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CHEMIE/217: Kommentar - Internationale Chemikalienpolitik auf dem richtigen Weg? (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 19.05.2009

Internationale Chemikalienpolitik auf dem richtigen Weg?


GASTKOMMENTAR

Bericht aus Genf von Sonja Haider, Women in Europe for a Common Future (WECF)

Die UN versucht nicht weniger als das weltweite Problem mit gefährlichen Chemikalien in den Griff zu bekommen - nicht nur für einzelne Substanzen, deren Gefährlichkeit sich aus ihrem Zweck begründet, wie Pestizide, nein auch für gefährliche Inhaltsstoffe, die sich in Spielzeug, Möbel und vielen anderen Alltagsprodukten verstecken. Das Chemikalienmanagement wird von der Produktion bis hin zur Abfallbehandlung durchdacht. Bereiche von Landwirtschaft über Wirtschaft bis hin zu Gesundheit und Bildung werden einbezogen.

Diese komplexe Aufgabe wurde 2006 in Dubai ins Leben gerufen mit dem Ziel, "Chemikalien im gesamten Lebenszyklus so vernünftig zu managen, dass bis 2020 die massiven Beeinträchtigungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt durch Verwendung und Produktion von Chemikalien auf ein Minimum reduziert wird". Der Name dieses Mammutprojekts ist: SAICM Strategic Approach to International Chemicals Management. Gestartet in 2006, verhinderten allerdings mehrere Länder, darunter auch die USA, dass ein Büro eingerichtet wurde und vernünftige Strukturen geschaffen wurden, um solch eine Aufgabe bewältigen zu können.

Letzte Woche wurde dieses Problem aus der Welt geschafft. Ein Büro samt Sekretariat wurde installiert, ein Arbeiten innerhalb des 3-Jahres-Rhythmus der Konferenzen ermöglicht. Neben effektiven Strukturen benötigt dieser Prozess - und noch mehr die Implementierung von dazugehörigen Projekten eine nachhaltige Finanzierung. Der bisherige Quick Start Fund war mit 5 Millionen US Dollar jährlich lächerlich gering ausgestattet. Es ist nicht einzusehen, warum die Chemieindustrie, deren Produkte die Probleme erst verursachen und die einen Umsatz von 3 Trillionen US Dollar jährlich erwirtschaftet, sich nicht finanziell beteiligt. Statt dessen wurde eine Bitte an den GEF Global Environmental Fund formuliert, sich doch weiter zu öffnen und nicht nur Geld für Chemikalienprojekte aus dem Bereich der POPs (langlebige organische Schadstoffe) zur Verfügung zu stellen.

Kreativere Vorschläge wie z.B. ein Verschmutzungsrechtehandel, wie beim Klimaschutz - abhängig von der Gefährlichkeit einer Chemikalie sind dringend notwendig, um das 2020 Ziel erreichen zu können.

Obwohl 2006 ein globaler Aktionsplan GPA mit 273 Aktivitäten beschlossen wurde, spielten diese in Genf kaum eine Rolle. Vier neu aufkommende Themen wurden intensiv, ja nächtelang diskutiert. Während ein Informationssystem zu Chemikalien in Produkten und eine Eliminierung von Blei in Farben beschlossen wurden, hatten die Themen Abfallbehandlung von elektronischen Geräten und insbesondere die Nanotechnologie einen schweren Stand. Dass für die Nanotechnologie nur ein Bedarf an Informationsaustausch festgelegt wurde ist ein Armutszeugnis, nachdem sich die Stimmen mehren, die vor den gesundheitlichen Auswirkungen dieser Substanzen in Miniaturausgabe warnen.

Fazit nach einer anstrengenden Woche: Man kann nur hoffen, dass das neu installierte Büro Wege und Vorschläge findet, ein sicheres nachhaltiges Chemikalienmanagement zu finanzieren und dann endlich übergeht von der Arbeit an Texten zur Arbeit an der Wurzel: Säuberung der schlimmsten Chemikalienverschmutzungen und Eliminierung der Altlasten; Substitution von gefährlichen Chemikalien in Produkten um nur zwei Beispiele zu nennen.

Women in Europe for a Common Future (WECF) München
sonja.haider@wecf.eu
Tel. +49 (89) 23 23 93 8-19
www.wecf.eu


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 18/09, 20.05.2009
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 19.05.2009
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2009