Deutsche Umwelthilfe e.V.
Pressemitteilung - Montag, 07.08.2023
Deutsche Umwelthilfe klagt gegen LNG-Terminalschiff "Neptune" in Lubmin an der Ostsee
• Betrieb von Shuttle-Schiffen durch Greifswalder Bodden und Speichertanker vor der Ostküste Rügens trotz Umweltauswirkungen nicht umweltrechtlich genehmigt
• Lärmbelastung von Anwohnenden grundlegend unterschätzt, maßgebliche Lärmrichtwerte tatsächlich erheblich überschritten
• Offenbar unzutreffende Angaben der Betreiberin im Genehmigungsverfahren zum Beitrag zur Versorgungssicherheit, tatsächlich durch FSRU "Neptune" regasifzierte Gasmenge bislang marginal
Berlin, 7.8.2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt gegen den aus
ihrer Sicht rechtswidrigen Betrieb des LNG-Terminalschiffs "Neptune"
in Lubmin. Mit der Klage beim Bundesverwaltungsgericht fordert die DUH
die Aufhebung der vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt
Vorpommern erteilten Genehmigung für den Betrieb des Terminals durch
die Deutsche ReGas. Die Genehmigung leidet nach Auffassung der DUH an
erheblichen Mängeln. Sowohl der Shuttle-Verkehr, der für das Anlanden
an das Terminalschiff notwendig ist, als auch die dadurch entstehenden
Umweltauswirkungen auf den sensiblen Greifswalder Bodden sind keiner
umweltrechtlichen Genehmigung unterworfen worden. Nach Auffassung der
DUH handelt es sich um ein Gesamtprojekt, von dem maßgebliche Teile
schlicht im Genehmigungsverfahren ignoriert wurden. Auch die
Lärmbelastung durch das Terminal ist tatsächlich eine grundlegend
andere, als von der Betreiberin im Genehmigungsverfahren angegeben.
Der Beitrag zur Versorgungssicherheit ist entgegen anderslautenden
Ankündigungen der Deutschen ReGas während des Genehmigungsverfahrens
tatsächlich marginal. Das LNG-Beschleunigungsgesetz schreibt vor, dass
Umweltverträglichkeitsprüfungen nur dann ausgesetzt werden dürfen,
wenn ein neues Terminal einen "relevanten Beitrag" zur
Versorgungssicherheit leisten kann, laut Gesetz eine Mindestkapazität
von fünf Milliarden Kubikmeter. Nach Einschätzung der DUH erfüllt die
"Neptune" diese Voraussetzung nicht, es hätte einer
Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Im Genehmigungsverfahren für das LNG-Terminalschiff 'Neptune' wurden wesentliche Aspekte wie der Shuttle-Verkehr und die Lärmbelastung ignoriert. Die Genehmigung muss deshalb zurückgenommen werden. Was aktuell in Lubmin passiert und was genehmigt wurde, sind zwei Paar Schuhe. Wir kritisieren außerdem die Bundesregierung für ihre Behauptung, das LNG-Terminalschiff in Lubmin sei nötig, solange es das umstrittene LNG-Terminal in Rügen nicht gebe. Damit beschreibt sie Zwänge, die es angesichts der Versorgungslage überhaupt nicht gibt und spielt die Menschen vor Ort gegeneinander aus."
Das schwimmende Terminalschiff für Flüssigerdgas 'Neptune' liegt seit Dezember 2022 im Industriehafen von Lubmin und ist seit Januar 2023 in Betrieb. Weil das Wasser vor Lubmin für die gewaltigen Tanker, die das LNG bringen, zu flach ist, liefern diese ihre Ladung an ein Tankschiff, das vor Rügen liegt. Von dort bringen von Schleppern begleitete Gefahrgut-Tanker das LNG nach Lubmin. Dabei produzieren sie Schadstoffe, die auf das Meer und die Küstengebiete niedergehen. Eine Genehmigung für diesen Shuttle-Verkehr gibt es nicht. Auch für den Betrieb der 'Neptune' wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.
Nach massiven Beschwerden von Anwohnenden insbesondere im nahegelegenen Spandowerhagen hatte das zuständige Amt Lärmmessungen durchgeführt und eine deutliche Überschreitung der zulässigen Lärmpegelgrenzwerte festgestellt.
Hinsichtlich der Angaben zu den Importkapazitäten der 'Neptune' stützt sich die DUH auf die Angaben der Deutschen ReGas: So wurde die Regasifizierungskapazität des Schiffs von der Betreiberfirma mit 3,6 Milliarden Kubikmetern pro Jahr angegeben, nur durch eine Speicherkapazität von Shuttle-Schiffen wurde dann ein angeblicher Beitrag von über 5 Milliarden Kubikmetern begründet. Tatsächlich hat die ReGas im gesamten ersten Halbjahr 2023 nur 7 Terrawattstunden importiert, was nur etwa 0,7 Milliarden Kubikmeter jährlich entspräche. Dass diese tatsächlich überaus geringen Importmengen während des Genehmigungsverfahrens nicht bekannt waren, ist nach Auffassung der DUH kaum nachvollziehbar. Damit hätte es keine Ausnahmegenehmigung im Sinne des LNG-Beschleunigungsgesetzes für das fossile Projekt geben dürfen, weshalb auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte stattfinden müssen.
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Quelle:
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)
Pressemitteilung, 07.08.2023
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/25 89 86-0, Fax.: 030/25 89 86-19
Internet: www.duh.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 8. August 2023
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