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FISCHEREI/047: Laos - Streit um Mekong-Staudammprojekt, Fischer fürchten um ihre Existenz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. August 2012

Laos: Streit um Mekong-Staudammprojekt - Fischer fürchten um Existenz

von Marwaan Macan-Markar

Im Mekong werden immer weniger Fische gefangen - Bild: © Vannaphone Sitthirath/IPS

Im Mekong werden immer weniger Fische gefangen
Bild: © Vannaphone Sitthirath/IPS

Bangkok, 30. August (IPS) - Der Weltnaturschutzbund (IUCN) hat in einem neuen Bericht eindringlich vor dem Bau des Xayaburi-Riesenstaudamms am Mekong in Norden von Laos gewarnt. Das mit Thailand vorangetriebene Projekt werde den Artenreichtum einer ganzen Region zerstören, heißt es in der umfangreichen Studie. Doch gilt es als unwahrscheinlich, dass das Armenland Laos von dem Vorhaben ablassen wird.

Im 'indo-burmesischen Biodiversitäts-Hotspot', der den Mekong und Teile des durch Thailand fließenden Chao Phraya-Flusses einschließt, seien mehr als 1.780 Süßwasser-Fischarten entdeckt worden, geht aus dem Report hervor, der im Vorfeld des IUCN-Weltkongresses vom 6. bis 15. September im südkoreanischen Jeju veröffentlicht worden ist. Zu dem Treffen werden Vertreter von 1.200 staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen aus 160 Staaten erwartet.

Der IUCN mit Sitz in der Schweiz ist die größte und älteste Umweltorganisation der Welt. Er weist in seiner Untersuchung 'The Status and Distribution of Freshwater Biodiversity in Indo-Burma' darauf hin, dass der Mekong die zweit- oder drittgrößte Artenvielfalt an Flussfischen besitzt.

Der Bericht ist Wasser auf die Mühlen der Bewegung der Staudammgegner, zu der sich Aktivisten aus mehreren Ländern zusammengeschlossen haben, die von dem 1.260-Megawatt-Kraftwerk betroffen sind. Die Baukosten wurden mit 3,8 Milliarden US-Dollar veranschlagt.

Erwartet wird, dass der neue Report auf dem IUCN-Kongress in Jeju heftige Debatten über Staudämme wie den Xayaburi auslösen wird. "Die Untersuchung wird uns helfen, die richtigen Fragen zu formulieren, die bei der Erstellung von Umweltverträglichkeitsstudien vor dem Bau von Dämmen beherzigt werden sollten", sagte Robert Mather, Leiter des IUCN-Ostasienbüros.


Gegner ziehen in Thailand vor Gericht

Laos hatte Mitte März mit den Bauarbeiten begonnen, nach anhaltenden nationalen und internationalen Protesten knapp sieben Wochen später jedoch angekündigt, das Projekt auszusetzen, bis ausführliche Untersuchungen über die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Projektes vorlägen.

Doch laut 'Ch. Kamchang Pic' (CK), Thailands größtem Infrastrukturunternehmen und zu 50 Prozent Anteilseigner des umstrittenen Kraftwerksentwicklers 'Xayaburi Power' wurden die Bauarbeiten nicht unterbrochen. "Wir machen weiter", versicherte der CK-Chef Plew Trivisvavet Mitte August. "Schließlich uns hat niemand gesagt, dass wir aufhören sollen."

Anfang August waren thailändische Staudammgegner vor die Verwaltungsgerichte ihres Landes gezogen, um Beschwerde gegen das Energieministerium und die staatliche Elektrizitätsgesellschaft EGAT einzureichen. Den Institutionen wird vorgeworfen, die Öffentlichkeit nicht über die ökologischen und sozialen Folgen des Dammbaus informiert zu haben.

Doch am 24. August erklärte Norkun Sitthipong, ständiger Sekretär im thailändischen Energieministerium, das Xayaburi-Projekt sei auf dem besten Weg und werde ab 2019 Strom erzeugen. "Das Kraftwerk spielt eine wichtige Rolle für die Energieentwicklung in Thailand", sagte er. Das Land tritt als Großinvestor bei dem Bau des Kraftwerks auf, dem weitere zehn am Unterlauf des größten Flusses Südostasiens folgen sollen.

Frühere Studien der zwischenstaatlichen 'Mekong River Commission' (MRC) warnen, dass die geplanten Dämme landwirtschaftliche Verluste von jährlich mehr als 500 Millionen Dollar verursachen könnten. Auch werde den Thais und Laoten 30 Prozent weniger Fisch zum Verzehr zur Verfügung stehen. Der MRC gehören Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam als Mitglieder sowie Myanmar und China als Dialogpartner an.

Schlussendlich ist über den Bau des Xayaburi-Wasserkraftwerks noch nicht entschieden. Im Dezember hatte die MRC angekündigt, gemeinsam mit internationalen Entwicklungspartnern die Auswirkungen des Staudammes zu untersuchen. Aktivisten hoffen, dass das Projekt angesichts des wachsenden Widerstands immer noch aufgehalten werden kann.

"Zum ersten Mal sind lokale Gruppen vor thailändische Gerichte gezogen, um ein grenzüberschreitendes Wasserkraftprojekt zu stoppen", sagte Premrudee Daoroung, Ko-Direktorin der unabhängigen Stiftung 'Towards Ecological Recovery and Regional Alliance' in Bangkok. Die Gegner berufen sich auf eine Klausel in der thailändischen Verfassung, die Regierungsbehörden dazu verpflichtet, bei Projekten wie Xayaburi öffentliche Anhörungen anzusetzen.

Befürchtet wird auch, dass das Megaprojekt den lokalen Fischern die Existenzgrundlage entzieht, gerade weil die Sperranlage die alljährliche Wanderung von Fischen im Mekong hemmt.


Breiter Rückhalt für die 'Save the Mekong'-Kampagne

Auch Graswurzelbewegungen in Kambodscha und Vietnam, die die Kampagne 'Save the Mekong' initiiert haben, schlagen Alarm. Das Xayaburi-Projekt bedroht die Existenz von etwa 60 Millionen Menschen, die am unteren Lauf des Mekong leben. Bisher fangen sie jährlich Fisch im Wert von schätzungsweise 2,2 Milliarden bis 3,9 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Viertel des weltweit in Flüssen und Binnenseen gefangenen Fischs. Der Kampagne haben sich bis jetzt fast 60.000 Menschen angeschlossen.

Die Reaktionen auf die Proteste sind in Laos, einem der ärmsten der sechs Mekong-Anrainerstaaten, jedoch gemischt. Der 4.880 Kilometer lange Strom fließt durch Südchina, streift dann Myanmar und Thailand, bevor er sich seinen Weg durch Laos, Kambodscha und Vietnam bahnt.

Laos hat sich zum Ziel gesetzt, die 'Batterie' der Region zu werden, indem es an seinen Flüssen riesige Wasserkraftwerke baut und den erzeugten Strom an Nachbarländer wie Thailand verkauft. Die Regierung in Vientiane argumentiert, dass die auf diese Weise generierten Deviseneinnahmen einem Drittel der 5,8 Millionen Einwohner zählenden Bevölkerung den Weg aus der Armut weist. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.iucn.org/about/work/programmes/species/our_work/about_freshwater/what_we_do_freshwater/indo_burma/
http://www.mrcmekong.org/
http://www.savethemekong.org/
http://www.envirosecurity.org/actionguide/view.php?r=304&m=organisations
http://www.ipsnews.net/2012/08/study-damns-mekong-dams/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2012