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VERKEHR/934: Fehmarn II - Insel wird zur Autobahn (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 3/2012
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Fehmarn II
Insel wird zur Autobahn

von Nadja Ziebarth



Die Ostsee-Insel Fehmarn hat als Urlaubsziel einiges zu bieten: schöne Fahrradwege, ein Vogelschutzgebiet, malerische kleine Häfen und Badestrände. Doch der geplante Tunnel durch den Fehmarnbelt dürfte bald viel Verkehr anziehen - und ein Meeresschutzgebiet stark in Mitleidenschaft ziehen.

Fehmarn liegt nicht nur auf der "Vogelfluglinie". Auch Autos und Lastwagen durchqueren die Insel zu Tausenden auf dem Weg von und nach Skandinavien. Mit der Fähre geht es im Stundentakt von Puttgarden ins dänische Rødby. Die geplante "Feste Fehmarnbeltquerung " wird neuen Verkehr an ziehen. Mitten durch marine Schutzgebiete soll ein 17,6 Kilometer langer Absenktunnel gebaut werden. Dazu kommt der Ausbau der Anbindungen im Hinterland.
Im September 2008 unterzeichneten Deutschland und Dänemark einen Staatsvertrag zum Bau der Querung. Dänemark verpflichtet sich darin, den Tunnel zu errichten und zu finanzieren. Für den Anschluss des Tunnels sind die beiden Anlieger dann jeweils selbst zuständig. Das heißt für Deutschland vor allem die Bundesstraße 207 zwischen Heiligenhafen und Puttgarden auszubauen.

Bedrohte Schweinswale

Die Fehmarnbelt-Rinne ist ein 280 Quadratkilometer umfassendes Schutzgebiet. Vor allem ihre Riffe und Sandbänke sind als Lebensraum schutzwürdig. Bis zu drei Meter hohe "Sandrippel" haben durch ihre charakteristischen Tiere und Pflanzen ökologischen Seltenheitswert.
Doch nicht nur in der Tiefe leben seltene Arten. Die Meerenge ist auch beliebt bei Schweinswalen, die sie auf ihren Wanderungen regelmäßig (und für Ostseeverhältnisse sehr häufig) durchschwimmen. Auch scheinen sie das Gebiet für ihre Ruhephasen zu nutzen. Zu dem wurden hier Kälber des Schweinswals gesichtet.

Gravierende Umweltschäden

Genau hier soll nun über Jahre eine Großbaustelle entstehen. Der neue Absenktunnel hätte gravierende Folgen für die Natur. So würden Baggerarbeiten und die Übersandung des Tunnels viel Sediment aufrühren, das die Lebensräume am Meeresboden überdeckt - ein Verlust auch für Meeresvögel und Schweinswale. Dazu drohen Nähr- und Schadstoffe hochgewirbelt zu werden, was die Eutrophierung der Ostsee an kurbelt. Inwiefern giftige Stoffe in den Oberflächensedimenten des Fehmarnbelts lagern, ist ungeklärt.
Zudem müssten für das Fundament dieses Tunnels andernorts fünf Millionen Kubikmeter Sand und Kies entnommen werden. Sand gibt es auf Sandbänken, die als Lebensraum ebenfalls geschützt sind. Damit wären weitere Schutzgebiete von dem Tunnelbau betroffen.
Der BUND behält sich eine Klage gegen das Projekt vor - und dringt alternativ darauf, den Bau eines Bohrtunnels zu prüfen. Der würde die Meeresumwelt weit weniger schädigen, käme allerdings noch teurer als der mit mindestens 5,6 Milliarden Euro veranschlagte Absenktunnel.

Bessere Alternative

Für derzeit täglich 6100 Fahrzeuge soll ein immens teurer Tunnel errichtet werden. Die Fährschiffe sind im Schnitt nur zu 40 Prozent ausgelastet. Anstatt Steuergelder in ein solches Großprojekt zu versenken, sollten die bestehenden Verkehrswege - wo nötig - behutsam ausgebaut, Bahnverbindungen instandgesetzt und das Fährkonzept optimiert werden. Dies wäre aus Sicht des BUND die beste Wahl: Durch eine Optimierung und stärkere Vernetzung der vorhandenen Verkehrsträger preisgünstig dafür zu sorgen, die Verkehrsströme im südlichen Ostseeraum dauerhaft zu bewältigen.

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Quelle:
BUNDmagazin 3/2012, Seite 19
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2012