OceanCare - Medienmitteilung, 7. August 2023
Aussterbe-Alarm: Nur noch 10 Vaquitas der kleinen Schweinswalart am Leben
Heute veröffentlicht die Internationale Walfangkommission den ersten "Aussterbe-Alarm" ihrer Geschichte, und zwar für den Vaquita, eine kleine Schweinswal-Art im Golf von Kalifornien (Mexiko). Diese Art ist inzwischen auf nur noch etwa 10 Tiere reduziert. Die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare ruft alle Beteiligten dazu auf, das Unmögliche möglich zu machen und die Art vor dem Aussterben zu retten, indem Kiemennetze aus deren verbliebenem Lebensraum verbannt werden.
In ihrer 77-jährigen Geschichte hat die IWC noch nie einen derartigen Alarmruf abgesetzt. Ihr Wissenschaftsausschuss - ca. 200 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt - befand bei seiner letzten Sitzung, dass es einen neuen Mechanismus brauche, um auf die Gefahr des Aussterbens einer Art hinzuweisen und die Bedrohungslage bestimmter Arten und Populationen stärker ins Bewusstsein zu bringen. Das erste solche Statement gilt nun der am massivsten gefährdeten Waltierart der Welt: dem Vaquita.
Ein Vaquita (Phocoena sinus) mit dem charakteristischen Augenring
Foto: Paula Olson, NOAA, Public Domain, via Wikimedia Commons
(das ursprüngliche NOAA-Bild wurde beschnitten)
Die Hauptgefahr für den Vaquita sind Fischernetze, in denen sich die Tiere verheddern und ersticken. Im Lebensraum des Vaquita an der Nordspitze des Golfs von Kalifornien (Mexiko) wird illegal nach dem Totoaba gefischt - einer grossen Fischart, die ebenfalls gefährdet ist und deren Schwimmblase auf dem asiatischen Markt für traditionelle Medizin sehr hohe Preise erzielt. Es ist dieser Handel, der den Vaquita in seine jetzige missliche Lage gebracht hat - eine doppelte Artenschutztragödie.
"Seit mehr als 30 Jahren haben der IWC-Wissenschaftsausschuss und andere Expertengremien eindringlich gewarnt, aber obwohl die Stellnetze seit langem als Hauptursache feststehen, wurde dem Rückgang der Vaquita-Population kein Einhalt geboten. Jetzt kann es kein Zögern und keine Ausreden mehr geben! Es muss vollständiger Schutz realisiert und sämtliche Fischernetze endlich aus dem Lebensraum des Vaquitas entfernt werden. Wir haben in unserer Generation bereits eine Waltierart verloren, den chinesischen Flussdelfin Baiji, und das darf kein zweites Mal geschehen", betont Mark Simmonds, Leiter des Wissenschaftsbereiches bei OceanCare und langjähriges Mitglied des IWC-Wissenschaftsausschusses.
"Was ist daraus zu schliessen, wenn wir vor dem Verlust einer Art stehen, obwohl die internationale Wissenschaft seit drei Jahrzehnten nach Umsetzung der bekannten Schutzmassnahmen ruft? Wenn wir es nicht einmal schaffen, einen so charismatischen Botschafter der Meere zu bewahren, wie sollen wir an die Fähigkeit des Homo sapiens glauben, andere Arten zu schützen?", fragt Sigrid Lüber, Gründerin und Präsidentin von OceanCare, die sich seit Bekanntwerden der Bedrohung des Vaquita für seinen Schutz einsetzt.
Der Wissenschaftsausschuss unterstrich, dass der Vaquita noch gerettet werden kann, wenn schnell gehandelt und alle Fischernetze aus seinem Lebensraum entfernt werden.
Der Vaquita (Phocoena sinus) wird auch als Kalifornischer Schweinswal bezeichnet. Er ist eine der kleinsten Waltierarten (nur 140-150 cm Körperlänge) und überwiegend grau mit dunklerem Rücken und hellerem Bauch. Er hat dunkle Ränder um seine Augen und seine dunklen Lippen. Vaquita ist das Diminutiv des spanischen Worts für Kuh.
Ein Vaquita
Foto: Paula Olson, NOAA, Public domain, via Wikimedia Commons
(aus dem NOAA-Original wurde das Wasserzeichen entfernt)
Der Bestand ist von etwa 570 Tieren im Jahr 1997 auf nur noch 10 Tiere zurückgegangen, und 2018 wurde er auf der Roten Liste der IUCN als vom Aussterben bedroht eingestuft. Sein Verbreitungsgebiet ist auf den nördlichsten Teil des Golfs von Kalifornien (Mexiko) beschränkt.
Der Vaquita wurde erst vor relativ kurzer Zeit, nämlich 1958, als Art beschrieben und bis in die 1980er Jahre war wenig über ihn bekannt, so dass keine historischen Bestandsgrössen und Verbreitungsdaten vorliegen.
Weitere Informationen finden Sie im Aussterbealarm-Statement der IWC:
https://iwc.int/en/
Der Baiji oder Chinesische Flussdelfin (Lipotes vexillifer), der früher im Jangtse-Flusssystem lebte, wird von der IUCN als verschollen geführt und wurde seit 40 Jahren nicht mehr gesichtet.
OceanCare weist auf eine weitere Schweinswalpopulation hin, der ein
ähnliches Schicksal droht: Auch der Ostsee-Hafenschweinswal wird als
vom Aussterben bedroht eingestuft. Es besteht dringender
Handlungsbedarf gegen die Hauptbedrohungen für diese Population, die
wiederum primär von der Fischerei ausgehen. Diese Population wird
Gegenstand der nächsten Vollversammlung des Übereinkommens zur
Erhaltung wandernder Tierarten (Bonner Konvention, CMS) im Februar
2024 in Usbekistan sein.
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Quelle:
OceanCare - Medienmitteilung, 7. August 2023
Herausgeber: Verein OceanCare
Oberdorfstr. 16, Postfach 372, Ch-8820 Wädenswil
Tel.: +41 (0) 44 780 66 88, Fax: +41 (0) 44 780 66 08
E-Mail: info[at]oceancare.org
Internet: www.oceancare.org
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 8. August 2023
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