Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


ASIEN/093: Nepal - Gemeinden schützen bedrohte Arten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. April 2015

Nepal: Gemeinden schützen bedrohte Arten

von Naresh Newar


Bild: © Naresh Newar/IPS

Der Chitwan-Nationalpark in Nepal gehört zu den Erfolgsgeschichten Asiens beim Erhalt wildlebender Tiere und Pflanzen
Bild: © Naresh Newar/IPS

Chitwan, Nepal, 14. April (IPS) - In der Abenddämmerung, wenn die letzten Sonnenstrahlen über die üppige grüne Landschaft huschen, kehrt Ruhe in den von der Weltkulturorganisation UNESCO geschützten Chitwan-Nationalpark rund 200 Kilometer südlich von Nepals Hauptstadt Katmandu ein. Ein Schwarm Marabus fliegt über den Narayani, einen Nebenfluss des Ganges, und nicht weit entfernt nimmt ein Sumpfhirsch ein abendliches Bad.

Der indigene Waldführer Jiyana Mahato gibt seinen Begleitern, allesamt Ökotouristen, ein Zeichen, damit sie sich still verhalten. "Der Anblick von Menschen verscheucht die Tiere", erklärt er später. Der 65-Jährige gehört dem Volk der Tharu an, das die Artenschutzmaßnahmen der Regierung maßgeblich unterstützt. Zu den Fortschritten seit der Gründung des Nationalparks im Jahre 1963 gehört, dass 56 Säugetierspezies in dem Gebiet ein sicheres Habitat gefunden haben. Die Bestände von Tigern und Rhinozerossen, einst bedrohte Arten, haben sich erholt.


Einzigartige Biodiversität

Chitwan bildet die Vorhut bei den Bemühungen des südasiatischen Staates um den Erhalt seiner einzigartigen Artenvielfalt. Anfang des Jahres führte Nepal als erstes Land der Welt das neues Schutzinstrument 'Conservation Assured/Tiger Standard' (CA│TS) ein, das von der Umweltorganisation WWF entworfen wurde. Damit soll ein effizientes Management der Ressourcen und die Beobachtung gefährdeter Spezies und ihrer Habitate gewährleistet werden.

CA│TS wird unter anderem von der Weltnaturschutzunion IUCN und dem Globalen Tigerforum unterstützt. Die Organisationen wollen das Instrument weltweit verbreiten, um die in der Artenschutzkonvention der Vereinten Nationen festgeschriebenen globalen Ziele zu erreichen.

Experten sind dafür, dass die 13 Tigerstaaten (TRC) dem Beispiel Nepals folgen. In dem Staat mit 27 Millionen Einwohnern ist die Zahl der wildlebenden Tiger von nur 121 in 2009 auf 198 im Jahr 2013 gestiegen, wie aus dem Nationalen Artenschutzstrategie- und Aktionsplan 2014-2020 hervorgeht.

In Sachen Artenschutz ist Nepal im regionalen und weltweiten Vergleich führend. 20 Schutzgebiete erstrecken sich über eine Fläche von mehr als 34.000 Quadratkilometern. Dies entspricht etwa 23 Prozent des Staatsgebietes. Damit rangiert Nepal an zweiter Stelle in ganz Asien und gehört zu den 20 Ländern der Erde, die den höchsten Anteil an Naturschutzgebieten vorweisen können.


Bild: © Naresh Newar/IPS

34.000 Quadratkilometer Land in Nepal stehen unter Naturschutz
Bild: © Naresh Newar/IPS

In nur acht Jahren hat Nepal die geschützten Zonen zwischen 2002 und 2010 um mehr als 6.000 Quadratkilometer vergrößert. Darunter fallen zehn Nationalparks, drei Wildreservate, ein Jagdgebiet, sechs Schutzgebiete und eine insgesamt 5.600 Hektar große 'Pufferzone', die neun Nationalparks umgibt. Diese Naturschutzgebiete sind entscheidend für den Erhalt der 118 einzigartigen Ökosysteme Nepals und von bedrohten Arten wie dem Panzernashorn. Laut der UN-Artenschutzkonvention ist die Zahl dieser Nashornspezies von 354 im Jahr 2006 auf 534 im Jahr 2011 gestiegen.

Sher Singh Thagunna von der Nationalparkbehörde DNPWC erklärt, dass ein Großteil des Erfolgs der engen Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden zu verdanken sei, für die der Artenschutz eine Existenzsicherung bedeute.

Aktivisten wie Mahato unterstützen die Regierung unter anderem bei Maßnahmen gegen Wilderei. Etwa 3.500 Jugendliche aus kleinen Ortschaften sind daran beteiligt, die Jagd auf Tiere in Schutzgebieten zu verhindern. Sie bilden Patrouillen, die Tausende Quadratkilometer Land überwachen.

Die Behörden haben die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung im Laufe der vergangenen zehn Jahre verstärkt. 2006 wagte die Regierung einen neuen Schritt und übertrug die Verwaltung des Schutzgebietes Kanchenjunga im Osten Nepals an ein lokales Komitee aus Anwohnern.

Laut der jüngsten nationalen Artenschutzstudie wurden im Jahr 2012 alle Pufferzonen in 27 Distrikten von etwa 700.000 in Komitees und Gruppen organisierten Anwohnern kollektiv verwaltet. An anderen Initiativen wie der Implementierung eines Gemeinschaftsforstprogrammes waren 2013 etwa 2,2 Millionen Familien beteiligt, die der Studie zufolge rund 1,7 Millionen Hektar Land verwalteten. Diesem Handeln ist zu verdanken, dass die Entwaldung gebremst werden konnte und die lokale Bevölkerung die nachhaltige Nutzung von Waldressourcen unterstützt.


20 Wälder kollektiv verwaltet

Seit 2004 hat die Forstbehörde 20 Wälder auf einer Fläche von insgesamt 56.000 Hektar unter gemeinschaftliche Verwaltung gestellt. Diese Wälder befinden sich in dem Distrikt Terai, der aus Sümpfen und fruchtbarem Grasland an den Ausläufern des Himalajas besteht. Ein auf Pachtverträgen beruhendes Forstprogramm in 39 Distrikten verbindet den Artenschutz mit Armutsbekämpfung. Mehr als 7.400 arme Haushalte werden an der nachhaltigen Verwaltung und der Nutzung der Forstressourcen beteiligt. Zugleich werden mehr als 42.000 Hektar Waldgebiete geschützt.

Entwaldung und Schädigung der Forstgebiete werden von der Regierung mit großer Sorge wahrgenommen. Aus einem 2014 veröffentlichten Länderbericht zur UN-Artenschutzkonvention geht hervor, dass 55 Säugetier- und 149 Vogelarten sowie zahlreiche Pflanzenspezies in ihrem Fortbestand bedroht sind. Angesichts der Tatsache, dass Nepal 3,2 Prozent der gesamten Flora der Welt beherbergt, sind diese Entwicklungen beunruhigend.

Durch die weitere Beteiligung der Bevölkerung an Schutzmaßnahmen hofft die Regierung jedoch diesen Trend umkehren zu können. Zudem sind die Sicherheitskräfte in die Bekämpfung der Wilderei eingebunden, die weltweit für Umsätze von jährlich 213 Milliarden US-Dollar sorgt. Wie ein Vertreter der nepalesischen Nationalparkbehörde stolz hervorhebt, ist in dem Land seit zwei Jahren kein Fall von Wilderei mehr registriert worden. (Ende/IPS/ck/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/04/nepal-a-trailblazer-in-biodiversity-conservation/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. April 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang