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MASSNAHMEN/333: EU-Emissionshandel wieder in Schwung bringen (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 14. November 2012 / Klima & Energie

Emissionshandel wieder in Schwung bringen



Die EU-Kommission hat am Montag den sogenannten "Backloading"-Vorschlag vorgelegt, nach dem 900 Millionen Zertifikate des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) vorübergehend vom Markt genommen werden sollen, um den Preisverfall zu stoppen.

Die Kommission schlägt vor, in den ersten drei Jahren der dritten Phase des Emissionshandels ab 2013 insgesamt 900 Millionen Zertifikate weniger in den Markt zu geben als ursprünglich geplant. Deren Versteigerung würde auf die Jahre 2019 bis 2020 verschoben, die letzten beiden der dritten Handelsperiode. Laut einer Analyse der Deutschen Bank könnte der Preis für eine Tonne CO2 durch das Backloading im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen.

Ende 2011 waren laut Kommission eine Milliarde Zertifikate zu viel auf dem Markt. Das habe dazu geführt, dass der Preis für eine Tonne CO2 auf derzeitige sieben bis acht Euro sank, was Unternehmen kaum Anreize biete, in effiziente Technologien zu investieren. Dafür müsste die Tonne laut Experten ungefähr 30 Euro kosten. Das Handelssystem war deshalb in der letzten Zeit von Umweltverbänden, Politik und Wirtschaft gleichermaßen kritisiert worden.

Durch die Backloading-Strategie müsste die Emissionshandels-Versteigerungsverordnung geändert werden, worüber der Ausschuss für Klimaänderung entscheiden wird. Die Emissionshandelsrichtlinie müsste ebenfalls geändert werden, was die Zustimmung von Europäischem Parlament und Ministerrat erfordert. Das könnte Monate dauern.

Die Nichtregierungsorganisation Germanwatch hält den Vorschlag für halbherzig und betont die Notwendigkeit einer umfassenden Strukturreform. Der WWF plädiert dafür, den Überschuss permanent vom Markt zu nehmen und betont, dass sich die EU ein Scheitern des Emissionshandelssystems nicht leisten könne. Greenpeace hält es für weiterhin sehr ungewiss, ob ICAO bis nächsten Herbst einen effektiven internationalen Mechanismus vorlegen wird. Die europäischen ETS-Regeln sollten angewendet werden. Die Organisation appellierte an Parlament und Rat, den Kommissionsvorschlag abzulehnen.

16 große Unternehmen sprachen sich in einem Brief an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments für eine "dringende Intervention" der EU in den Kohlenstoffmarkt aus. Sie hoffen, dass der Ausschuss für Klimaänderung den Backloading-Vorschlag noch vor Januar billigt, damit der Emissionshandel das wichtigste Instrument der europäischen Klima- und Energiepolitik bleibe.

Da die Backloading-Strategie jedoch nur kurzfristig greift, stellte die Kommission zur gleichen Zeit in ihrem Kohlenstoffmarkt-Bericht sechs Vorschläge zur strukturellen und langfristigeren Reform des ETS vor. Diese unterscheiden sich im Kern nicht von einem zuvor bekannt gewordenen Entwurf (EU-News vom 01.11.2012). [uk]

Entwurf der Kommission
http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/auctioning/third/docs/20121112_com_en.pdf
Kohlenstoffmarkt-Bericht
http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/reform/docs/com_2012_652_en.pdf
Pressemitteilung vom WWF
http://www.wwf.de/2012/november/kosmetik-fuer-den-emissionshandel/?utm_source=pressenewsletter

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Quelle:
EU-News, 14.11.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
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Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2012