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ÖKOLOGIE/054: Tropische Ananasgewächse dürften vom Klimawandel überraschend profitieren (Uni Oldenburg)


Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - 2. September 2015

Tropische Ananasgewächse dürften vom Klimawandel überraschend profitieren

Oldenburger Laborexperiment mit 20.000 Samen: Bei Temperaturanstieg keimen 41 Arten mehrheitlich sogar besser


Oldenburg. Nicht alle Tropenpflanzen belastet der globale Temperaturanstieg infolge des Klimawandels gleichermaßen: Im Gegenteil keimen die Samen von Ananasgewächsen bei einem für die Tropen bis 2100 prognostizierten Anstieg um drei Grad Celsius gut und potenziell sogar besser, wie die Biologin Lilian-Lee Müller von der Universität Oldenburg herausfand. Heute stellte die Pflanzenökologin vom Institut für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) ihre Erkenntnisse in Göttingen auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ) erstmals öffentlich vor.


Foto: © Lilian-Lee Müller, Universität Oldenburg

Keimversuche im Klimaschrank: Samen verschiedener Arten der Ananasgewächse.
Foto: © Lilian-Lee Müller, Universität Oldenburg

Die neotropischen Ananasgewächse, zu der neben der Ananas etwa 3000 weitere Arten zählen, haben bei der Samenkeimung keine Nachteile durch den Klimawandel, wie Müllers Laborexperiment belegt. Ein überraschendes Ergebnis für die Oldenburger Experten Prof. Dr. Dirk Albach und Prof. Dr. Gerhard Zotz vom IBU: "Wir dachten bisher, dass der Klimawandel tropische Arten besonders beeinträchtigt. Das Klima schwankt hier während des Jahres wenig, und viele Arten sind spezialisiert."

Müller untersuchte 41 Arten der Ananasgewächse (Bromeliaceae) und beobachtete, wie sich insgesamt 20.000 ihrer Samen bei erhöhten Temperaturen entwickelten. "Die Keimung des Samens ist der erste Schritt zum Wachstum der Pflanze. Arten sind schnell aus dem Rennen, wenn sie nicht optimal keimen - gerade in den dicht bewachsenen neotropischen Wäldern", sagt die Doktorandin der Arbeitsgruppe "Biodiversität und Evolution der Pflanzen" sowie der Arbeitsgruppe "Funktionelle Ökologie der Pflanzen". Wie sich die Vielfalt in den besonders artenreichen Tropen infolge der globalen Erwärmung entwickelt, ist relevant für die Biodiversität weltweit.


Foto: © Lilian-Lee Müller, Universität Oldenburg

Ausgewachsener Vertreter der Ananasgewächse: Die Art Vriesea gladioliflora im Nationalpark Santa Fe in Panama.
Foto: © Lilian-Lee Müller, Universität Oldenburg

Für eine um durchschnittlich drei Grad Celsius höhere Temperatur, wie die Wissenschaft sie angesichts des Klimawandels bis zum Jahr 2100 für die Tropen prognostiziert, gilt: Bei 93 Prozent der untersuchten Arten keimen die Samen tadellos, und 85 Prozent keimen sogar besser. Da der Klimawandel voraussichtlich nicht nur Temperatur, sondern auch Niederschlag ändert, wollen die Forscher am IBU nun untersuchen, wie die unterschiedliche Verfügbarkeit von Wasser das Keimen der Samen beeinflusst.

Zur Familie der Bromeliaceae gehören neben der Ananas unter anderem auch bekannte Zimmerpflanzen wie die Lanzettrose oder das Flammende Schwert. In den neotropischen Wäldern Südamerikas sind die Ananasgewächse nicht nur wegen ihres Artenreichtums relevant für die Biodiversität: In ihren Blatt-Trichtern bilden sich kleine Gewässer, die von zahlreichen Algen und Pflanzen sowie kleinen Tieren wie den Pfeilgiftfröschen genutzt werden. Wie viele andere Ananasgewächse keimen und wachsen die untersuchten Arten nicht in der Erde, sondern auf anderen Pflanzen wie Bäumen, auf die ihre Samen durch den Wind oder die Ausscheidungen von Tieren gelangen.

Originalveröffentlichung:
Müller, Lilian-Lee, Albach, Dirk C., Zotz, Gerhard (2015): Are 3°C too much? Thermal niche breadth in Bromeliaceae and global warming. In: Gesellschaft für Ökologie e.V. (Hrsg.): Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, Band 45. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie, 31. August - 4. September 2015 in Göttingen. Görich & Weiershäuser, Marburg, S. 20-21.

Infos:
http://www.gfoe-2015.de
http://www.uni-oldenburg.de/ibu

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Quelle:
Pressedienst 331/15, 02.09.2015
Herausgeber:
Das Präsidium der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Presse & Kommunikation
Redaktion: Dr. Corinna Dahm-Brey
26111 Oldenburg
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E-Mail: presse@uni-oldenburg.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2015

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