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VERKEHR/935: Milliarden-Kosten für Stuttgart 21 blockieren Ausbau des bundesweiten Schienennetzes (BUND)


BUND Bundesverband / VCD Bundesverband - Presseinformation vom 10. Dezember 2012

Milliarden-Kosten für Stuttgart 21 blockieren Ausbau des bundesweiten Schienennetzes

Stopp des Großprojektes ist Chance für neue Finanzierungsstrategie eines effektiven Schienennetzes



Berlin, 10. Dezember 2012. Seit vergangenem Freitag ist die Katze aus dem Sack: Stuttgart 21 könnte bis zu sechs Milliarden Euro kosten. Am Dienstag befasst sich der Verkehrsausschuss des Bundestages und am Mittwoch der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn mit dieser exorbitanten Kostensteigerung. Innerhalb von nur drei Jahren und noch vor Beginn der Tunnelarbeiten haben sich die Projektkosten damit verdoppelt. Seit 2009 ist bekannt, dass die weiteren Projektpartner, das Land Baden-Württemberg, die Region und die Stadt Stuttgart sich nicht an den enormen Mehrkosten über dem vereinbarten Kostenrahmen von maximal 4,5 Mrd. Euro beteiligen werden. Auch die Bundesregierung kündigte an, keine weiteren Gelder zur Verfügung zu stellen. Für die Deutsche Bahn bedeutet das, dass die eigene Bilanz außerordentlich belastet wird. In Folge dessen steht der Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur in ganz Deutschland vor dem Aus. Michael Ziesak, Bundesvorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD: "Schon heute werden äußerst notwendige Schienenprojekte zur Beseitigung von Engpässen auf die lange Bank geschoben, weil ihre Finanzierung auf absehbare Zeit nicht gesichert ist. Überlastete Strecken wie Karlsruhe- Basel, Frankfurt- Mannheim, Frankfurt-Fulda, die großen Verkehrsknoten wie Köln und Hamburg oder auch das gesamte Hinterland der Seehäfen können keine weiteren Züge mehr aufnehmen und bedürfen des Ausbaus. Werden jetzt sechs Milliarden allein in einen Bahnhof gesteckt, der nur dem Prestige dient, droht das System Schiene in Deutschland zu kollabieren." Die Eigenmittel der DB für Stuttgart 21 fehlen für die dringend notwendige Instandhaltung des bestehenden Schienennetzes.

Darüber hinaus ist zu erwarten, dass dieses Projekt nach Planfeststellung aller Abschnitte und Baubeginn der Tunnelabschnitte nochmals deutlich teurer wird - wie so viele andere Verkehrsprojekte zuvor. Die volkswirtschaftliche Nutzen-Kosten-Betrachtung ist schon heute negativ. Eine Investitionsstrategie mit Fokus auf Prestige- Projekte ohne volkswirtschaftliche Legitimation ist falsch, sowohl für den Personen- als auch für den Güterverehr.

BUND-Verkehrsexperte Dr. Werner Reh unterstreicht, ein Abbruch des Stuttgart 21-Projekts sei die Voraussetzung für die Umsetzung des klima- und energiepolitisch dringend erforderlichen Kurswechsels in der Schieneninvestitionspolitik des Bundes. Bis Ende März 2013 sollen die Schienenanmeldungen für den nächsten Bundesverkehrswegeplan 2015 erfolgen. Alle Schienenprojekte müssten überprüft werden, auch im Bau befindliche. Reh: "Klimaschutz im Verkehr und Energiewende in Deutschland sind nur möglich, wenn die Kapazität des Schienengüterverkehrs in Deutschland verdoppelt und die wachsende Container-Lawine aus den Seehäfen von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Das verlangt das Energiekonzept der Bundesregierung und nur so ist das Energieeinsparziel für den Verkehr von minus zehn Prozent bis 2020 erreichbar. Wenn wir mit den Schieneninvestitionen in die Korridore des Seehafen-Hinterlandverkehrs warten, bis die Prestigeprojekte umgesetzt sind, fangen wir damit erst 2030 an. Dann hätte Deutschland den Kampf für Klimaschutz und Energiewende definitiv verloren."

BUND und VCD appellieren an die Bundesregierung und den Bundestag, Stuttgart 21 aufzugeben. Denn dies ist nicht nur erforderlich, sondern auch ein Chance für eine neue Investitionsstrategie - für einen Schienenverkehr der Zukunft. Die Bundesregierung muss im nächsten Bundesverkehrswegeplan eine nachhaltige Mobilitäts- und Transportstrategie umsetzen.

Der Aufsichtsrat der DB AG wiederum sollte sich sehr genau überlegen, ob er dieses Projekt noch weiter voran treiben will. Fahrpreissteigerungen und weitere Einsparungen im Fernverkehrsangebot zugunsten der Finanzierung von Stuttgart 21 werden die Fahrgäste nicht akzeptieren. Die Bahn-Aufsichtsräte müssen endlich die Notbremse ziehen, so BUND, VCD und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21.

www.vcd.org
www.bund.net

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Quelle:
BUND-Pressedienst, 10.12.2012
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Dezember 2012