Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → INTERNATIONALES


KLIMA/386: Pazifik - Inselstaaten pochen auf umfangreiche Klimafinanzierungszusagen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. März 2015

Pazifik: Inselstaaten pochen auf umfangreiche Klimafinanzierungszusagen

von Catherine Wilson



Bild: © Catherine Wilson/IPS

Naturkatastrophen und Klimawandel machen den Küstenbewohnern auf den pazifischen Inselstaaten das Leben schwer
Bild: © Catherine Wilson/IPS

25. März (IPS) - Unter dem Eindruck der Verwüstungen durch den Zyklon 'Pam' insbesondere auf Vanuatu haben die Regierungen der pazifischen Inselstaaten ihren Forderungen nach einer soliden Klimafinanzierung neuen Nachdruck verliehen.

In einem jüngsten Statement erklärte der Präsident der Marshall-Inseln, Christopher Loeak: "Die weltbesten Wissenschaftler und das, was sich vor unseren Augen Tag für Tag abspielt, haben uns klar gemacht, dass wir uns ohne das rasche und umfassende Handeln der großen Klimasünder im Sinne von Resilienz in eine Welt mit ständigen Klimakatastrophen hineinmanövrieren."

Fortschritte, was die Klimafinanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft angehe, könnten sich positiv auf die Ergebnisse der Pariser Klimakonferenz im Dezember auswirken, versicherten die Regierungsvertreter.

"Es ist ermutigend, dass viele Staaten inklusive einiger besonders großzügiger Entwicklungsländer ihr Versprechen, in den Grünen Fonds einzuzahlen, wahrmachen. Allerdings wäre es gut zu wissen, wie es die Staaten bewerkstelligen wollen, ihre Klimafinanzierung in den kommenden Jahren so aufzustocken, dass das Versprechen von Kopenhagen, dem Fonds spätestens ab 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, gehalten werden kann", betonte Tony de Brum, Außenminister der Marshall-Inseln im IPS-Gespräch. "Ohne diese Zusicherung wird sich ein Erfolg in Paris nur schwerlich einstellen."


Herbe Verluste

Die pazifischen Inselstaaten sind Heimat von zehn Millionen Menschen, die sich auf 22 Inselstaaten und -territorien verteilen. 35 Prozent von ihnen leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Auswirkungen des Klimawandels könnten sie bis zum Ende dieses Jahrhunderts 12,7 Prozent ihres jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kosten, wie die Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) hochgerechnet hat.

Obwohl die Pazifikinseln gerade einmal 0,03 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen zu verantworten haben, sind sie die ersten, die die furchtbaren Auswirkungen der globalen Erwärmung ertragen müssen. Die reichen Staaten sind schnell dabei, diese Ungerechtigkeit lautstark zu bestätigen, doch wenn es um die Umsetzung konkreter Maßnahmen geht, um den Anstieg der globalen Temperaturen auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, reagieren sie mit Zurückhaltung.

Die Marshall-Inseln mit ihren 34 kleinen Inseln und Atollen sind die Heimat von mehr als 52.000 Menschen. Hier bedrohen der Anstieg des Meeresspiegels und Naturkatastrophen die vor allem in den tiefliegenden Küstengebieten lebenden Gemeinschaften in ihrer Existenz.

"Die Klimakatastrophen im letzten Jahr haben mehr als fünf Prozent unseres nationalen BIP verschlungen, und dieser Prozentsatz steigt. Wir arbeiten an der Entwicklung wirksamer Anpassungsprogramme, doch die Katastrophen werfen uns immer wieder zurück", erläuterte der Außenminister der Marshall-Inseln.

2013 hatte der Inselstaat eine schwere Dürre erlebt. Im letzten Jahr kam es dann zu massiven Gezeitenwellen, die zu Überschwemmungen der Küstendörfer führten und hunderte Menschen obdachlos machten.

"Wie andere kleine fragile Länder haben wir Schwierigkeiten, an die Hilfsmittel großer multilateraler Fonds heranzukommen. Der grüne Klimafonds sollte die Fehler der Vergangenheit vermeiden und vor allem diejenigen Projekte fördern, die sich positiv auf das Leben der Lokalbevölkerung auswirken", fügte de Brum hinzu.

Die Prioritäten der Marshall-Inseln liegen in der Wiederherstellung der erodierten Küstengebiete, im Bau klimaresistenter Infrastrukturen und im Schutz der Frischwasservorräte.


Australien kürzt bilaterale Hilfe

Auch die bilaterale Hilfe ist von entscheidender Bedeutung. Das gilt gerade für die SIDS, die kleinen Inselentwicklungsstaaten, die 2010/11 von den OECD-Staaten insgesamt 8,8 Milliarden Dollar und somit die höchsten Pro-Kopf-Klimaanpassungshilfen erhielten.

60 Prozent der OECD-Hilfe für die Pazifikinseln stammt aus Australien. Weitere, kleinere Beträge kommen aus Neuseeland, Frankreich, den USA und Japan. Doch im Dezember kündigte die australische Regierung weitreichende Kürzungen an. So sollen in den nächsten vier Jahren 3,7 Milliarden Dollar eingespart werden - mit verheerenden Folgen für die Klimafinanzierung in der Region.

Die pazifischen Inselstaaten sind dringend auf Gelder für die Erstellung lokaler Klimaexpertisen angewiesen. Auch der Aufbau institutioneller Kapazitäten sei wichtig, um das Überleben und die Autonomie der jeweiligen Länder zu sichern, sagten Insulaner. "Wir brauchen keine Experten- und Machbarkeitsstudien mehr, sondern lokale Kapazitäten, um mit dem Klimawandel fertigzuwerden", unterstrich de Brum.

In dem zentralpazifischen Inselstaat Kiribati hat ein Sprecher des Außenministeriums ebenfalls auf das Problem der "begrenzten Kapazitäten" hingewiesen. Es lasse sich mit Fachkräften aus anderen Ländern, die kämen und gingen, ohne die Menschen vor Ort zu schulen, nicht nachhaltig lösen.

Kiribati besteht aus 33 tief liegenden Atollen, auf denen insgesamt 108.000 Menschen leben. Bis zum Jahr 2090 muss sich das Archipel auf einen Meeresanstieg von 0,6 Metern und einen Anstieg der Lufttemperaturen von 2,9 Grad Celsius gefasst machen, so das Pazifische Programm für Klimawissenschaften.


Begrenzte Ausweichmöglichkeiten

Jedes Jahr erlebt Kiribati einen neuerlichen Anstieg der Gezeitenwellen. Gegen die Küstenerosion ist der Inselstaat mit einer Bevölkerungsdichte von mancherorts 15.000 Menschen pro Quadratkilometer weitgehend machtlos. Das Eiland Tarawa, auf dem auch die Hauptstadt liegt, ist im Durchschnitt 450 Meter breit. Dort gibt es für die Menschen keine Möglichkeit, sich in ein sicheres Inland zurückzuziehen.

Solange Lebensräume bedroht sind, gilt es einen Teil der Klimafinanzierung für die Bedürfnisse von Klimaflüchtlingen zu verwenden, so das Außenministerium. "Klimabedingte Umsiedlungen und Migration werden sich in Kiribati nicht vermeiden lassen. Wir haben mit der Planung bereits begonnen."

Im Vorfeld der Klimagespräche in Paris haben die Behörden der Marshall- Inseln mitgeteilt, dass der Klimawandel eine Zusammenarbeit erforderlich mache, die das Überleben aller Menschen ermögliche. "Eine unzureichende Klimafinanzierung wird eine unzureichende Reaktion auf den Klimawandel mit sich bringen." (Ende/IPS/kb/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/03/pacific-islanders-say-climate-finance-essential-for-paris-agreement/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 25. März 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang