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GLOBAL/125: Effizientere SDG-Fortschrittsindikatoren im Kampf gegen Umweltgifte gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. März 2015

Gesundheit: Effizientere SDG-Fortschrittsindikatoren im Kampf gegen Umweltgifte gefordert

von Stephen Leahy



Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Der Fluss Quibú, der durch das kubanische Hauptstadtviertel El Náutico verläuft, wird als Müllhalde missbraucht
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Uxbridge, Kanada, 27. März (IPS) - Die Umweltverschmutzung wird sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren zum größten Gesundheitsproblem auswachsen, sollte der Verseuchung nicht Einhalt geboten werden beziehungsweise die Wiederherstellung von Luft, Böden und Gewässer ausbleiben.

Schon jetzt sterben jährlich neun Millionen Menschen an den Folgen der Umweltverschmutzung - das sind mehr Menschen, als von Malaria und HIV/Aids zusammengenommen hinweggerafft werden. Hinzu kommen 200 Millionen Erdenbürger, die jährlich infolge der Verseuchung erkranken.

Entwicklung und Umweltverschmutzung gehen meist Hand in Hand, wie sich in China und Indien zeigt. Die Nachhaltigkeitsziele (SDGs), die ab 2016 an die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) anschließen werden, könnten maßgeblich dazu beitragen, die Kontaminierung der Umwelt einzudämmen und der Welt zu einer sauberen und grünen Entwicklung zu verhelfen.

Die 17 SDGs beinhalten Vorschläge, wie sich Armut, Hunger und Ungleichheit bekämpfen lassen und den Menschen weltweit zu einem gesunden Leben, zu qualitativ hoher Bildung und Gleichberechtigung der Geschlechter verholfen werden kann. Auch unterbreiten sie Empfehlungen für einen nachhaltigeren Umgang mit Wasser, eine universelle Sanitärversorgung, eine produktive Beschäftigung und Industrialisierung sowie den Schutz der terrestrischen Ökosysteme.

Die meisten dieser Zielsetzungen sind bereits Bestandteil der acht Millenniumsziele (MDGs). Auch wenn sich einige MDGs bis Ablauf der 15-jährigen Frist 2015 nicht erreichen lassen, kommt ihnen das Verdient zu, ein Bewusstsein für die Bedeutung wirksamer Indikatoren geschaffen zu haben, um die Fortschritte der internationalen Entwicklungsbemühungen zu messen.


"Die SDGs dürfen die globalen Auswirkungen toxischer Chemikalien nicht ignorieren"

"Es bedarf neuer und sauberer Ansätze einer alternativen Wirtschaftsentwicklung, wollen wir Gesundheit für alle erreichen", meint Fernando Lugris, Botschafter und Staatssekretär für politische Fragen im uruguayischen Außenministerium. "Die SDGs dürfen die globalen Auswirkungen toxischer Chemikalien nicht ignorieren."

Mindestens 143.000 von Menschen gemachte Chemikalien sind registriert. Die wenigsten von ihnen wurden auf ihre Folgen für die menschliche Gesundheit hin untersucht. Hinzu kommt, dass die Welt mehr als 400.000 Tonnen Giftmüll im Jahr produziert, wie Julian Cribb in dem Bericht 'Poisoned Planet: How Constant Exposure to Man-Made Chemicals is Putting Your Life at Risk' schreibt.

Neuschnee auf der Spitze des Mount Everest sei zu verschmutzt, um als Trinkwasser genutzt zu werden, so Cribb. "Und eine Studie hat bei Neugeborenen 212 unterschiedliche Chemikalien festgestellt."

SDG 3 soll allen Menschen zu einem gesunden Leben und Wohlbefinden verhelfen und die Zahl der Todesfälle, die auf giftige Chemikalien und auf die Verseuchung von Luft, Wasser und Böden zurückzuführen sind, bis 2030 substanziell senken.

"Das Ziel ist super, doch haben wir Probleme mit dem bisherigen Indikator", meint dazu Richard Fuller von 'Pure Earth'. Die Nichtregierungsorganisation, die vorher unter dem Namen 'Blacksmith Institute' bekannt war, hilft Entwicklungsländern bei der Dekontaminierung verseuchter Stätten. Pure Earth ist zudem Mitglied der Globalen Allianz für Gesundheit und gegen Umweltverschmutzung (GAHP).

Fuller zufolge kommt es auf die richtigen Indikatoren an, um festzustellen, ob sich bei der Umsetzung des Ziels messbare Fortschritte einstellen. Bisher gebe es nur einen einzigen Indikator, der sich auf die Verschmutzung der Städte beschränke. "Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir keine Indikatoren, die sich auf die Verseuchung von Gewässern und Böden sowie der Luft in geschlossenen Räumen anwenden ließen", erläutert er.

Doch noch ist ausreichend Zeit, um nachzubessern. Die UN-Vollversammlung wird die SDGs frühestens auf ihrer Sitzung vom 25. bis 27. September beschließen. Der UN-Statistikausschuss, der die Indikatoren für alle 17 SDGs und 169 Zielvorgaben festlegt, hat indes erklärt, frühestens Ende März 2016 soweit zu sein.


Auf die richtigen Indikatoren kommt es an

Die GAHP, das UN-Umweltprogramm UNEP sowie Deutschland, Schweden und Uruguay haben ein umfassenderes Set von Indikatoren vorgeschlagen, die sich an den Todesfällen und Behinderungen nach dem Vorbild der Globalen Krankheitslast-Methode orientieren.

Obwohl die verheerenden Auswirkungen der Verseuchung auf die menschliche Gesundheit bekannt sind, ist es schwierig, sie zu quantifizieren. Die Weltgesundheitsorganisation und das 'Institute for Health Metrics and Evaluation' (IHME) im US-amerikanischen Seattle haben die DALY-Methode entwickelt, um die Sterblichkeit oder Beeinträchtigung des normalen, beschwerdefreien Lebens durch Krankheit oder Umweltverschmutzung zu erfassen. DALY ist die Abkürzung für 'disability-adjusted life years' - zu deutsch: 'behinderungsbereinigtes Lebensjahr'.

"Das ist ein weitgehend akzeptiertes Bewertungsinstrument, auch wenn es weiterentwickelt werden müsste, um die Auswirkungen der Bodenverseuchung zu erfassen", meint Fuller und fügt hinzu: "Auch wenn die Umweltverschmutzung uns alle betrifft, ist das Bewusstsein für die Folgen gering. Das ist der richtige Augenblick, um das Thema ins Rampenlicht zu rücken." (Ende/IPS/kb/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/03/pollution-a-key-but-underrated-factor-in-new-development-goals/

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IPS-Tagesdienst vom 27. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2015

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