Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie - 02.11.2023
Wasserstoff: Nachhaltigkeitsstandards von Anfang an mitdenken
Wenn Wasserstoff schnell, nachhaltig und günstig zur Verfügung steht, kann er seine Rolle als Schlüsseltechnologie für die Klimaneutralität in Deutschland erfüllen. Wissenschaftliche Szenarien, die ein treibhausgasneutrales Deutschland im Jahr 2045 erreichen, zeigen, dass hierbei eine Nachfrage nach Wasserstoff von 200 bis 400 Terawattstunden bis zum Jahr 2045 entsteht. Hinzu kommt noch Wasserstoff, der für die Produktion von Folgeprodukten wie etwa Ammoniak oder E-Fuels benötigt wird. Zum Vergleich: Heute kommen in der chemischen Industrie rund 50 bis 60 Terawattstunden zum Einsatz.
Über die Fragen nach Kosten und Importen insbesondere für nachhaltig erzeugten Wasserstoff, Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und Wasserstoff-Partnerschaften spricht Christoph Heinemann im aktuellen Podcast 'Wenden bitte!' des Öko-Instituts. Er betont die Bedeutung der im Sommer aktualisierten Wasserstoffstrategie Deutschlands: Sie setzt den Rahmen für die Förderung zum Aufbau der Wasserstoffkapazitäten in Deutschland und für Nachhaltigkeitskriterien beim Import.
H2: Nachhaltigkeit bei Förderung und Importen
"Wasserstoffproduktion im Ausland darf nicht zu negativen Auswirkungen
wie zum Beispiel Wasserknappheit oder Behinderung der Energiewende vor
Ort führen", betont Heinemann im Podcast des Öko-Instituts. Zusätzlich
könnten durch Wasserstoffprojekte auch weitere Nachhaltigkeitsziele in
den Exportländern verfolgt werden.
So etwa beim Thema Wasserbedarf für die Herstellung von Wasserstoff:
Hier müssten als Mindestmaß lokale Gegebenheiten im Fokus stehen und
beispielsweise Gebiete mit Wasserknappheit ausgeschlossen werden oder
Standorte nur dann erwogen werden, wenn diese Wasser aus zusätzlich
errichteten Meerwasserentsalzungsanlagen nutzen. Wenn durch die
Projekte schon zusätzliche Wasserentsalzungsanlagen errichtet werden,
sollten diese auch Wasser für weitere lokale Bedürfnisse bereitstellen
und so zu Nachhaltigkeitszielen beitragen.
Ein weiteres Beispiel sind ertragreiche Standorte für erneuerbare
Energien. Die besten Standorte in potenziellen Partnerländern dürften
nicht alleinig für die Herstellung von Wasserstoff für den Export
besetzt werden. "Wir sehen, dass Länder, die für die
Wasserstoffproduktion in Frage kommen, heute bei der eigenen
Energiewende häufig noch nicht besonders weit sind", so Heinemann.
"Die Frage muss deshalb auch sein: Passt die Exportstrategie für
Wasserstoff zu einer Dekarbonisierungsstrategie vor Ort?" Die
Entscheidung über potenzielle Standorte zur Erzeugung von grünem Strom
wirke sich insbesondere auf die Kosten für die erneuerbare
Stromproduktion aus - ein Faktor, den Exportländer besonders im Blick
haben.
Drei Phasen beim Import von Wasserstoff
Der Auf- und Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur wird laut Heinemann
noch Zeit brauchen. Er skizziert drei Stufen für den Import des neuen
Energieträgers. So werden bis 2028 erste europäische Lieferketten auf
Basis europäischer Pilotprojekte erprobt, die Keimzellen für den
weiteren Infrastrukturaufbau in Europa sein können. In einer zweiten
Phase ab 2030 kann ein ausreichend großes Pipelinenetz vorhanden sein,
mit dem Importe und Exporte zwischen den europäischen Ländern
realisiert werden können. Erst nach 2035 sind relevante Importmengen
in Form von Folgeprodukten wie zum Beispiel Ammoniak aus dem
außereuropäischen Ausland via Schiffen oder Pipelines zu erwarten.
Wissen statt Alltagsberatung
Der Podcast "Wenden bitte!" des Öko-Instituts richtet sich an alle mit
politischem und ökologischem Interesse aus Politik, Wissenschaft,
Medien, NGOs und Öffentlichkeit. Den Podcast moderieren Nadine
Kreutzer, Journalistin und Moderatorin, und Mandy Schoßig, Leiterin
Öffentlichkeit & Kommunikation am Öko-Institut. Rund eine Stunde lang
sprechen sie mit einem Experten beziehungsweise einer Expertin aus dem
Öko-Institut über anstehende Nachhaltigkeitstransformationen - genug
Zeit für die "Langstrecke der Umweltpodcasts".
Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten. www.oeko.de
Zum Podcast "Update Wasserstoff: Wo stehen wir bei der
Nachhaltigkeit?" des Öko-Instituts
https://www.oeko.de/podcast/update-wasserstoff-wo-stehen-wir-bei-der-nachhaltigkeit/)
Alle Episoden des Podcasts "Wenden bitte!" unter www.oeko.de/podcast
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie - 02.11.2023
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 10. November 2023
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