Donner.

Faktisch sei keines der insgesamt 6,6 Mrd. Euro teuren Fernstraßenprojekte in NRW bei denen noch nicht mit dem Bedarf begonnen wurde, in den nächsten fünf Jahren finanzierbar. Sofort zu streichen seien 37 besonders umweltkritische Projekte im Umfang von 2,2 Mrd. Euro. Sie enthält auch Großprojekte wie die A1 von Blankenheim nach Lommersdorf, die A 33 Borgholzhausen-Halle oder auch die A 46 von Hemer - Menden - Neheim/Hüsten. "Damit setzt der BUND in NRW klare Prioritäten und gibt der Landesregierung eine Steilvorlage um endlich ihre selbstgesteckten Koalitionsziele umzusetzen" schließt Dieter Donner.

Hinweis: Ein Hintergrundpapier mit dem ausführlichen BUND-Konzept sowie die Streichliste finden Sie unter www.bund-nrw.de


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Quelle:
Presseinformation, 14. März 2011
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/30 20 05-22, Fax: 0211/30 20 05-26
Redaktion: Dirk Jansen, Pressesprecher
E-Mail: dirk.jansen@bund.net
Internet: www.bund-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2011