Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
e.V.
EU-News - 5. Oktober 2023
Überarbeitung der REACH-Verordnung weiter undatiert
Die Arbeit an der EU-Chemikalienverordnung kommt nur langsam voran und findet hinter verschlossenen Türen statt. Jedenfalls lässt sich die EU-Kommission nicht auf ein konkretes Veröffentlichungsdatum ein. Auch wird der Zugang zu heiklen Dokumenten versagt, kritisiert die EU-Ombudsstelle.
Der als Nachfolger von Frans Timmermans für den Posten des Vize-Kommissionspräsidenten vorgesehene EU-Kommissar Maros Sefcovic wollte sich beim sogenannten "Grilling" im EU-Parlament am 3. Oktober nicht auf ein Datum für die Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH festlegen. Er bekannte sich aber zumindest dazu, dass es ein wichtiger Vorgang sei, der veröffentlicht werde, sobald die Arbeiten daran abgeschlossen seien. Er nannte drei Hauptthemen in der Anhörung (Aufzeichnung) [1]: "Wir alle wollen saubere Luft atmen, Lebensmittel aus gesundem Anbau essen, unser Leben mit sauberer Energie bestreiten und langlebige und nachhaltige Produkte verwenden." Auch das Gesetz zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen sei "von überragender Bedeutung". In der verbleibenden Amtszeit wolle er sich darauf konzentrieren, den europäischen Green Deal den Bürger*innen, der Industrie und Landwirtschafts- und Forstbetrieben nahezubringen und die noch fehlenden Dossiers abschließen. Hier nannte er unter anderem ÖkoDesign, kritische Rohstoffe, Verkehr, Methanemissionen, Gebäude und andere. Die EU-Chemikalienverordnung erwähnte er jedoch nicht.
EVP-Koordinator Peter Liese kommentierte: "Bei den schriftlichen Fragen ist interessant, dass es klare Verpflichtungen der Kommission gibt, bestimmte Gesetzgebungen zum Beispiel zum Tierschutz vorzulegen, dies aber für die Chemikaliengesetzgebung nicht gilt. Ich erwarte, dass der Vorschlag zur sogenannten REACH-Verordnung nicht mehr vor der Wahl vorgelegt wird." Liese fand dies auch "sinnvoll", denn die EU müsse sich auf Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze konzentrieren.
Das Europäische Umweltbüro (EEB) hatte bereits Mitte September in einem Offenen Brief [2] angemahnt, dass die EU-Kommission die Überarbeitung der REACH-Verordnung nicht weiter verzögern dürfe. "Wir sind zutiefst besorgt über die anhaltende Verzögerung bei der Umsetzung der Säulen des europäischen Green Deals, die für eine umweltfreundliche und giftfreie Zukunft stehen", heißt es in dem Schreiben. Weder im Letter of intent [3] mit den Vorhaben für 2024 noch in den "Main Initiatives" [4], die Ursula von der Leyen parallel zu ihrer Rede zur Lage der Union veröffentlicht hatte, wird die EU-Chemikalienpolitik explizit aufgeführt.
Einen Rüffel für ungenügende Offenlegung von Dokumenten hat die
Europäische Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly am 25. September der
EU-Kommission erteilt. In ihren Empfehlungen [5] konstatierte die
EU-Ombudsstelle, dass die Weigerung der Kommission, der Öffentlichkeit
vollen Zugang zu bestimmten Dokumenten zur Quecksilber-Verordnung zu
gewähren, "einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit" darstellt. Sie
empfahl der Kommission, der Öffentlichkeit rechtzeitig vollen Zugang
zu gewähren, damit diese ihr demokratisches Recht auf Einflussnahme
auf die EU-Gesetzgebung ausüben könne. Die Dokumente wurden erst
ausgehändigt, nachdem die Kommission ihren Vorschlag fertiggestellt
und veröffentlicht hatte. [jg]
Anfang Texteinschub
EU-Chemikalienpolitik kurz & knapp
REACH/Unternehmen verstoßen gegen Aktualisierungspflicht: Die
Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) hat zwischen 2021-2023 zwei
Kampagnen durchgeführt, um Unternehmen an ihre Verpflichtung zu
erinnern, ihre REACH-Registrierungen auf dem neuesten Stand zu halten.
57 der 689 überprüften Registrierungen verstoßen gegen die
Aktualisierungspflicht nach Artikel 22 der EU-Chemikalienverordnung
REACH. Dies betrifft 50 Unternehmen in 11 Mitgliedstaaten, so die ECHA
[6].
EuGH/neurotoxisches Pestizid bleibt verboten: Das Gericht des
Europäischen Gerichtshofs hat am 4. Oktober entschieden, dass das EU-weite
Verbot des Organophosphatpestizids Chlorpyrifos-Methyl von 2019
in Kraft bleibt. Vorausgegangen war eine Klage der Hersteller Ascenza
Agro und Industries Afrasa gegen die EU-Kommission, die Qualität und
Rechtmäßigkeit der wissenschaftlichen Bewertung, die zu dem Verbot
führte, nicht anerkennen wollten. Die Organisation HEAL [7] begrüßte
das Urteil.
Asbestschutz am Arbeitsplatz: Das EU-Parlament [8] hat am 4. Oktober
für besseren Schutz von Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz vor Asbest
gestimmt: unter anderem gibt es höhere Grenzwerte und eine bessere
Früherkennung.
Ende Texteinschub
EU-Parlament: "Grilling"/ Sefcovic Dokumente
https://www.europarl.europa.eu/news/en/headlines/priorities/commission-changes/20230918STO05449/maros-sefcovic-slovakia
EU-Kommission: Hearing of Commission Executive Vice-President Maros
Sefcovic
https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20230929IPR06143/hearing-of-commission-executive-vice-president-maros-sefcovic
ENDS Europe (kostenpflichtig): Sefcovic refuses to be pinned down on
REACH reform und Sefcovic sets out green policy pipeline, with no
mention of REACH
https://www.endseurope.com/article/1839535/%C5%A1efcovic-refuses-pinned-down-reach-reform
https://www.endseurope.com/article/1839660/%C5%A1efcovic-sets-green-policy-pipeline-no-mention-reach
Ombudsman-Pressemitteilung: How the European Commission dealt with two
requests for public access to impact assessments and opinions of the
Regulatory Scrutiny Board regarding the envisaged revision of the EU
regulations on chemical substances (REACH) and mercury
https://www.ombudsman.europa.eu/de/case/en/64113
Links:
[1] https://multimedia.europarl.europa.eu/en/video/hearing-of-maros-sefcovic-executive-vice-president-of-the-european-commission-in-charge-of-the-european-green-deal-interinstitutional-relations-and-foresight-opening-statement-by-maros-sefcovic-executive-vice-president-of-the-european-commission_I246289
[2] https://eeb.org/wp-content/uploads/2023/09/20230918-EEB-letter-to-UVDL-on-REACH.pdf
[3] https://state-of-the-union.ec.europa.eu/system/files/2023-09/SOTEU_2023_Letter_of_Intent_EN_0.pdf
[4] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/FS_23_4459
[5] https://www.ombudsman.europa.eu/de/recommendation/en/175628
[6] https://echa.europa.eu/de/-/echa-s-screening-finds-reach-registrations-in-breach-of-update-obligation
[7] https://www.env-health.org/victory-for-health-european-general-court-upholds-ban-for-chlorpyrifos-methyl/
[8] https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230929IPR06119/besserer-asbestschutz-fur-arbeitnehmer
*
Quelle:
EU-News, 05.10.2023
Deutscher Naturschutzring
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und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
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E-Mail: info@dnr.de
Internet: www.dnr.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 6. Oktober 2023
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