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AFRIKA/001: Nigeria - Bleivergiftungen durch Goldextraktion, mehr als 200 Kinder gestorben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juli 2010

Nigeria: Bleivergiftungen durch Goldextraktion - Mehr als 200 Kinder gestorben

Von Genevieve Marie Ilg


New York, 20. Juli (IPS) - Im Nordwesten Nigerias ist die Zahl der Menschen, die an den Folgen einer schweren Bleivergiftung gestorben sind, inzwischen auf über 200 angestiegen. Die meisten Opfer sind Kinder unter fünf Jahren, die mit den giftigen Bleirückständen der Goldextraktion in Berührung kamen.

Die beispiellose Katastrophe im Bundesstaat Zamfara habe mindestens 200 Kindern das Leben gekostet, bestätigte der Arzt Alhassan Hamisu Dama. Die Überlebenden sind in ihrer Motorik schwer geschädigt, taub geworden oder erblindet und leiden an den anderen Symptomen einer schweren Bleivergiftung.

Die medikamentöse Entgiftungstherapie ist äußerst kostenintensiv. Dama zufolge wird sie umgerechnet 3.200 US-Dollar pro Kind verschlingen. Der Arzt wies zudem darauf hin, dass die Versorgung der Opfer durch einen gravierenden Personalmangel in den lokalen Kliniken und durch die Abgeschiedenheit mancher Dörfer erheblich erschwert wird.

Auf die Frage, wann dem westafrikanischen Land die nötigen Finanzmittel zur Behandlung der Patienten zur Verfügung stehen werden, konnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) keine genaue Antwort geben. Ebenso wenig wollte sich Joy Ogwu, die ständige Vertreterin Nigerias bei den Vereinten Nationen, auf Aussagen über das Ausmaß der Tragödie festlegen.

Untersuchungen zufolge hat die Umweltbelastung durch Blei infolge eines Anstiegs illegaler Schürfaktivitäten stark zugenommen. Viele Wohnhäuser sind verseucht, weil die Familien die bleihaltigen Golderze dort gelagert und das Gold vom Erz getrennt haben. Um die Verseuchungsgefahr zu verringern, denkt die Regierung derzeit darüber nach, die Böden der Behausungen mit Zement zu versiegeln.

Laut WHO wurden bei Untersuchungen von mehr als 100 Kindern in den Dörfern Dareta und Yargalma Bleiwerte im Blut von 100 Mikrogramm pro Deziliter (µg/dl) festgestellt. Erste gesundheitliche Schäden treten bereits bei zehn 10 µg/dl auf. Darüber hinaus wurden im Boden von Innenräumen Konzentrationen von mehr als 100.000 ppm festgestellt. Normal sind bis zu 300 ppm.

An den Analysen der Wasser-, Staub- und Bodenproben ist das US-Zentrum für Krankheitskontrolle (US CDC) beteiligt. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) erhielt zudem Anfang Juni von der nigerianischen Behörde für Arzneimittelzulassung die Erlaubnis, bei akuten Vergiftungsfällen Infusionstherapien durchzuführen. Nach einem Bericht der 'New York Times' hat die niederländische Sektion der Organisation vergiftete Dorfbewohner mit importierten Medikamenten behandelt. US CDC zufolge wird die Zahl der Todesopfer weiter steigen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.msf.org/msfinternational/countries/africa/nigeria/index.cfm
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52184

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2010