GLOBAL 2000 / Friends of the Earth Austria - Presseaussendung, 27.06.2023
Fukushima: 1,3 Milliarden Liter radioaktiv belastetes Kühlwasser sollen in den Pazifik gepumpt werden
GLOBAL 2000: Viel größeres Problem liegt im Keller der AKW-Wracks - geschmolzene Brennstoff-Klumpen
Wien, 27. Juni 2023 - Die japanische Regierung und TEPCO, der Eigentümerkonzern der explodierten Fukushima-Reaktoren, planen, ab Juli 2023 nach und nach 1,3 Milliarden Liter radioaktiv belastetes Wasser in den pazifischen Ozean abzulassen. Nach dem schweren Erdbeben vom 11. März 2011 und dem dadurch ausgelösten Tsunami wurde aufgrund unzureichender Schutzmaßnahmen das AKW Fukushima Daiichi überflutet und zerstört, in Folge explodierten vier Reaktorgebäude, es kam zur Kernschmelze in drei Reaktoren. Zur notdürftigen Kühlung der geschmolzenen Reaktorkerne und Brennelemente wird seither Kühlwasser in die Reaktorruinen gepumpt. Große Mengen [1] des in über tausend Tanks auf dem Gelände des zerstörten Atomkraftwerks gelagerten Wassers sind weit über die gesetzlichen Grenzwerte belastet, nicht nur mit dem Betastrahler Tritium, sondern auch mit Strontium und Cäsium [2] in Konzentrationen bis zu 19.909-fach über den Grenzwerten.
"Das von TEPCO eingesetzte Filtersystem versagt [3] immer wieder, Rückstände in den Tanks und der desaströse Umgang von Betreiberkonzern und Regierung mit den Super-GAUs lassen kein Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Informationen und Pläne zu. Unsere japanische Partnerorganisation Friends of the Earth Japan schlägt sicherere Methoden [4] zum Umgang mit dem radioaktiven Kühlwasser vor wie etwa die Konzentration und Verfestigung, oder die Lagerung in Großtanks."
SAGT REINHARD UHRIG, ANTI-ATOM-EXPERTE VON GLOBAL 2000.
GLOBAL 2000 ruft die österreichische Bundesregierung auf, bei den Vertreter:innen Japans gegen das geplante Vorgehen zu protestieren und über den österreichischen Sitz in der Internationalen Atomenergieagentur IAEA auf Alternativen zum Ablassen des radioaktiven Wassers in den pazifischen Ozean zu drängen.
Auch 12 Jahre nach Beginn der Nuklearkatastrophe ist das eigentliche Problem des AKW Fukushima ungelöst: Über 880 Tonnen geschmolzener Brennelemente mit dem hochradioaktiven und extrem krebserregenden Spaltprodukt Plutonium mit einer Halbwertszeit von 24.000 Jahren liegen in den Reaktor-Ruinen. Noch nie wurden geschmolzene Brennelemente, das so genannte Corium, aus einer so hochradioaktiven Umgebung entfernt. Erfahrungen aus Tschernobyl mit dem tausende Kilo schweren Brennstoff-Klumpen in Form eines 'Elefantenfuß' zeigen, dass Menschen in der Nähe innerhalb von Minuten eine tödliche Strahlendosis erhalten würden. Seit Jahren versucht TEPCO, mit Roboter-Armen zum Corium vorzudringen - und hat zuletzt einige Gramm des hochradioaktiven Brennstoffs [5] bergen können.
"Dass diese enorme Herausforderung nicht der Versager-Firma TEPCO alleine überlassen bleiben kann, ist offensichtlich: TEPCO scheitert bereits bei der Wasser-Filterung und bei der Entdeckung von Lecks [6] in den Tanks, die bis zu zwei Jahre unbemerkt bleiben", sagt Uhrig. Die Anlage ist zwar seit 2011 von größeren Katastrophen wie Erdbeben und Taifunen verschont geblieben, aber erst im Mai 2023 traf wieder ein Erdbeben der Stärke 6,1 die seismisch aktive Küste vor den Reaktor-Ruinen.
"Jetzt ist die internationale Gemeinschaft gefordert, den
Experimenten von TEPCO und der japanischen Regierung ein Ende zu
bereiten und Hilfsgelder sowie Knowhow in die Abwrackung von
Fukushima zu stecken - und Japan beim Umstieg auf sichere und
saubere Erneuerbare Energien zu begleiten, die es auch in Japan
kostengünstig gibt", fordert Uhrig.
[1] https://www.tepco.co.jp/en/decommission/progress/watertreatment/alps01/index-e.html
[2] https://t.co/nniUIzOvUA
[3] https://www.reuters.com/article/us-japan-disaster-nuclear-water-idUSKCN1ML15N
[4] https://www.foejapan.org/en/energy/doc/200424.html
[5] https://www.tepco.co.jp/en/hd/decommission/progress/retrieval/index-e.html
[6] https://www.facebook.com/461895657190529/posts/tokyo-electric-power-company-says-it-has-determined-that-water-containing-radioa/2500213633358711/?locale=ms_MY
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Quelle:
Presseaussendung, 27.06.2023
Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000
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Tel: +43/1/812 57 30, Fax: +43/1/812 57 28
E-Mail: office@global2000.at
Internet: www.global2000.at
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 27. Juni 2023
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