Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-News - 15. Juni 2023
Fischerei: Jahresbericht und die neue Kontrollverordnung Schleppnetzfischerei
In der EU-Fischereipolitik ist einiges passiert. Der jährliche Fortschrittsbericht der EU-Kommission berichtet Düsteres aus der Ostsee, aber auch einige Verbesserungen bei der angestrebten Nachhaltigkeit in anderen EU-Meeren. Die Fischereikontrollverordnung könnte in Kürze final beschlossen werden.
Der jährliche Fortschrittsbericht der EU-Kommission ("Nachhaltige Fischerei in der EU: Sachstand und Leitlinien für 2024")[1] zeigt, dass sich die Nachhaltigkeit der EU-Fischereien insgesamt zwar verbessert hat, es aber weitere Anstrengungen geben muss. Immer noch sind zu viele Fischarten überfischt. Um die Fischbestände und damit die Fischereiwirtschaft widerstandsfähig zu machen, müsse eine "kontinuierliche Verbesserung des Zustands" gewährleistet werden. Im Nordostatlantik, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer gab es laut EU-Kommission Verbesserungen. Als positives Beispiel wird der Golf von Biscaya genannt, "der in der jüngsten Bewertung aus dem Jahr 2021 das erste EU-Meeresgebiet ohne Überfischung der Bestände wurde". Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer sterben weiter zu viele Fische - die 'fischereiliche Sterblichkeit' liege 71 Prozent über der empfohlenen Nachhaltigkeitsrate, außerdem mache der Klimawandel den Beständen zu schaffen. Auch in der Ostsee ist einiges im Argen. Es liege aber nicht nur an der Fischerei, dass die Bestände schrumpfen und weit entfernt von nachhaltigen Erholungspfaden sind, sondern auch an Übernutzung und Verschmutzung. Im Schwarzen Meer hatte die russische Invasion in der Ukraine negative Zusatzauswirkungen: Störungen der Fischereitätigkeiten und der Handelsströme sowie bei der Erstellung wissenschaftlicher Gutachten und bestimmten Verhandlungen auf internationaler Ebene.
Mitgliedstaaten, Beiräte, die Fischwirtschaft, Nichtregierungsorganisationen und interessierte Bürgerinnen und Bürger können bis zum 9. August Kommentare über den Bericht und Fangmöglichkeiten 2024 in einer öffentlichen Online-Konsultation [2] abgeben. Umweltverbände mahnen seit Langem, dass Überfischung, Übernutzung und mangelnder Schutz in Schutzgebieten die Lebensgrundlagen zerstören.
Ende Mai hat es eine informelle Einigung über neue Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik gegeben, die die Überwachung der Fischereitätigkeiten und die Rückverfolgbarkeit von Fischereierzeugnissen betreffen. Unterhändler*innen des Parlaments und des Rates legten im Trilog mit der EU-Kommission fest, dass es zukünftig eine vollständige Rückverfolgbarkeit in der gesamten Lieferkette geben muss und dass dafür der Einsatz von Bordkameras und Videoüberwachung auf großen Schiffen über 18 Meter Länge und Rückverfolgung für alle vorgeschrieben wird - für die kleineren ab 2029. Satellitengestützte Schiffsüberwachungssysteme (VMS) und elektronische Aufzeichnung der Fänge sollen sicherstellen, dass die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) eingehalten werden. Bei der Anlandeverpflichtung der gefangenen Fische soll es eine 10- prozentige Toleranzmarge für Fänge im Allgemeinen und 20 Prozent für kleine Fischereibetriebe geben. Auf See wird geschätzt, im Hafen gewogen.
Mit der Einigung werden rund 70 Prozent der geltenden Vorschriften für die Kontrolle von Fischereifahrzeugen aktualisiert, um die Fischerei in der EU nachhaltiger zu gestalten, meldet der Rat. Außerdem wird ein neues digitales System ('CATCH') eingeführt, um Erzeugnisse aus ungemeldeter und unregulierter Fischerei (IUU-Fischerei) besser aufspüren zu können.
Dem vereinbarten Text zufolge werden Informationen über frischen
und gefrorenen Fisch vollständig zugänglich sein, auch digital,
um die Lebensmittelsicherheit und die Interessen der
Verbraucher*innen zu schützen. Dieses System der digitalisierten
Rückverfolgbarkeit soll in fünf Jahren auch auf verarbeiteten
Fisch ausgedehnt werden. Die informelle Einigung bedarf noch der
formalen Abstimmung: Erst im Fischereiausschuss, dann im Plenum
des Parlaments, außerdem muss der EU-Ministerrat ebenfalls
offiziell zustimmen. Die neuen Vorschriften sollen zwei bis vier
Jahre nach ihrer Annahme gelten, so dass den Mitgliedstaaten viel
Zeit für die Umsetzung bleibt. [jg]
Komission: Fortschritte bei der Erholung der Fischbestände, aber
weitere Anstrengungen sind erforderlich
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_3283
EU-Parlament: Fisheries: deal reached on new rules to improve
compliance and traceability
https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230526IPR92701/fisheries-deal-reached-on-new-rules-to-improve-compliance-and-traceability
Rat: Einigung über neue Vorschriften zur Bekämpfung der
Überfischung erzielt
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/05/31/council-strikes-deal-on-new-rules-to-combat-overfishing
Links:
[1] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/sustainable-fishing-eu-state-play-and-orientations-2024_en
[2] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13871-Sustainable-fishing-in-the-EU-state-of-play-and-orientations-for-2024_en
*
Quelle:
EU-News, 15.06.2023
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur-, Tier-
und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
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Tel.: 030/6781775-70, Fax: 030/6781775-80
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Internet: www.dnr.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 16. Juni 2023
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