Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

WETTER/035: Trotz der derzeitigen Kälte wird es immer wärmer auf dem Brocken (Nationalpark Harz)


Nationalpark Harz - Presse-Information, 24. Mai 2013

Trotz der derzeitigen Kälte - es wird immer wärmer auf dem Brocken

Der Harz im Klimawandel - Durchschnittstemperatur auf dem höchsten Berg Norddeutschlands bereits bei 4 Grad Celsius



Brocken. 1896 wurde die erste Walpurgisnachtfeier auf dem Brocken veranstaltet. Im gleichen Jahr schrieb der schwedische Physiker Arrhenius, dass Treibhausgase, speziell CO2, das Klima der Erde verändern können - das bei der massenhaften Verfeuerung von Kohle und Öl freigesetzte Kohlendioxid werde die Temperaturen weltweit um bis zu 6 °C ansteigen lassen.

Wir wissen also schon sehr lange, wo das Problem des Klimawandels liegt. Die Brockhaus-Enzyklopädie vermerkte 1970 unter dem Stichwort "Kohlendioxid": "Die Zunahme des Kohlendioxidgehaltes der Luft, etwa 13% in den letzten 100 Jahren, führt wegen verstärkter Absorption der von der Erdoberfläche abgestrahlten Infrarotstrahlung zu einer allmählichen Erhöhung der Durchschnittstemperatur der Lufthülle (etwa 0,5 °C in den letzten 100 Jahren)". Wir nennen es heute den Treibhauseffekt.


Bau der Wetterwarte

Der Bau der ersten Wetterwarte auf dem Brocken erfolgte 1895 - seitdem haben wir verlässliche Klimadaten von diesem Berg und können den Klimawandel sehr genau verfolgen. Mehrere Institutionen messen im Harz, z.B. der Deutsche Wetterdienst (DWD), der Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt (www.talsperren-lsa.de) oder die Harzwasserwerke (www.harzwasserwerke.de). Der DWD betreibt auf dem Brocken sogar eine sog. Klimareferenzstation, d.h. eine mit Personal besetzte Station seines hauptamtlichen Messnetzes, die jahrzehntelange und ununterbrochene Klimabeobachtungen vorweisen kann. Insgesamt unterhält der DWD 12 solcher Klimareferenzstationen, die über einen langen Zeitraum (möglichst in den kommenden 100 Jahren) mit einheitlicher überwiegend konventioneller Messtechnik die Klimaveränderung erfassen sollen.

Deutscher Wetterdienst, Klimareferenzstation Brocken. Kurzdarstellung und Grafik 'Brocken: Jahresmittel der Temperatur seit 1848' - Foto: © Eick v. Ruschkowski / Klimadaten: Deutscher Wetterdienst.

Foto: © Eick v. Ruschkowski / Klimadaten: Deutscher Wetterdienst.


Stürme und Tropentage

Am 13. November 1972 brausten über das norddeutsche Flachland Windböen mit teilweise bis zu 170 km/h hinweg - diesem sog. Niedersachsen-Orkan fielen europaweit über 50 Menschen zum Opfer. Wie wir heute wissen, waren das deutliche Vorboten des Klimawandels - sie wurden damals nur noch nicht so interpretiert.

Bereits in den 1990er Jahren wurde im Rahmen der Borkenkäferdiskussionen im Harz angemerkt, dass in unserem Mittelgebirge die Zahl der Tropentage, d.h. der Tage mit einem Maximum der Lufttemperatur von über 30 °C, zunimmt. Die aktuelle Borkenkäferentwicklung ist weltweit und auch im Harz hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Geschwindigkeit auch auf die globale Erwärmung zurückzuführen.


Warm wie nie?

2003 war es dann auf dem Brocken so warm wie noch nie. Die Wetterstation Brocken meldete am 12.8.2003 eine Maximaltemperatur von 28,2 °C - damit wurde die aus 1992 stammende Rekordtemperatur eingestellt. Bemerkenswert ist außerdem, dass dort an drei Tagen hintereinander die 25 °C-Marke überschritten wurde. Das hatte es auf dem Brocken noch nie zuvor gegeben. Der DWD nannte es das "Superjahr 2003" - die Jahresmitteltemperatur aller deutschen Stationen war um 1,2° C wärmer als üblich und im Durchschnitt aller Stationen fielen 25 % Niederschlag weniger als im langjährigen Mittel.

2005 lagen auf dem Brocken die durchschnittlich gemessenen Temperaturen um 0,7 °C über dem statistisch zu erwartenden Wert. Am 20.7.2006 überschritt die Temperatur auf dem Brocken erneut die Marke von 28 °C. Insgesamt war der Juli 2006 der heißeste seit Menschengedenken registrierte Juli im Harz. Ebenfalls ungewöhnlich warm waren der Winter 2006/2007 und das Frühjahr 2007. Der April 2007 war der wärmste je auf dem Brocken gemessene April. 2011 war auf dem Brocken mit 4,8 Grad insgesamt 2 Grad zu warm und mit 1989 das wärmste Jahr seit 116 Jahren. Der 20. August 2012 brach erneut den Wärmerekord: mit einer Spitzentemperatur von 29 °C war es der wärmste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch der vergangene Winter war nur gefühlt ein besonders langer und harter Winter. Längst haben sich durch den anhaltenden Klimawandel unsere Maßstäbe verschoben.

Auch die bisher in zahllosen Brockenbüchern und anderen Veröffentlichungen über unseren höchsten norddeutschen Berg zitierten Durchschnittstemperaturen sind überholt. Heute liegt der jährliche Wert bereits über 4 °C - und er steigt weiter.

Auf dem Brocken werden seit 1966 phänologische Daten aufgezeichnet. Die Erwärmung zeigt bereits deutliche Auswirkungen auf den Jahreszyklus der Pflanzen. So treibt beispielsweise die Fichte heute rund 20 Tage früher als noch zu Beginn der Aufzeichnungen. Ähnliche Tendenzen lassen sich für Huflattich- und Heidekrautblüte u.v.m. erkennen. Die Verlängerung der Vegetationsperiode auf dem Brocken führt zur Verschiebung der Konkurrenzverhältnisse zwischen den Arten und bringt damit das gesamte Gefüge der Lebensgemeinschaften durcheinander.


Weitere Daten

Wer sich über die Harzer Messwerte informieren möchte, dem steht u.a. die Webseite www.wetteronline.de mit den Wetterstationen Braunlage und Brocken zur Verfügung. Benachbarte Stationen der engeren und weiteren Nationalparkregion sind z.B. Wernigerode, Quedlinburg und Osterode. Mit der Funktion "Rückblick" kann man Messwerte der vergangenen Jahre abrufen. Auf www.dwd.de können neben den Wetterdaten auch zahlreiche Informationen zur Erfassung der phänologischen Daten eingesehen werden.

*

Quelle:
Pressemitteilung, 24.05.2013
Nationalpark Harz
Abt. Presse, Marketing & Regionalentwicklung
Lindenallee 35, 38855 Wernigerode
Tel. 03943/5502-32
E-Mail: info@nationalpark-harz.de
Internet: www.nationalpark-harz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2013