Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ABFALL/043: Simbabwe - Elektroschrott wird zum Problem, mit Verwertung und Entsorgung überfordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. März 2014

Simbabwe: Elektroschrott wird zum Problem - Mit Verwertung und Entsorgung überfordert

von Tatenda Dewa


Bild: © Tatenda Dewa/IPS

Die Westlea-Müllkippe in der Armensiedlung Warren Park westlich der simbabwischen Hauptstadt
Bild: © Tatenda Dewa/IPS

Harare, 26. März (IPS) - In Simbabwe entwickelt sich Elektroschrott zu einer gravierenden Umwelt- und Gesundheitsgefahr. Sollte er nicht als Sondermüll behandelt und verwertet werden, könnte das Problem außer Kontrolle geraten, warnt die staatliche Umweltbehörde (EMA).

Ob Einzelpersonen, informelle Firmen oder Großunternehmen - sie alle werfen defekte Fernseher, Radios, Computer, Mikrowellenherde und Co ungeachtet der bestehenden Umwelt- und Gesundheitsrisiken auf den Müll, wie der EMA-Vertreter Steady Kangata berichtet. Neben recycelbaren Wertstoffen enthalten Elektrogeräte giftige Substanzen wie Blei, Cadmium, Quecksilber und bromierte organische Verbindungen.

Die Müllentsorgungswerke seien auf die stetig zunehmenden Mengen an Elektroschrott nicht vorbereitet, so Kangata. "Einige der darin enthaltenen Rückstände sind leicht entflammbar, radioaktiv oder enthalten toxische Substanzen, die das menschliche Nervensystem angreifen und die Reproduktionsfähigkeit schädigen können. Sie dringen ins Erdreich ein und werden dadurch obendrein zu einer ökologischen Zeitbombe."


Vor allem die Armen bedroht

Seit zehn Jahren ist Jairos Zimombe, der in der Armensiedlung Warren Park westlich der Hauptstadt Harare lebt, arbeitslos. Er bringt sich und seine Familie mit dem Verkauf von Plastik- und anderen Abfällen durch, die er auf der nahe gelegenen Westlea-Müllkippe sammelt. Hier werden auch die städtischen Krankenhausabfälle wie Thermometer und Nadeln 'entsorgt'.

Interessant für Zimombe und die vielen anderen, die sich auf der ständig qualmenden Müllhalde einfinden, sind vor allem Metalle, Kunststoffe und Plastikbehälter - also Wertstoffe, die sich auf den Märkten in der Innenstadt gut verkaufen lassen. Kangata zufolge kommen die Müllsammler ständig in Kontakt mit Elektroschrott. "Doch die Tragödie ist, dass die meisten sich der Gefahren gar nicht bewusst sind, die dort lauern", erklärt er.

Den 45-jährigen Zimombe beunruhigt im Grunde nur der latent aufsteigende Qualm, den er für seinen Husten verantwortlich macht. "Ansonsten kann ich mir nicht vorstellen, dass von der Müllkippe eine Gefahr ausgeht", meint er. "Die Stadt würde doch keine Giftstoffe abladen, ohne uns zu warnen."

Kangata zufolge wird es Zeit, dass die Gemeindebezirke für eine Trennung des Elektroschrotts vom normalen Hausmüll sorgen. Das Problem sei nur, dass in den nationalen und städtischen Umweltbestimmungen eine solche Auflage für die Bezirke nicht vorgesehen ist. Hinzu kommt, dass der Müll aus städtischen Wohngebieten aufgrund finanzieller Engpässe nicht regelmäßig abtransportiert wird.

"Der Großteil der städtischen Bevölkerung und Unternehmen kommt mit der Zahlung seiner Abfallgebühren nicht hinterher. Wir haben also mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen", erläutert Phillip Mutoti, Bürgermeister von Harares Schlafstadt Chitungwiza. "Außerdem fehlen uns Müllautos. Wir hoffen aber, dass wir bald über mehr verfügen werden."

Wie Shamiso Mtisi, Forschungsleiter der Simbabwischen Vereinigung für Umweltrecht, kritisiert, fehlt es bisher an einer klaren Position zum Umgang mit Elektroschrott. "Zwar enthält das Umweltgesetz mit Blick auf gefährliche Abfälle Bestimmungen, doch von Elektroschrott ist nicht die Rede", erläutert er.

1993 hatte Simbabwe die Bamako-Konvention, die die Einfuhr von giftigen Abfällen nach Afrika verbietet, sowie 2012 die Basler, Rotterdamer und Stockholmer UN-Abkommen ratifiziert, die eine Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung sowie den Umgang mit schädlichen Chemikalien reglementieren. Doch alle diese Verträge nehmen sich nicht des Problems des Elektroschrotts an.

Das erklärt nach Ansicht von Mtisi, warum Umweltsünder, die den Elektroschrott nicht angemessen entsorgen, meist mit geringfügigen Strafen davonkommen. Kangata zufolge bewegen sich die Bußgelder zwischen fünf und 5.000 US-Dollar, je nachdem, wieviel und wie gefährlich der unsachgemäß entsorgte Müll ist.


Aufklärungskampagne gefordert

Die Verbraucherschutzorganisation CHRA befürchtet, dass durch das Fehlen von entsprechenden Elektroschrottentsorgungsverfahren die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet ist. "Es besteht die Notwendigkeit, dass Kommunen, Verbraucherorganisationen, EMA und andere Umweltexperten nach Lösungen suchen. Zunächst müssen die Anrainer auf die Gefahren hingewiesen und darüber informiert werden, wo sie mit ihren Altgeräten hin sollen", betont der CHRA-Vorsitzende Simba Moyo. "Kurzum: Wir brauchen eine breitangelegte Aufklärungskampagne."

Eine solche Initiative würde sicherlich auch Zimombe dazu veranlassen, sich und seine Kinder besser vor Krankheiten zu schützen. Während der Schulferien bringt er nämlich seine beiden minderjährigen Söhne mit auf die Halde, damit sie ihm bei der Suche nach verwertbarem Müll helfen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind gerade Kinder anfällig für Krankheiten, die von Elektroschrott ausgehen, und müssen deshalb besonders geschützt werden.

Doch Zimombe sieht nach wie vor keinen Anlass zur Sorge, obwohl er oft unter Kopfschmerzen, Atemwegsproblemen und unter Schlafstörungen leidet. Wie die meisten Müllsammler, die die Abfallhalden der Hauptstadt nach Verwertbarem abklappern, fehlen ihm die Mittel, um sich gesundheitlich durchchecken geschweige denn behandeln zu lassen. "Ich kann mir den Luxus einer Gesundheitsuntersuchung nicht leisten", meint er. "Es ist ja auch die Armut, die mich zu dieser Arbeit zwingt. Solange ich laufen und hierherkommen kann, ist alles in Ordnung. Nur wenn ich richtig krank werde, höre ich auf." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/03/zimbabwes-growing-electronic-waste-becomes-real-danger/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. März 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2014