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VERBAND/018: Industrie kritisiert Schnellschuß bei Nachhaltigkeitsverordnung für Biostrom (OVID)


OVID - Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e.V. - Freitag, 3. Juli 2009

Schnellschuss der Bundesregierung bei der Nachhaltigkeitsverordnung


• Der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie (OVID) begrüßt den begonnen Dialog der Politik mit der Wirtschaft, warnt aber vor gewichtigen nachträglichen Änderungen und Ergänzungen, die durch das Eiltempo der Bundesregierung bereits jetzt abzusehen sind.

• Die Branche bietet eine Zusammenarbeit mit der zuständigen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) an, um Probleme bei der Umsetzung möglichst zeitnah zu identifizieren.


Berlin, 3. Juli 2009. Der Bundestag hat heute Nacht über die geplante Nachhaltigkeitsverordnung für Biostrom abgestimmt, die seit der Verabschiedung im Kabinett Anfang Juni im Eilverfahren durchgezogen wurde. Die sogenannte "Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung" gilt als Masterkopie für die Verordnung für Biokraftstoffe, die entsprechend angepasst wird und nicht mehr der Zustimmung des Bundestages bedarf. Der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie (OVID) hatte zunächst große Bedenken gegenüber den Entwürfen der Bundesregierung geäußert, da sie in gewichtigen Teilen an der Praxis der Agrar- und Handelsmärkte vorbei und faktisch nicht umsetzbar waren - Denn die Natur hat andere Zeitlinien als die Politik. Dies betraf insbesondere die zunächst rückwirkend geforderte Zertifizierung von Biomasse, die aus systemimmanenten Gründen nicht möglich ist. Schließlich vergehen zwischen dem Zeitpunkt der Aussaat bis zur Endverarbeitung der Biomasse oft bis zu 20 Monate. So wird bei der Produktion von Biokraftstoffen für das Jahr 2010 auf die (noch unzertifizierten) Ernten der Jahre 2008 und 2009 zurückgegriffen. Ein drohender Produktionsstopp von Biokraftstoffen und somit Engpässe bei der Lieferung u. a. für die gesetzlich vorgeschriebene Biokraftstoffquote konnten nun durch eine Übergangsregelung für alte Lagerbestände verhindert werden.

Dennoch kritisiert OVID das Eiltempo, mit dem die Bundesregierung unnötigerweise vorprescht. Die EU-Kommission gibt für die nationale Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energie-Richtlinie und den Nachhaltigkeitsanforderungen aus gutem Grund 18 Monate Zeit, also bis Dezember 2010. Diese ist auch notwendig, um die europäischen Vorgaben für Nachhaltigkeit überhaupt maßstabsgetreu und rechtssicher umzusetzen. "Wichtige Spezifizierungen liegen noch gar nicht vor, sondern werden von der Kommission erst in Form von "Guidelines" mit technischen Vorgaben erarbeitet und sind für März 2010 angekündigt. Die Bundesregierung schafft mit ihrem Eiltempo einen rechtlich unsicheren Raum und provoziert nachträgliche Anpassungen, anstatt eine auch im Detail konsequent ausgearbeitete Verordnung vorzulegen", kritisiert Petra Sprick, Geschäftsführerin von OVID, den Schnellschuss der Bundesregierung. Ein wichtiger noch ausstehender Teil für die Umsetzung ist die sogenannte NUTS 2 Karte, die Regionen und Landschaften nach ihrem Treibhausgas-Minderungspotenzial klassifiziert. Biomasse, die für Bioenergie verwendet wird, soll zukünftig ein THG-Minderungspotenzial von mindestens 35 Prozent gegenüber fossilen Energieträgern aufweisen.

Darüber hinaus kann das Vorgehen der Bundesregierung die hiesige Wirtschaft diskriminieren, indem es die EU-Richtlinie verschärft und dadurch deutsche Unternehmen einseitig benachteiligt. Ein nationaler Alleingang führt zu Wettbewerbsverzerrungen und einer Fragmentierung der Märkte sogar innerhalb der EU.

Dass hier Unsicherheiten und Lücken bestehen, verdeutlicht auch der veränderte Zeitrahmen für das In-Kraft-Treten der Nachhaltigkeitsverordnung, der sich nun stärker an den tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis orientiert: Die Nachhaltigkeitsverordnung für Biostrom - und vermutlich auch die für Biokraftstoff - soll ab dem 1. Januar 2010 gelten, aber erst zum 1. Juli 2010 verbindlich werden. "In den ersten Monaten des nächsten Jahres werden sicherlich eine Reihe von Problemen offenkundig. Wir bieten hier die Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung - BLE - an, um die Probleme bei der Umsetzung möglichst zeitnah zu identifizieren und zu minimieren", sagt Sprick in Richtung Politik.


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Quelle:
OVID - Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e.V.
Pressemitteilung vom 03.07.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2009