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HOLZ/248: Energetische Holznutzung vor dem Hintergrund von Klima- & Ressourcenschutz (ForschungsReport)


ForschungsReport 1/2011
Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz

Wald und Holz

Energetische Holznutzung
Aktuelle Entwicklungen vor dem Hintergrund von Klima- und Ressourcenschutz

Von Jens Ponitka, Volker Lenz, Daniela Thrän (Leipzig)


Prognosen gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Holz künftig steigen wird. Dem steht ein limitiertes Holzangebot gegenüber. Vor diesem Hintergrund arbeitet das Deutsche BiomasseForschungsZentrum (DBFZ) daran, zusätzliche, nachhaltig erschließbare Holzressourcen zu generieren und den umweltgerechten und effizienten Einsatz von Holz weiter zu verbessern.

Biomasse ist der wichtigste erneuerbare Energieträger - in Deutschland stammen mehr als 70% der regenerativen Energien aus Biomasse. Die heute bereitgestellte Bioenergie wird zum größten Anteil in Form von Wärme und Strom auf der Basis von Holz erzeugt.

Vor dem Hintergrund einer weltweit steigenden Nachfrage nach Energie, steigenden Preisen für fossile Energieträger und den Bestrebungen zur Minderung der Klimagasemissionen, wird vor allem die energetische Holznutzung in den kommenden Jahren weiter zunehmen.

Holz im Wärmemarkt

Wärme aus Holz stammt in Deutschland heute vor allem aus Stückholz, das in Einzelfeuerstätten eingesetzt wird. Damit werden etwa 7% der bundesdeutschen Wärmenachfrage gedeckt. Hinzu kommt der Holzeinsatz in Anlagen zur gekoppelten Strom- und Wärmeproduktion (KWK: Kraft-Wärme-Kopplung). Insbesondere werden im Holzpelletbereich, unter anderem wegen der weitgehend automatisierten Anwendung und der geringen luftgetragenen Freisetzung von Schadstoffen, starke Ausbauraten erwartet.

Zur Wärmebereitstellung werden global jährlich etwa 40 bis 60 EJ (zum Vergleich: 1 Exajoule entspricht rund 278 Milliarden Kilowattstunden) an fester Biomasse eingesetzt. In Anbetracht des weiter anhaltenden globalen Bevölkerungswachstums ist von einem weiteren Ansteigen der Holznachfrage für den Wärmemarkt auszugehen.

Holz im Strommarkt

In Deutschland hat die Strombereitstellung aus Holz durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen deutlichen Aufschwung erfahren. Gegenwärtig werden mehr als 260 Anlagen in unterschiedlichen Leistungsbereichen (vgl. Abb. 1) betrieben, die unter anderem Altholz, Wald(rest)holz oder Landschaftspflegeholz in einer Größenordnung von etwa 7,6 Mio. t atro (atro: absolut trockenes Holz mit 0% Wassergehalt) einsetzen. Bis 2020 könnte die Anlagenanzahl auf etwa 450 ansteigen.

Auch weltweit ist mit einem Ausbau der Nutzung biogener Festbrennstoffe zu rechnen. Derzeit werden diese mit einer anteiligen elektrischen Leistung von mindestens 42 GW (Gigawatt) eingesetzt, was einer durchschnittlichen Stromerzeugung von etwa 241 Milliarden Kilowattstunden entspricht.

Holz im Biokraftstoffmarkt

Weltweit wird der Biokraftstoffmarkt durch Bioethanol und in geringerem Maße durch Biodiesel mit Rohstoffen aus der Landwirtschaft dominiert. Aufgrund begrenzter Flächeneffizienzen und der Teller-oder-Tank-Diskussion könnte künftig auch Holz in der Biokraftstofferzeugung an Bedeutung gewinnen. Entsprechende Forschungen laufen in vielen Teilen der Welt und erste Pilotanlagen werden gegenwärtig auch in Deutschland errichtet.

Kann die Holznachfrage gedeckt werden?

Global wird gegenwärtig mehr als die Hälfte der jährlichen Holzernte zur Energiebereitstellung eingesetzt. Bis 2030 könnte sich die Nachfrage nach Holz als Primärenergieträger durch die Zunahme der traditionellen Energieholznutzung durch den Bevölkerungszuwachs sowie durch den Ausbau kommerzieller Nutzung insbesondere im Wärme- und Strombereich stark erhöhen. Die globale Holzproduktion dürfte aber verglichen mit der erwarteten Nachfrageentwicklung nur unterproportional ansteigen. Es ergibt sich somit zukünftig eine Versorgungslücke, die Prognosen zufolge jährlich bis zu etwa 15 EJ betragen könnte.

Diese Situation stellt sich in ähnlicher Weise auch für Deutschland dar. Zwar wurde der Holzeinschlag in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet: Seit den 1990er Jahren verdoppelte er sich bis auf 80 Mio. m3, und es wird ein weiterer Ausbau der Holzproduktion bis auf rund 90 Mio. m3 erwartet. Jedoch könnte sich bis 2020 die jährliche Holznachfrage allein für die Energiebereitstellung (derzeit rund 40% der gesamten Nachfrage nach Holz) um etwa 50% erhöhen (Abb. 2). Diese Nachfrage würde durch das Angebot an Waldholz, Altholz oder Sägennebenprodukten nicht gedeckt werden. Die für Deutschland zu erwartende jährliche Versorgungslücke liegt in einer Größenordnung von etwa 30 Mio. m3 Holz.

Konzepte zur Deckung der Nachfrage

Um die Holznachfrage zu decken und damit die potenzielle Versorgungslücke zu schließen, werden weltweit und verstärkt auch in Deutschland verschiedene Maßnahmen diskutiert, zum Beispiel die Erhöhung des Waldholzertrages oder die Erschließung weiterer Holzressourcen (u. a. Straßenbegleitholz). Für die Substitution von Holz durch sogenannte "nicht-holzartige" Festbrennstoffe wie Stroh sind zukünftig die technischen und ökonomischen Herausforderungen - unter anderem der Brennstoffbereitstellung oder der Verbrennungstechnik - unter Effizienz- und Emissionsgesichtpunkten zu lösen.

In vielen Ländern der Welt sind auch Flächen verfügbar, die als Kurzumtriebsplantagen (KUP), also zur Produktion von Holz mit landwirtschaftlichen Methoden (Abb. 3), genutzt werden könnten - selbst in städtischen Gebieten (Abb. 4). Bislang gibt es allerdings noch Hemmnisse, die einer Ausweitung von Kurzumtriebsplantagen entgegenstehen, zum Beispiel Flächennutzungskonkurrenzen, ökologische Restriktionen, Akzeptanzprobleme und technische Voraussetzungen für die kostengünstige Bewirtschaftung.

Technische Optionen zur Holznutzung

Effizienzsteigerungen bei der Nutzung biogener Festbrennstoffe führen dazu, dass eine identische Energiemenge (z. B. Strom, Wärme) mit einem geringeren Rohstoffeinsatz realisiert werden kann. Derartige Effizienzsteigerungen können durch unterschiedliche Maßnahmen, die gegebenenfalls auch kombinierbar sind, erzielt werden. Abb. 2: Entwicklung der Nachfrage und des Angebotes an Holz in Deutschland

Strombereitstellung

Viele der heutigen Holzkraftwerke werden ohne Wärmeauskopplung mit elektrischen Wirkungsgraden von etwa 30% betrieben. Zukünftige Technologien, die auf kombinierten Vergasungs-, Gas- und Dampfturbinenprozessen oder alternativ auf Brennstoffzellen beruhen, lassen für Großanlagen elektrische Wirkungsgrade von rund 50% realistisch erscheinen, bei gleichzeitiger Wärmenutzung von mindestens 30% der Primärenergie. Damit könnten aus dem heutigen Brennstoffeinsatz an Holz in Deutschland 14 Milliarden kWh an Strom pro Jahr und gleichzeitig eine Wärmeproduktion von 8,5 Milliarden kWh erreicht werden. Dies entspräche bei gleichbleibender Stromnachfrage einem Anteil von rund 1,5%.

Durch die zunehmende Wärmedämmung von Gebäuden ist zu erwarten, dass der Wärmebedarf mittel- bis langfristig auf 50% des heutigen Wertes zurückgehen wird. Daher ist die Einführung von Mikro-KWK-Anlagen nicht nur aus Effizienzgründen, sondern auch zur Sicherstellung einer ökonomisch vertretbaren Mindestbrennstoffmenge je Anlage naheliegend. Werden also in den nächsten 20-30 Jahren die im derzeitigen Umfang in Kleinfeuerungsanlagen für Holz genutzten Brennstoffe in Mikro-KWK-Anlagen mit 30% elektrischem Wirkungsgrad und 50% thermischem Nutzungsgrad eingesetzt, so könnten etwa 26 Milliarden kWh Strom und 160 PJ Wärme bereitgestellt werden. Insgesamt ergäbe sich also ein Anteil an der derzeitigen Stromproduktion von 6% ohne eine verstärkte Nutzung der vorhandenen Holzvorräte.

Wärmebereitstellung

Neben der Wärmebereitstellung aus KWK-Prozessen lässt sich der Nutzungsgrad bestehender Feuerungssysteme zur reinen Wärmebereitstellung noch deutlich steigern. So zeigen aktuelle Untersuchungen (Kunde et al., 2009), dass Pelletkesselsysteme teilweise nur einen Nutzungsgrad von 65% aufweisen, wobei der Schnitt über alle holzbefeuerten Kleinkesselanlagen (kleiner 1 MW) bei ca. 75% liegen dürfte. Ziel muss es sein, durch eine passende Auslegung und eine verbesserte Verbrennungstechnik inklusive der Regelung und gegebenenfalls mit katalytischer Nachverbrennung und Brennwertnutzung Jahresnutzungsgrade von rund 90% zu erreichen.

Optimierungsbedarf gibt es auch bei den rund 13 Millionen Einzelfeuerstätten, die einen Nutzungsgrad von zum Teil nur etwa 50% aufweisen. Alternativen wären hier automatische Kesselanlagen bzw. Pelletöfen oder Einzelfeuerstätten der nächsten Generation mit Unterbrand, optimierter und geregelter Luftführung, katalytischer Rauchgasreinigung und nachgeschalteten Wärmetauschern, die Nutzungsgrade von mindestens 80% aufweisen.

Breiter Forschungsansatz am DBFZ

Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach Holz insbesondere im Energiemarkt stärker ansteigen wird als die Holzproduktion. Die entscheidenden Fragen für die zukünftige Nutzung von Holz sind neben der Entwicklung der stofflichen Nutzung die Bereitstellung von Regelenergie und die Frage der Mobilität. Es lässt sich derzeit schwer abschätzen, welchen quantitativen Beitrag Holz hierbei im globalen Maßstab leisten wird.

Trotz dieser Unwägbarkeiten ist es von größter Wichtigkeit, die zur Verfügung stehende Biomasse möglichst effizient zu nutzen. Auch der Einsatz agrarischer Reststoffe in angepassten Konversionsanlagen kann zu einer Entlastung bei der Holznachfrage beitragen. Hier setzen die Forschungsarbeiten des Deutschen BiomasseForschungsZentrums (DBFZ) an. Konkret geht es um die Entwicklung von "neuen" Prozessen und Anlagen mit höheren Wirkungsgraden (z. B. Brennwerttechnik, Vergasungstechnik), um die verbesserte Nutzung der Abwärme bei der Stromerzeugung im Rahmen von KWK-Prozessen und um die Optimierung des Betriebsmanagements (z. B. bessere Steuerung und Regelung). Daneben stehen auch Konzepte für eine Integration der Konversionsanlagen in das künftige Energiesystem sowie Fragen zur effizienten Herstellung von Biokraftstoffen auf der Agenda.

Holz als Rohstoff für eine stoffliche und energetische Nutzung kann künftig einen deutlich größeren umwelt- und klimafreundlichen Beitrag im nationalen und globalen Energie- und Wirtschaftssystem leisten. Das Internationale Jahr der Wälder bietet eine gute Chance, die zukünftigen Herausforderungen und Chancen der erneuerbaren Ressource Holz mit allen relevanten Interessensgruppen zu diskutieren.

Jens Ponitka (a), Volker Lenz (a), Daniela Thrän (a,b), (a) Deutsches BiomasseForschungsZentrum (DBFZ), Torgauer Str. 116, 04347 Leipzig. (b) Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Permoserstr. 15, 04318 Leipzig. E-Mail: jens.ponitka[at]dbfz.de


Leseempfehlung
Kaltschmitt, M.; Hartmann, H.; Hofbauer, H. (Hrsg.): Energie aus Biomasse. Springer, Berlin, Heidelberg, 2009, 2. Auflage


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Entwicklung des Anlagenbestandes und der installierten elektrischen Leistung von Biomasse(heiz)-kraftwerken in Deutschland

Abb. 2: Entwicklung der Nachfrage und des Angebotes an Holz in Deutschland

Abb. 3: Ernte einer Kurzumtriebsplantage

Abb. 4: Kurzumtriebsplantage (Pappel) in der Stadt. Laut einer Studie des BMVBS (2010) können solche Plantagen städtische Brachflächen aufwerten und einen Beitrag zur regionalen Energieversorgung leisten


Diesen Artikel inclusive aller Abbildungen finden Sie im Internet im PDF-Format unter:
www.forschungsreport.de


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Quelle:
ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz
1/2011, Heft 43 - Seite 20-22
Herausgeber:
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Schriftleitung & Redaktion: Dr. Michael Welling
Geschäftsstelle des Senats der Bundesforschungsanstalten
c/o Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig
Tel.: 0531/596-1016
E-Mail: michael.welling@vti.bund.de
Internet: www.forschungsreport.de, www.bmelv-forschung.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2011