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AUTO/328: Streitpunkt Elektroautos - Postfossil mobil (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 3/2010
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

ZUR ZEIT
Streitpunkt Elektroautos
Postfossil mobil

Von Richard Mergner und Werner Reh


Bundesregierung und Autokonzerne feiern die Elektromobilität als entscheidende Innovation für einen vom Öl unabhängigen und CO2-freien Verkehr. Die meisten Umweltverbände schießen dagegen: Das gehe technisch nicht, sei zu teuer und vom Autofahrer nicht gewollt. Der BUND sieht Elektromobilität durchaus positiv und plädiert dafür, sie in die richtigen Bahnen zu lenken.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zeigt die Umweltfolgen einer Mobilität, die zu 95% am Rohöl hängt, überdeutlich. Die hoch motorisierten Nordamerikaner und Europäer verbrennen in ihren Sprit fressenden Pkw noch immer viel zu viel Öl. Hinzu kommt die rasch steigende Nachfrage nach Autos in den Schwellenländern. Der Ölpreis wird bald wieder steigen. Dann werden immer mehr Tiefsee-Ölvorkommen risikoreich abgebaut, Teersande ausgebeutet und Pflanzen - auch in der Regenwaldregion - für den Tank statt den Teller angebaut. Wer das nicht will, muss sich für Alternativen einsetzen. Elektromobilität ist ein wesentlicher Teil postfossiler Mobilität.


Neue Konzepte gefragt

Noch haben Elektroautos mit geringer Leistungsdichte und teuren Batterien zu kämpfen. Die heutigen, umgebauten E-Autos sind bislang reine Lernfahrzeuge. Man denke nur an den 1,4 Tonnen schweren eMiniZweisitzer von BMW, der 180 g CO2 ausstößt (deutscher Strommix), angetrieben von einer Riesenbatterie mit 35 kWh (205 PS) Leistung.

Gefragt aber ist eine neue Modellgeneration kleinerer Fahrzeuge, die serienmäßig in Leichtbau gefertigt werden. Am Trend zu leichteren Modellen kommt wegen der Elektroautos künftig wohl kein Hersteller mehr vorbei. Auch Ratingagenturen schauen genau hin, wer die nötige Kompetenz aufbaut.


Ressourcen sparen

Auch bei E-Autos muss Ressourceneffizienz an erster Stelle stehen. Nachdem BMW die CO2-Emissionen seiner Flotte in drei Jahren um ein Viertel gesenkt hat, suchen sie jetzt weitergehende (und teurere) Effizienzreserven für ihre Elektroautos. Klar ist: Wer ein E-Auto mit über 120 km/h fährt - und die Batterie schon nach 30 oder 50 statt 100 km leert -, vernichtet wertvolle Energie. Zumal die E-Autos in Deutschland mit regenerativem Strom betankt werden sollen, so auch der Wille der Bundesregierung. Der BUND fordert speziell wertvolle Ressourcen wie Lithium sparsam und effizient einzusetzen. Eine Batterieleistung von 15 bis 20 kWh reicht für leichtere Autos völlig aus, da 90% der Energie an den Rädern ankommt. Dann fährt man mit 250 kWh - dem Jahresverbrauch einer A++ Kühl-/Gefrierkombination - etwa 3.000 km weit und stößt damit (bei Nutzung regenerativer Energie) im Betrieb kein CO2 mehr aus.


E-Autos richtig einsetzen

Gemeinsam gilt es darauf zu achten, Fehlentwicklungen zu verhindern. So sollten Elektroautos nicht als Zweitwagen angeboten oder als Konkurrenz zum ÖPNV aufgebaut werden. Sinnvoll sind aus Sicht des BUND dagegen Elektroautos im Carsharing, bei Autovermietungen, in Taxi- und Dienstwagenflotten. So kann das Regierungsziel von einer Million Elektroautos bis 2020 mit dem größtmöglichen Nutzen für saubere Luft, Klimaschutz und Lärmminderung verknüpft werden. Wegen der geringeren Reichweite von E-Autos werden die Hersteller auch neue Dienstleistungen - wie Kooperationen mit Carsharing-Firmen oder Autovermietern - angehen müssen.

Leider fördert die Bundesregierung mit 150 Mio. Euro fast ausschließlich die großen Autohersteller und die vier Energieriesen, die auf Atom- und Kohlestrom setzen. Doch Elektromobilität besteht aus mehr als Elektroautos. Elektrisch gestützte Fahrräder, Elektrooder Solarscooter sind höchst interessante und förderwürdige Konzepte, um die Reichweite von Fahrrädern zu verbessern und Autofahrer zu bewegen, auf solche Zweiräder umzusteigen - oder noch besser gleich auf den elektromobilen öffentlichen Verkehr. Denn der ist in Sachen Flächenausnutzung viel effizienter als das beste Elektroauto.

Richard Mergner, Sprecher des BUND-AKs »Verkehr«
Werner Reh, Verkehrsexperte des BUND in Berlin


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Elektrisch gestütztes Lastenrad und Konzeptauto eines zweckmäßig leichten Elektrowagens (Gewicht ca. 1 000 kg) auf Basis des Trabant.

Download der BUND-Position »Für eine zukunftsfähige E'mobilität« www.bund.net/elektromobilität


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Quelle:
BUNDmagazin 3/2010, S. 30
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2010