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FRAGEN/030: "Die Kurve nach oben biegen" - Trendwende zum Schutz des Tigers (WWF Magazin)


WWF Magazin, Ausgabe 4/2022
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

"Die Kurve nach oben biegen"

Interview: Markus Radday, WWF


Stuart Chapman, Leiter des internationalen WWF-Tigerprogramms, über die Trendwende zum Schutz des Tigers.

Seit 2019 kümmerst du dich darum, die Tigerzahlen in der Wildnis bis 2022 zu verdoppeln. Wie ist der aktuelle Stand?

Die Verdoppelung ist noch nicht erreicht. Aber: Nach Jahrhunderten des Niedergangs der Tigerbestände haben wir vor etwa fünf Jahren einen historischen Moment erlebt. Die Tigerzahlen in Asien steigen seitdem wieder langsam. Ich nenne diesen Umschwung "die Kurve nach oben biegen". Leider ist der Anstieg nicht in allen Tigergebieten gleichermaßen zu beobachten.

Wo besonders gibt es Erfolge seit dem letzten Jahr des Tigers 2010?

Einige Länder haben in der vergangenen Dekade Vorbildliches für das Überleben der Art geleistet. Nehmen wir ein armes Land wie Nepal als Beispiel. Mit seiner "Null-Wilderei-Toleranz" hat es der kleine Himalajastaat geschafft, die Tigerzahl dort fast zu verdreifachen. Oder China: Tiger bevölkern wieder den Nordosten des Landes und breiten sich dort aus.

Eine funktionierende Koexistenz mit Menschen ist offenbar ganz wesentlich. Wie gelingt sie?

Mensch-Tiger-Konflikte können nur gemindert werden, wenn wir gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung zwei Strategien umsetzen. Zum einen muss die direkte Konfrontation minimiert werden, etwa durch nächtliche Stallhaltung von Nutzvieh. Zum anderen müssen die Menschen an Ort und Stelle partnerschaftlich vom Tigerschutz profitieren, etwa durch Einnahmen aus dem Naturtourismus. Es bleibt aber stets ein Balanceakt, der nur dann gelingt, wenn mehr Vorteile als Nachteile wahrgenommen werden.

In einigen Ländern besteht offenbar nur ein geringes Interesse, den Tigerschutz zu verbessern.

Die Situation der Tiger in Südostasien macht uns Sorgen und hier stehen besonders die Länder Malaysia und Indonesien in der Pflicht. In Malaysia sehe ich aktuell einen politischen Umschwung: Es gibt erfolgreiche lokale Projekte einiger Naturschutzorganisationen und es wurde inzwischen eine spezielle Regierungskommission zum Tigerschutz eingerichtet.

Welche Rolle spielt das internationale WWF-Tigerprogramm im Tigerschutz?

Ohne Natur- und Artenschutz können Tiger heute nicht überleben. Dies erfordert, dass wir uns um sie kümmern und kontinuierlich Ressourcen für ihren Schutz bereitgestellt werden. Das Tigerprogramm des WWF ist dabei Berater, Vermittler und Fundraiser.

Gibt es ein Tigerprojekt des WWF, auf das du besonders stolz bist?

Ja, ein Team des WWF China hat mit dazu beigetragen, dass Tiger wieder den Nordosten Chinas besiedeln und sich dort ausbreiten. Solche positiven Beispiele zeigen: Wenn wir die passenden Bedingungen für den Tiger hinkriegen, können wir das auch für andere Arten schaffen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Stuart Chapman leitet das aktuelle Tigerschutzprogramm des WWF, das von Nepal aus gesteuert wird.

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Quelle:
WWF Magazin 4/2022, Seite 14
Herausgeber:
WWF Deutschland
Reinhardtstraße 18, 10117 Berlin
Tel.: 030/311 777 700
E-Mail: info@wwf.de
Internet: www.wwf.de
 
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erscheint vierteljährlich

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. April 2023

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