Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
e.V.
EU-News - 20. Oktober 2023
EU-Parlament stimmt für Fischereikontrollverordnung
Nach formeller Annahme im EU-Parlament und fünf Jahre dauernden Verhandlungen kann die neue EU-Fischereikontrollverordnung am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Umweltverbände sind erleichtert, fordern aber Augenmerk bei den Details.
"Die EU-Fischerei ist im digitalen Zeitalter angekommen", freuten sich Meeresschutzorganisationen wie der WWF, Oceana und Sciaena. Kameras auf Schiffen, die aufgrund früherer Verstöße als besonders gefährdet eingestuft werden, elektronische Logbücher, Satellitenortung für die gesamte EU-Fischereiflotte bis 2030 - einschließlich der rund 50.000 kleinen Fischereifahrzeuge - sind nur einige der neuen Maßnahmen, die die EU-Fischereipraktiken und die EU-Standards für die auf dem EU-Markt verkauften Meeresfrüchte in eine weitaus nachhaltigere Realität überführen werden. Hinzu komme ein digitales Informationsaustauschsystem, damit illegale Einfuhren gestoppt werden können, ein Mindestbetrag für Geldbußen zur Harmonisierung der Sanktionen in der gesamten EU und eine verbesserte Datenerfassung für die Freizeitfischerei. Besonders wichtig sei die Umstellung von einem papiergestützten System, bei dem jährlich mehr als 250.000 Fangdokumente für Fischereierzeugnisse an den EU-Grenzen ankamen, auf ein digitales System, bei dem Informationen und Warnmeldungen viel schneller und EU-weit ausgetauscht werden können. Auch zusätzliche Informationen wie die eindeutige Identifikationsnummer eines Schiffes müssten nun zwingend angegeben werden
In den kommenden Monaten und Jahren müssten jedoch noch viele wichtige Details von der Europäischen Kommission ausgearbeitet und von allen Mitgliedstaaten angenommen werden, mahnten die Organisationen. Dabei gehe es zum Beispiel um die Einrichtung eines Rückverfolgbarkeitssystems für verarbeitete Meeresfrüchte und die technischen Besonderheiten künftiger IT-Tools. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung [1] habe die dramatischen ökologischen und menschlichen Kosten für bestimmte Meeresfrüchte aufgezeigt. Um dies zu verhindern, sei eine vollständige Transparenz und eine solide Rückverfolgbarkeit aller Meeresfrüchte in der gesamten Lieferkette unerlässlich - ein Aspekt, den die neue Verordnung direkt unterstütze.
Vera Coelho, stellvertretende Vizepräsidentin von Oceana in Europa,
sagte: "Vom größten pelagischen Trawler bis hin zum kleinsten
handwerklichen Fischereifahrzeug wird jedes Fischereifahrzeug in
Echtzeit verfolgbar sein." Dies trage dazu bei, Kenntnisse über die
Fangtätigkeiten zu verbessern und Gebiete zu schützen, in denen der
Fischfang verboten ist. Darüber hinaus biete die Überwachung auch den
Fischern selbst greifbare Vorteile wie eine höhere Sicherheit auf See.
[jg]
Anfang Texteinschub
EU-Meerespolitik kurz & knapp
Evaluation der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie: Die EU-Kommission hat
die Bewertung der MS-RL in ihrem Arbeitsprogramm 2024 [2] (S. 12,
Punkt 5) aufgeführt - allerdings ohne konkreten Zeitraum. Die
Evaluation diene zur Analyse der Errungenschaften und
Unzulänglichkeiten, die Wirksamkeit der Meeresstrategien,
einschließlich der Überwachungs-, Bewertungs- und
Berichterstattungspflichten. Sie werde Möglichkeiten zur Vereinfachung
und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands ausloten sowie die
Relevanz des Rahmens im Zusammenhang mit dem europäischen Green Deal
bewerten.
Ostsee-Fangquoten: Seas At Risk fordert den Fischereirat auf, in
seiner Tagung am 23. Oktober die Befischung stark dezimierter Bestände
in der Ostsee auszusetzen. Die Organisation befürchtet, dass die
Fischereigrenzen für die Ostsee 2024 wahrscheinlich gegen EU-Recht
verstoßen und den desolaten Zustand der Ostsee verschlimmern.
Überfischung & Klimawandel: Ein wissenschaftlicher Leitartikel "Wie
die Überfischung die Widerstandsfähigkeit der Meeresressourcen unter
dem Klimawandel beeinträchtigt" (Original engl.) zeigt, dass die
Beendigung der Überfischung auch eine Klimaschutzmaßnahme ist. Seas At
Risk nennt die Schlussfolgerungen einen "Weckruf"[3].
Ende Texteinschub
WWF et al.: European Parliament votes to bring EU fisheries into the
digital era
https://www.dnr.de/www.wwf.eu?12018441/European-Parliament-votes-to-bring-EU-fisheries-into-the-digital-era
Links:
[1] https://www.newyorker.com/magazine/2023/10/16/the-crimes-behind-the-seafood-you-eat
[2] https://commission.europa.eu/system/files/2023-10/COM_2023_638_1_annexes_EN.pdf
[3] https://seas-at-risk.org/general-news/ending-overfishing-to-counter-climate-change/
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Quelle:
EU-News, 20.10.2023
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und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 24. Oktober 2023
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