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JUGEND/004: Südafrika - Dorfschule geht grüne Wege, Kinder lernen von Modellprojekt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2012

Südafrika: Dorfschule geht grüne Wege - Kinder lernen von Modellprojekt

von Lee Middleton

Hausmeister der Three Crowns-Schule vor der Biogas-Anlage - Bild: © David Oldfield/IPS

Hausmeister der Three Crowns-Schule vor der Biogas-Anlage
Bild: © David Oldfield/IPS

Kapstadt, 14. März (IPS) - Eine Dorfschule in Lady Frere in der südafrikanischen Ostkapprovinz ist zur Vorreiterin für den Umweltschutz geworden. So produziert sie aus Exkrementen, Küchen- und Agrarabfällen Methangas zum Kochen sowie Dünger. Die 'Three Crowns Rural School' bereitet zudem das Wasser wieder auf.

Eine integrierte Biogas-Anlage weist Schülern, Anwohnern und Ingenieuren aus dem ganzen Land neue Wege im Umgang mit Wasser, Abfällen und Energie. Nach Erkenntnissen des afrikanischen Rats für wissenschaftliche und industrielle Forschung (CSIR) werden die Süßwasserreserven Südafrikas spätestens 2030 vollständig erschöpft sein, wenn alles so weitergeht wie bisher. "Die Probleme werden sich durch eine häufiger auftretende Wasserverschmutzung und steigende Kosten für Wasserklärung noch verschlimmern", prognostiziert der Autor des CSIR-Jahresberichts 2010, Peter Ashton.

Mehr als 40 Prozent der Staudämme in Südafrika sind bereits von Eutrophierung betroffen. Das bedeutet, dass Gewässer mit Pflanzennährstoffen aus der Landwirtschaft angereichert sind, die das Entstehen schädlicher Algenblüten begünstigen. Gefahr geht auch von den säurehaltigen Rückständen der Bergbauindustrie aus, die die Trinkwasserreserven zu vergiften drohen.


Kanalisation marode

Wie aus einem Bericht der Behörde für Gewässerverwaltung für 2010/11 hervorgeht, sind 56 Prozent der insgesamt 821 Kanalisationssysteme im Land entweder in einem "kritischen Zustand" oder erbringen "eine sehr schlechte Leistung". Das aride Südafrika müsse wirtschaftliche Möglichkeiten für ein effizientes Recycling seiner knappen Wasserressourcen entwickeln, fordert der Report.

Hier setzt das von der Südafrikanischen Entwicklungsbank finanzierte Umweltmanagementsystem-Programm im Distrikt Chris Hani mit einem zweijährigen Pilotprojekt an der Three Crowns Rural School an. Organische Abfälle aus Küche, Garten und Toiletten werden in eine anaerobe Biogas-Anlage eingeleitet, in der mikrobielle Abläufe die Abfälle zersetzen und dadurch Methangas erzeugen.

Die Gärreste fließen in mehrere Becken, wo sich die verbliebenen Schadstoffe mit Sauerstoff verbinden und in einen nährstoffreichen Algenschlamm verwandeln, der einen hervorragenden Dünger abgibt. Das Wasser fließt von einem Becken ins nächste weiter, wo Buntbarsche sich von den restlichen organischen Stoffen ernähren können. Das Ökosystem des Fischbeckens produziert einen weiteren Algendünger, und das Wasser kann für die Bewässerung verwendet werden.

Im Rahmen des Projekts ist ein beeindruckendes Labor entstanden, das Schülern Einsichten in Abläufe der Dekomposition, aerober und anaerober Prozesse und Nachhaltigkeit verschafft. "Für die Kinder ist es inzwischen nichts Ungewöhnliches, über Biogas-Anlagen, Bakterien, Algenbecken und Sterilisierung zu sprechen. Hoffentlich werden sie nach der Schule diese Art des Denkens weitergeben", sagt Mark Wells von dem Biotech-Konsortium 'People's Power Africa' (PPA), das das System in der Schule überwacht.

Das Projekt zeige den Kindern alternative Möglichkeiten im Umgang mit Energie, Abfall und Klimawandel auf, meint François Nel, Leiter der Umweltbehörde im Chris Hani-Distrikt. "Sie fühlen sich außerdem für die Umwelt und deren Schutz verantwortlich."

Nicht nur die Jüngsten profitieren von den neuen Erkenntnissen. "Wir haben viel darüber gelernt, die Dinge im Einklang mit der Natur zu nutzen", sagte Zothe, der Hausmeister der Schule. "Inzwischen haben wir außer der Biogas-Anlage auch einen Solarkocher und Windenergie. Dies alles spart Geld und Müll."


Andere Schulen und Gemeinden wollen Beispiel folgen

Nach dem erfolgreichen Start des Systems in der Three Crowns Rural School wollen vier weitere Schulen eine ähnliche Anlage bei sich installieren. Zwei Orte in der Nähe planen außerdem die Biogas-Anlage in größerem Umfang einzusetzen. Die Innovation hat bereits mehrere Preise gewonnen, unter anderem den von den Niederlanden gestifteten 'Moolah for Amanzi Award', zwei 'Eskom ETA Awards' und eine Auszeichnung der Ostkapprovinz für herausragende und wegweisende Projekte.

In der nahegelegenen Gemeinde Buffalo City muss PPA bei der Stadtverwaltung erst noch Überzeugungsarbeit leisten. Das 'eMonti Green Hub' soll aus kommunalen Abwässern, Klärschlamm und festen Abfällen ebenfalls Dünger, Methangas und wiederaufbereitetes Wasser produzieren. Zurzeit werden täglich zehn Millionen Liter in die Anlage geleitet. Laut der Machbarkeitsstudie von PPA kann die Anlage 300 Kilogramm Biogas pro Stunde erzeugen. Die südafrikanische Niederlassung von Mercedes Benz hat bereits Interesse am Ankauf von Bio-Methangas signalisiert.

Sollte die Anlage täglich acht Millionen Liter Industrieabwässer, eine ebenso große Menge häuslicher Abwässer, zwei Millionen Liter Klärschlamm, 48 Tonnen Lebensmittelreste, 16 Tonnen Schlachthausabfälle und 82 Tonnen Gartenabfälle verarbeiten, ließen sich jährlich 5,8 Milliarden Liter wiederaufbereitetes Wasser, 2.300 Tonnen Bio-Methangas und 10.000 Tonnen Bio-Dünger generieren. Zugleich müssten 30.000 Tonnen Müll nicht mehr in Deponien gebracht werden. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.csir.co.za/
http://www.dbsa.org/%28S%28khsaegzaqv4u3nr5s0jhuaub%29%29/Pages/default.aspx
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106927

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2012