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EUROPA/637: Öffnet Brüssel eine Hintertür für Palmöl im Tank? (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 11.02.2019 / Verkehr

Öffnet Brüssel eine Hintertür für Palmöl im Tank?


Die EU-Kommission hat am Freitag einen Entwurf für Nachhaltigkeitskriterien veröffentlicht, denen zufolge Palmöl nicht mehr für Biokraftstoff verwendet werden soll. Doch Umweltschützer*innen warnen vor Schlupflöchern.

Die geplanten Kriterien sollen das Kapitel über Biokraftstoffe in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II), die für den Zeitraum von 2021 bis 2030 gelten soll, ergänzen. Ziel der Kommission ist es, risikoreiche Nutzpflanzen von der Herstellung von Biokraftstoffen auszuschließen. Als risikoreich gelten solche Pflanzen, für dessen Anbau artenreiche Regenwald- und Torfgebiete in Anbauflächen umgewandelt werden. Diese indirekte Landnutzungsänderung (indirect land use change, iLUC) verursacht hohe CO2-Emissionen. Nach Einschätzung Brüssels befanden sich 45 Prozent der Palmölplantagen, die zwischen 2008 und 2015 entstanden, in CO2-intensiven Gebieten. Die Beimischung von Palmöl in Kraftstoffe soll deshalb schrittweise bis 2030 auslaufen.

Dagegen soll Sojaöl weiterhin erlaubt bleiben. Laut EU-Kommission könne Soja nicht als Nutzpflanze mit hohem iLUC-Risiko kategorisiert werden.

Dieser Bewertung widerspricht der Umweltverband Transport & Environment (T&E). Diesel mit Sojaölanteil sei doppelt so klimaschädlich wie konventioneller Dieselkraftstoff. Außerdem weist T&E - ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der NABU - auf ein Schlupfloch im geplanten Rechtsakt für Palmöl hin: Palmöl, das in Kleinplantagen mit weniger als 5 Hektar angebaut oder auf "ungenutzten" Flächen produziert wird, soll weiterhin für die Beimischung im Kraftstoff zugelassen werden. T&E vermutet, dass die Regierungen Malaysias und Indonesiens unter Androhung von Handelskriegen Brüssel zu den Ausnahmeregelungen getrieben haben.

T&E und DUH machen zudem darauf aufmerksam, dass Bürger*innen bis zum 8. März den Entwurf der Kommission bewerten können. Zu diesem Zweck hat die Kommission eine Online-Befragung geschaltet.

Im Anschluss haben EU-Parlament und EU-Mitgliedstaaten Gelegenheit, den Rechtsakt zu prüfen. Änderungen können sie nicht vornehmen. Sie können lediglich den gesamten Rechtsakt annehmen oder ablehnen. [aw]


Befragung der EU-Kommission
https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2019-762855_en

Meldung bei EurActiv
https://www.euractiv.com/section/agriculture-food/news/biofuels-commission-blacklists-palm-oil-throws-soybeans-lifeline/

Reaktion T&E
https://www.transportenvironment.org/press/eu-classifies-palm-oil-diesel-unsustainable-fails-cut-its-subsidised-use-and-associated

Reaktion DUH
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-befuerchtet-weitere-zerstoerung-von-regenwaeldern-fuer-palmoel-im-diesel-eu-kommis/

Reaktion NABU
https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=25612

Mitmachen: Petition No Palm Oil in my Tank
https://www.act.transportenvironment.org/de-DE

Hintergrund: DNR Factsheet zu RED II
https://www.dnr.de/fileadmin/Publikationen/Steckbriefe_Factsheets/18_07_17_EUK_RED_II_Factsheet.pdf

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Quelle:
EU-News, 11.02.2019
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2019

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