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AFRIKA/042: Studie untersucht Artenreichtum in südafrikanischer Kapregion (idw)


Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 26.04.2011

Pflanzenvielfalt gewinnt durch Boden: Studie untersucht Artenreichtum in südafrikanischer Kapregion


Frankfurt am Main, 26.04.2011. An kaum einem anderen Ort der Erde findet sich eine solch artenreiche Flora wie an der Südwestspitze Afrikas. Die Pflanzenvielfalt im XXL-Format ist zudem einzigartig, denn rund 70 % der einheimischen Arten findet man weltweit nur hier. Wie das Fachjournal "Systematic Biology" in der aktuellen Onlineausgabe berichtet, fand ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Jan Schnitzler, Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), jetzt Belege dafür, dass diese erstaunliche Vielfalt ihren maßgeblichen Ursprung in der großen Anzahl verschiedener Bodentypen vor Ort hat.

In der Region am Kap der Guten Hoffnung wachsen mehr als 9000 Pflanzenarten. Verglichen damit ist unsere heimische Flora übersichtlich: In Deutschland, das flächenmäßig etwa viermal so groß ist, gibt es schätzungsweise nur 3300 Pflanzenarten. Ein Großteil der Biodiversität der Kapregion geht auf einige wenige Pflanzengruppen zurück, die hier besonders viele Arten ausgebildet haben. Bekannte Vertreter sind prachtvolle Blütenpflanzen, wie die herrlichen Proteas (Zuckerbüsche), von denen es allein über hundert Arten gibt.


Entstehungsgeschichte von 470 Arten verglichen

Die Artenvielfalt der Kapregion wird zwar schon länger untersucht, über die Ursachen gab es aber bisher mehrere Hypothesen. "Die zwei wichtigsten Meinungen sind, dass die Pflanzenvielfalt entweder mit der hohen Bodenvielfalt korreliert oder die Folge der Anpassung an verschiedene Bestäuber ist. D.h. viele Pflanzenarten haben sich hier auf ganz verschiedene Bestäuber spezialisiert, beispielsweise bestimmte Insekten, und die Pollen werden ausschließlich von diesen übertragen.", erklärt Dr. Jan Schnitzler, Wissenschaftler am Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Frankfurt am Main. Die bislang größte vergleichende molekulargenetische Analyse von rund 470 ausgewählten Pflanzenarten, die vier der sieben artenreichsten Pflanzenfamilien der Kapflora repräsentieren, erlaubte nun ein präziseres Urteil.


Der Boden macht's

Anhand der genetischen Stammbäume wurde dazu die Entstehungsgeschichte der Arten nachvollzogen und mit detaillierten Daten zur Topographie und Ökologie des Gebiets verglichen, um die wichtigsten bisher diskutierten Hypothesen zur Herkunft der Artenvielfalt zu prüfen. Ein besonderes Augenmerk galt dabei dem Vergleich von Schwesternarten. "In der Kapregion findet man auf relativ kleinem Raum viele verschiedene Bodentypen. Das hat die Entwicklung des Pflanzenreichtums maßgeblich geprägt, weil sich dadurch bei eng verwandten Arten Anpassungen an sehr unterschiedliche Gegebenheiten entwickelt haben. Die Anpassung an Bestäuber ist überraschenderweise kein genereller Faktor für die Artbildung.", resümiert Jan Schnitzler die Ergebnisse der Studie.


Im Schneckentempo zur Einzigartigkeit

Das internationale Forscherteam aus Deutschland, Großbritannien, den USA und Südafrika fand außerdem heraus, dass die Pflanzenvielfalt nicht explosionsartig als Folge klimatischer Umbrüche entstanden, sondern über längere Zeiträume kontinuierlich gewachsen ist. Die stabilen klimatischen Bedingungen könnten auch dafür gesorgt haben, dass am südafrikanischen Kap im Verlauf von Millionen von Jahren weniger Arten ausgestorben sind als in der von Eiszeiten geprägten nördlichen Hemisphäre.


Generelles Erklärungsmuster für Artbildung?

Mit der Studie, in die Forschungsarbeit aus 10 Jahren einfloss, leisten die beteiligten Wissenschaftler Grundlagenforschung im Bereich Biodiversität. "Uns interessiert, welche Faktoren über lange Zeiträume zu hoher Artenvielfalt beitragen. Für die Kapregion ist dies nun geklärt.", so Jan Schnitzler. Er ergänzt: "In einem nächsten Schritt wäre zu prüfen, ob Bodenvielfalt auch in anderen Regionen die Hauptursache für das Entstehen der Pflanzenvielfalt ist." Infrage kämen dafür zunächst Regionen, die denen der Kapregion klimatisch vergleichbar sind. Dies gilt beispielsweise für den Mittelmeerraum, Kalifornien und Südwest-Australien.   (Sabine Wendler)


Originalveröffentlichung:
Schnitzler, J., Barraclough, T.G, Boatwright, James S., Goldblatt, P., Manning, J.C., Powell, M.P, Rebelo, T. and Savolainen, V. Causes of Plant Diversification in the Cape Biodiversity Hotspot of South Africa. Systematic Biology (2011), Article first published online on April 15, 2011,DOI:10.1093/sysbio/syr006


Dr. Jan Schnitzler
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Tel.: 069 97075 1614
E-Mail: jan.schnitzler@senckenberg.de

oder

Sabine Wendler LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Pressereferentin Tel.: 069 7542 1838 E-Mail: sabine.wendler@senckenberg.de


LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK- F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Institutionen aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben. Mehr unter www.bik-f.de


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/de/image140594 Logo BiK-F
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Die Kapregion ist die Heimat 9.000 verschiedener Pflanzenarten. Die Königsprotea, die
Nationalblume Südafrikas, ist eine der hier molekulargenetisch untersuchten Arten.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter: http://idw-online.de/de/news419844

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/de/institution639


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Doris von Eiff, 26.04.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2011