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AFRIKA/058: Malawi - Gespräche mit Tansania über Ansprüche auf Malawi-See (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. März 2013

Malawi: Gespräche mit Tansania über Ansprüche auf Malawi-See - Mehr als zwei Anrainer hoffen auf Einigung

von Mabvuto Banda


Bild: © Claire Ngozo/IPS

Ein Fischer am Malawi-See
Bild: © Claire Ngozo/IPS

Lilongwe, 5. März (IPS) - Im Streit der beiden Nachbarländer Malawi und Tansania um den Malawi- beziehungsweise Nyasa-See wird ein Forum aus ehemaligen afrikanischen Staats- und Regierungschefs unter Vorsitz des Mosambikaners Joachim Chissano vermitteln. Die ersten Gespräche sollen in diesem Monat stattfinden.

"Nach etlichen erfolglosen Versuchen, den Disput beizulegen, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir uns von einer dritten Partei helfen lassen sollten", meint der Staatssekretär im malawischen Außenministerium, Patrick Kambabe. Ein entsprechendes Positionspapier seiner Regierung sei dem Forum bereits überstellt worden.

Auch Tansania hat sein Einverständnis signalisiert, die einstigen Staatspräsidenten Chissano, Thabo Mbeki (Südafrika) und Ketumire Masire (Botswana) als Vermittler zu akzeptieren. Wie Kambabes tansanischer Amtskollege John Haule gegenüber den Medien seines Landes erklärte, wurde auch der tansanische Standpunkt an das Forum weitergeleitet. Er geht davon aus, dass die Angelegenheit in drei Monaten geklärt ist.


Mehr als zwei Millionen Menschen auf den See angewiesen

Nach offiziellen Angaben sind etwa 1,5 Millionen Malawier und 600.000 Tansanier von dem drittgrößten See als Fischlieferant und Transportweg abhängig. Bei diesen Menschen haben die bilateralen Spannungen Sorge ausgelöst. "Normalerweise fahre ich alle zwei Wochen über die Grenze, um im tansanischen Kyela Kleidung gegen Zucker zu tauschen", berichtet die malawische Händlerin Joyce Nyirongo. "Doch inzwischen wage ich mich angesichts der zunehmenden Feindseligkeiten nur einmal im Monat über die Grenze."

Der Malawi-See heißt in Tansania Nyasa- und in Mosambik Niassa-See. Jüngsten malawischen Regierungsangaben zufolge lagern in seinen Tiefen reiche Erdöl- und Erdgasvorkommen. Die Prognosen haben einen alten, fast 50 Jahre schwelenden Konflikt zwischen den beiden Nachbarn wiederbelebt.

Der Streit eskalierte im Juli letzten Jahres, als Malawi dem Erdölunternehmen 'Surestream Petroleum' mit Sitz in Großbritannien Explorationsrechte für das Gewässer ausstellte. Weiter befeuert wurde die Krise im Dezember, als die Regierung in Lilongwe dann auch noch dem südafrikanischen Konzern 'SacOil' eine Lizenz erteilte.

Bereits zwei Mal haben die beiden Länder vergeblich versucht, den Zwist beizulegen. Sie hoffen nun, durch die Intervention der früheren Staatschefs für sich das Beste herausholen zu können.

Malawis erster Staatschef Hastings Kamuzu Banda hatte die Anerkennung des Sees als malawischen Besitz eingefordert. Er berief sich auf das sogenannte Sansibar-Helgoland-Abkommen zwischen London und Berlin, demzufolge die malawisch-tansanische Grenze am tansanischen Ufer verläuft und der See somit zu Malawi gehört. Diese Entscheidung wurde auf dem Gipfeltreffen der Organisation für Afrikanische Einheit in Äthiopien 1963 bekräftigt und von Tansania akzeptiert.

"Unsere Position gründet auf dem Abkommen von 1890", bekräftigt Malawis Außenminister Ephraim Chiume. Die Afrikanische Union habe die Entscheidung 2002 und 2007 auf der Grundlage des Abkommens erneut bekräftigt. "Das Helgoland-Abkommen gesteht uns den gesamten See zu", so Chiume.

Tansania wiederum beharrt auf die Illegalität des Abkommens und fordert die Hälfte des Sees. Die Grenze verlaufe mit Ausnahme eines zu Mosambik gehörenden Teils mitten durch das Gewässer. "Tansania hat internationale Rechtshilfe in Anspruch genommen", erläutert der tansanische Außenminister Bernard Membe. Demnach sei es üblich, dass Grenzen generell durch die Mitte von Gewässern verliefen. Aus diesem Grund müsse Tansania die Hälfte des Sees erhalten.

Durch den Vertrag aus der Kolonialzeit werde den Tansaniern das gegebene Recht genommen, das Wasser und die Ressourcen des Sees zu nutzen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, argumentiert Membe.


Ökologische Bedenken

Der Grenzstreit hat aber auch eine heftige Debatte über die ökologischen Folgen ausgelöst, die mit einer Ausbeutung der fossilen Brennstoffe im Malawi- beziehungsweise Nyasa-See einhergehen würden. Mehr als 2.000 unterschiedliche Fischarten leben in dem Gewässer. Sie ziehen Taucher aus aller Welt an.

"Die Bohrarbeiten werden dem Ökotourismus, dem Ökosystem und den Millionen Anrainern zusetzen", protestiert Reginald Mumba von der Umweltorganisation 'Rehabilitation of the Environment' und warnt vor verheerenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen.

Nach dem Scheitern direkter Gespräche zwischen den Konfliktparteien im vergangenen Dezember verkündete die malawische Präsidentin Joyce Banda, möglicherweise den Internationalen Gerichtshof anzurufen. Politiker und Fischer hoffen auf eine friedliche Lösung, die ein langwieriges Gerichtsverfahren überflüssig macht. (Ende/IPS/kb/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2013